Lebensraum für seltene Arten
14.11.2023 Arni, KelleramtDas Flachmoor Fronwaldwiese ob Arni beeindruckt mit seinem Orchideenreichtum
Hier ein aufgewertetes Flachmoor von nationaler Bedeutung, dort ein neu angelegtes Klein-Biotop – der Gemeinderat Arni lud mit dem Kanton und dem Forstbetrieb zur Begehung zweier Bijoux im ...
Das Flachmoor Fronwaldwiese ob Arni beeindruckt mit seinem Orchideenreichtum
Hier ein aufgewertetes Flachmoor von nationaler Bedeutung, dort ein neu angelegtes Klein-Biotop – der Gemeinderat Arni lud mit dem Kanton und dem Forstbetrieb zur Begehung zweier Bijoux im Wald.
Thomas Stöckli
«Betreten verboten», heisst es an der Fronwaldwiese in Arni. Das rund drei Hektar grosse Flachmoor ist von nationaler Bedeutung. «So eine Orchideendichte wie auf dieser Wiese habe ich noch nie erlebt», betont Christian Müller, Leiter des kantonalen Werkhofs Landschaft und Gewässer in Rottenschwil, welches im Departement Bau, Verkehr und Umwelt angesiedelt ist. Gemeint ist insbesondere das Kleine Knabenkraut (Orchis morio), dessen violette Blüte im Frühling richtiggehend heraussticht.
Fast noch aussergewöhnlicher ist allerdings das Vorkommen der Prachtnelke: «Die findet sich sonst fast nur noch im alpinen Raum», so Müller. Weiter zählte er die Kriechweide und die Natterzunge, eine Farnart, auf. Botanisch besonders wertvoll macht die Moorwiese, dass sie ringsum von Wald umgeben und dadurch auch von Nährstoff-Einträgen geschützt ist.
Den Zustand bewahren
Im Sinne einer möglichst grossen Artenvielfalt hat die Wiese nun für 44 000 Franken eine überarbeitende Pflege erhalten. Dazu gehörten eine Auslichtung, wobei verschiedene Bäume und Sträucher entfernt wurden, das Ausbaggern von Tümpeln, die es erlauben, den Feuchtigkeitshaushalt zu regulieren, aber auch die Schaffung von Unterhaltszugängen. «Durch die Klimaveränderung haben wir längere Trockenphasen», erklärt Fredi Hintermann, Mitarbeiter Unterhalt beim kantonalen Werkhof in Rottenschwil. Das heisse nicht, dass weniger Wasser komme, aber wenn es komme, dann massiert, führt Christian Müller aus. So müsse man lernen, sowohl mit monatelanger Trockenheit als auch mit mehrwöchigem Starkregen umzugehen. Dagegen sei ein Moorkörper auf dauerhafte Wasserversorgung angewiesen, so Hintermann. Oberste Priorität habe in der Umgestaltung deshalb der Wasserrückhalt genossen. Wichtig sei aber genauso, in sehr nassen Perioden einen Ablass zu ermöglichen, was verbaute Rohre gewährleisten.
«Wenn man mit Baumaschinen im Naturschutzgebiet auffährt, wirft das schon Fragen auf», zeigt Hintermann Verständnis für das Interesse der Bevölkerung an den jüngsten Unterhaltsarbeiten im September. «Natur entwickelt sich», erklärt er: «Wenn Sie zu Hause ein Biotop haben und nichts tun, dann wächst das zu.» Mit den getroffenen Massnahmen wolle man entsprechend den Zustand der Fronwaldwiese bewahren und damit den wertvollen Lebensraum erhalten. Die offenen Wasserflächen locken zudem wieder neue Arten an: «Wir hatten bereits erste ‹Rückenschwimmer› und eine Gelbbauchunke. Das ist ein Erfolgserlebnis.» Als weitere zukünftige Bewohner werden Grasfrosch und Erdkröte erwartet.
Preiswerte Naherholung
Mit wenig Aufwand der Natur Platz einräumen und der Bevölkerung ein Naherholungserlebnis schaffen. Das ist dem Forstbetrieb Kelleramt ein Anliegen. «In den letzten 20 Jahren haben wir so bereits acht Biotope erbaut», sagt Urs Huber, Förster und Betriebsleiter. Im Rahmen der Begehung führte er zum jüngsten dieser Biotope, vor zwei Jahren angelegt und dieses Jahr durch einen neuen Kiesweg erschlossen, welchen die Ortsbürger gesponsert haben. Das Wasservorkommen unter der Oberfläche habe er an der Vegetation erkannt, blickt Huber zurück auf die Idee. Entsprechend erübrigten sich teure Sondierungen und Bodenproben. Die Arbeiten beschränkten sich aufs Auslichten und Graben. Die Kosten für den Kanton konnten so unter 5000 Franken gehalten werden. Huber sprach in diesem Zusammenhang von einem «Gratisbiotop».
Mit dem gemeinsamen Anlass haben Gemeinde, Kanton und Forstbetrieb unterstrichen, dass es ihnen ein gemeinsames Anliegen ist, Naturschutz und Naherholung unter einen Hut bringen. Ein wichtiger Schlüssel dazu ist die Lenkung – in diesem Fall weg vom Flachmoor, hin zum neuen Biotop. Wobei Letzteres sich durchaus auch zum wertvollen Lebensraum entwickeln kann. Etwa für den Bergmolch. Dieser könne bis zu 30 Jahre alt werden und bei Bedarf ganze Körperteile nachwachsen lassen, wie Urs Huber fasziniert ausführte.
Andere potenzielle Bewohner könnten der Feuersalamander sein, der – wenn er gereizt wird – sein Gift bis zu einen Meter weit verspritzen kann. Oder verschiedene Libellenarten. Sie erreichen im Flug bis zu 50 km/h, haben aber nur sechs bis acht Wochen Lebenserwartung. Was sie definitiv nicht können, sei stechen, stellt Huber klar: «Das ist ein Ammenmärchen.»
Rund 40 Interessierte hatte Gemeinderat Kurt Süess um 10 Uhr beim Schützenhaus Arni zur Exkursion begrüssen dürfen. Anderthalb Stunden später wurde ihnen im Wald ein Freiluftapéro offeriert. Anstelle des kühlen Biers hätten sich zum schmackhaften Speckzopf wohl manche eher einen wärmenden Tee gewünscht.