In den Rillen des Vaters
27.10.2023 Sport, Weitere SportartenWie der Vater, fährt der Sohn
Nils Reich wechselt in den Eiskanal
Als der Freiämter Christian Reich 2002 an den Olympischen Spielen die Silbermedaille gewann, war Nils Reich noch gar nicht auf der Welt. «Aber ich weiss sehr gut, was mein ...
Wie der Vater, fährt der Sohn
Nils Reich wechselt in den Eiskanal
Als der Freiämter Christian Reich 2002 an den Olympischen Spielen die Silbermedaille gewann, war Nils Reich noch gar nicht auf der Welt. «Aber ich weiss sehr gut, was mein Vater alles geschafft hat», sagt der Junior. Nils Reich (Jahrgang 2004) peilte eine Karriere als Fussballtorwart an, durchlief beim FC Wohlen alle Nachwuchsstufen und galt als Talent. «Ich setzte auf den Fussball. 2021 bin ich erstmals in einen Bob gestiegen – und war begeistert.» Jetzt peilt Reich – der in Muri arbeitet – eine Karriere im Eiskanal an. Wie sein Papa Christian. «Besser zu werden als mein Vater, wird schwierig.» Versuchen wird er es trotzdem. --spr
Bob: Nils Reich wechselt in den Bobsport und sein berühmter Vater Christian Reich unterstützt ihn
Bis zum letzten Jahr stand er im Tor des FC Wohlen. Jetzt geht der 19-jährige Nils Reich einen anderen Weg und wird Bobpilot. Sein Traum: Olympia. Sein Arbeitgeber in Muri unterstützt ihn dabei – und natürlich sein Vater Christian Reich. «Mein Vater ist für mich eine Inspiration», sagt Nils Reich.
Stefan Sprenger
Aufgestellt. Witzig. Und sportlich enorm ehrgeizig. Die Ähnlichkeiten von Nils Reich und seinem Vater Christian sind schon nach wenigen Minuten auffällig. Nicht nur optisch, sondern auch Auftreten und Sprache sind ähnlich. «Besser zu werden als mein Vater, wird schwierig», lacht Nils Reich, 19 Jahre jung. Er arbeitet bei der Aargauischen Kantonalbank in Muri, wird vom Arbeitgeber bei seinem sportlichen Unterfangen unterstützt. Sein Ziel: die Olympischen Spiele. Als Bobpilot steht er noch ganz am Anfang seiner Karriere. Aber er wagt den Schritt, hat Ambitionen. Und profitiert natürlich auch vom Wissen seines Vaters. «Wenn es um die Organisation oder das Material geht, hilft er mir. Sportlich hält er sich raus», sagt der Junior. Der Vater sagt (lachend): «Ich werde nicht sein Trainer sein, das würde nicht gut kommen.»
«Ich stehe am Anfang»
Christian Reich. Ein grosser Name im Schweizer Wintersport. Er gewann Olympia-Silber, war mehrfacher Medaillengewinner an Welt- und Europameisterschaften und wurde Gesamtweltcupsieger. Nach der Karriere wird er Trainer, Bobkonstrukteur, Materialexperte und Vizepräsident des internationalen Bobverbandes. Zudem organisierte er Events im Sport- und Kulturbereich, brachte beispielsweise Prinz Albert von Monaco ins Casino nach Bremgarten. Als Sportler, Funktionär oder TV-Experte beim Schweizer Fernsehen war er seit 1992 an allen Olympischen Spielen mit dabei. Es gibt in der Bobwelt wohl kaum einen Menschen mit mehr Erfahrung als Christian Reich. Sein Sohn sagt: «Er ist ein Vorbild. Eine Inspiration. Irgendwann an einer Olympia-Medaille zu schnuppern, ist mein grosser Traum. Aber ich stehe noch ganz am Anfang.»
Er wollte Fussballer werden – und entdeckte dann den Bob
Nils Reich wollte eigentlich Fussballer werden. Er durchlief den Nachwuchs beim FC Wohlen, wechselte für ein Jahr ins Team Aargau. In den Jahren 2021 und 2022 stand der Goalie regelmässig im Tor der zweiten Mannschaft in der 2. Liga, trainierte mit der ersten Mannschaft und stand auch dort einige Male im Kader. Für einen Goalie ist er mit 1,76 m zwar eher klein gewachsen, dies machte er aber mit seinen Reflexen und seinem Einsatz wett. Doch der Fussball ist vorbei. Vom Rasen wechselte er in den Eiskanal. Von der Sportart seiner Mutter, die Mitglied der Frauenfussball-Nati war, wechselt er zur Sportart des Vaters. «Ich wollte ursprünglich alles auf die Karte Fussball setzen. 2021 bin ich erstmals in einen Bob gestiegen – und war sofort begeistert.» Reich rückt im Juli 2022 in die Rekrutenschule ein, die er im Mai 2023 beendet. «In dieser Zeit hat der Drang zum Fussball stark nachgelassen. Ich wollte in den Bob, ich wollte den Adrenalinkick wieder. Bob macht mir mehr Spass als Fussball.»
Arbeitgeber in Muri, Anschieber aus Bremgarten
Wie sein Vater ist er ein Mann der Taten. Nils Reich gleist alles auf für seine weitere sportliche Zukunft. Vater Christian Reich (der in Künten wohnt) hilft ihm dabei, genauso wie seine Mutter Christine Huser. Denn der Bobsport ist auch organisatorisch eine Herausforderung (Sponsoring, Reisen und so weiter).
Reich, der seine Ausbildung bei der Aargauischen Kantonalbank in der Region Wohlen absolviert hat, fährt im März dieses Jahres die erste Schweizer Meisterschaft im Zweierbob. Mit seinem Anschieber Pascal Nauer aus Bremgarten – dem Sohn von Patrik Nauer, Chef der Nauer Weine AG – fährt er auf den 6. und letzten Rang. Im Monobob fährt er auf den 2. Rang (von drei Teilnehmern), gewinnt als einziger Teilnehmer die U23-Kategorie – und ist damit Schweizer Meister. Reich lacht: «Es war mein erster Wettkampf. Dabei sein war das Wichtigste. Ich will jetzt so viel Erfahrung sammeln wie möglich.» Sein Motto in dieser Saison: «Fahren. Fahren. Fahren.»
Im nächsten Jahr folgt der nächste Schritt, bestenfalls ein erster Start an einem Europacup. «Ich bin noch jung und habe Zeit. Ich will langsam und behutsam reinfinden», sagt Reich, der Mitglied des schweizerischen Nachwuchskaders ist und zuletzt in Lillehammer im Trainingslager war. Dort traf er auch Melanie Hasler aus Berikon an, die aktuell beste Schweizer Bobfahrerin. «Sie ist eine Rakete», sagt Reich. Dort, wo sie es hingeschafft hat, will er auch hin, an die Weltspitze. Erst im Zweierbob, dann will er in den Vierer wechseln.
Bobexperte Christian Reich ordnet ein: «Es geht nun darum, dass er so viel wie möglich fährt, alle Bahnen kennenlernt und in den kommenden Monaten die ersten Gehversuche im Viererbob macht.» Und was meint Vater Christian Reich? «Ich finde es grundsätzlich gut, was er macht. Er ist selbst verantwortlich und ich rede ihm nicht in seine Angelegenheiten hinein. Wenn er etwas wissen will, muss er fragen.» Sein Junior macht dies natürlich, denn er weiss, wie wichtig es ist, von der Erfahrung seines Papas profitieren zu können. Übrigens: Den Schlitten, den Nils Reich fährt, hat sein Vater (gemeinsam mit der ETH in Zürich) entworfen.
Nils Reich wird diesen Winter in Oberhof, Altenberg, Innsbruck oder St. Moritz sein und «sooft fahren, wie es geht». Oder wie er meint: «Trainieren. Trainieren. Trainieren.» Privat wird er in einigen Monaten zu seinem Vater zügeln – nach Künten.
«Mein Vater fuhr mit seinem Vater»
Er will in den kommenden Jahren seinen Traum vorantreiben und sich Schritt für Schritt an die Spitze annähern. Wie weit es ihm reichen wird? «Keine Ahnung. Aber ich gebe mein Bestes. Das ist das Wichtigste.» Die Veranlagungen hat er, dazu kommt der Support vom Arbeitgeber, von vielen Sponsoren in der Bobregion Freiamt – und natürlich seiner Eltern. Nils Reich hat auch schon ein Team beisammen. Neben dem Bremgarter Pascal Nauer ist auch Fabio Wolf dabei, ein Zehnkämpfer aus dem Kanton Zürich. Und dazu Mario Aeberhard. «Mein Vater fuhr schon mit seinem Vater», erklärt Nils Reich. Urs «Enzo» Aeberhard war Anschieber von Pilot Christian Reich. Gemeinsam waren sie 2002 an den Olympischen Spielen. Gemeinsam holten sie im Jahr 2000 den Gesamtweltcup. Wenn das kein gutes Zeichen ist, dass nun die beiden Söhne miteinander fahren.