Hunde als Therapeuten
25.04.2023 Eggenwil, Region BremgartenGabriela Hunziker leitet den Verein «Herzens-Hunde» und besucht damit Altersheime und Schulen
Hunde haben einen positiven Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit von Menschen. Genau diese Eigenschaft macht sich der Verein «Herzens-Hunde» ...
Gabriela Hunziker leitet den Verein «Herzens-Hunde» und besucht damit Altersheime und Schulen
Hunde haben einen positiven Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit von Menschen. Genau diese Eigenschaft macht sich der Verein «Herzens-Hunde» zunutze. Dessen Leiterin Gabriela Hunziker wohnt in Eggenwil.
Roger Wetli
«Viele Hundehalter haben das Bedürfnis, mit ihrem Tier anderen Leuten etwas zu geben. Und genau das können sie mit den ehrenamtlichen Einsätzen, die ‹Herzens-Hunde› vermittelt», ist Gabriela Hunziker überzeugt. Die Halterin und Züchterin der Rasse Golden Retriever besucht selber Altersheime, Stiftungen und Schulen mit ihren Schützlingen. Und sie bildet Menschen-Hunde-Teams für die Einsätze von «Herzens-Hunde» aus. «Was wir mit unseren Tieren tun, ersetzt das Pflegepersonal nicht, sondern ergänzt dessen Wirken», weiss sie. Hunziker sieht den grossen Vorteil in Hunden, dass diese ohne Vorurteile auf Menschen zugehen würden und damit Emotionen auslösen und Blockaden lösen können.
Hochdementen Personen ein klares Fenster geschaffen
Die Einsätze dauern maximal eine Stunde. «Herzens-Hunde» führt sie mittlerweile in der ganzen Deutschund Westschweiz in Alters- und Pflegeheimen, Schulen, psychiatrischen Kliniken, Spitälern und Heilpädagogischen Schulen durch. Ausgebildete Teams von «Herzens-Hunde» besuchen Bewohner des Reussparks in Niederwil, die Alterszentren Burkertsmatt in Widen, Bärenmatt in Bremgarten und Obere Mühle in Villmergen. «Es beruhigt die Bewohner zum Beispiel, wenn sie das Fell und die Wärme eines Hundes spüren. Damit konnte ich auch schon bei hochdementen Personen ein kurzes Zeitfenster der Klarheit öffnen.» Aber auch im Bereich der Palliative Care wurden die sensiblen Tiere bereits eingesetzt.
Trainingstage finden zum Beispiel in Widen im Haus Morgenstern zusammen mit Bewohnern statt. «Auch geistig beeinträchtigte Personen reagieren völlig offen auf Hunde», ist sie begeistert. «Wir trainieren unsere Tiere zum Beispiel darin, mit zwei Leinen zu laufen. Die eine geben wir dem Bewohner, was ihm das Gefühl gibt, dass er selber mit dem Hund spazieren geht. Mit der zweiten greifen wir im Notfall ein.» Gabriela Hunziker selber ist aktuell ausschliesslich in Oberwil bei Zug aktiv.
Selbstbewusstsein zurückgeben
Wichtig bei der Ausbildung von «Herzens-Hunden» sei auch, dass die Hunde lernen würden, sich auf einen Stuhl oder auf ihre Decke auf einem Bett zu setzen. «Damit ermöglichen wir den Bewohnern, dass sie den Hunden auf Augenhöhe begegnen und sie besser streicheln können.» Die Hunde sollen sich dabei selber kontrollieren und auf Wünsche und Befehle ihrer Halter reagieren.
Ein zusätzliches Einsatzfeld sind Bisspräventionen, für welche «Herzens-Hunde» Kindergärten und Primarklassen besuchen. So war Gabriela Hunziker etwa schon mehrmals im Eggenwiler Kindergarten zu Gast. «Diese Bissprävention sollte eigentlich häufiger gemacht werden. Die Lehrperson erhält von uns dazu vorgängig ein PDF, mit dem sie ihre Schüler auf unseren Besuch vorbereiten kann. Anschliessend proben sie mit uns, wie man sich gegenüber richtigen Hunden zu verhalten hat.» Manchmal werden «Herzens-Hunde» auch durch Privatpersonen gebucht. «Wir konnten damit zusammen mit dem Hund das Selbstbewusstsein eines gemobbten Schülers wieder aufbauen und ihm nachhaltig helfen.»
Grosse und kleine Hunde erwünscht
Gabriela Hunziker hält und züchtet Golden Retriever. Also eine grosse Hunderasse. «Bei den Bewohnern lösen kleine Hunde in der Regel einen ‹Jöh-Effekt› aus, während die grossen eher einen ‹Bären-Knuddel-Effekt› haben», gibt sie Einblick. Aktuell seien für «Herzens-Hunde» mehrheitlich grosse Tiere im Einsatz. «Dabei hätten wir gerne noch mehr kleine, da diese auf die Oberschenkel der Bewohner sitzen können», wirbt die Eggenwilerin.
Sie gründete «Herzens-Hunde» nach 2018 mit. Der Weg dahin führte sie über ihre erste Golden-Retriever-Hündin «Amira» im Jahr 2007, die sie als «Sozialhund» einsetzen wollte und dazu 2010 die Ausbildung machte. Sie absolvierte anschliessend verschiedene Einsätze und bildete selber Teams aus. Ihre dabei gemachten Erfahrungen führten acht Jahre später dazu, dass sie zusammen mit einer Kollegin eine eigene Ausbildung kreierte und Einsätze anbot. «Irgendwann wurden es so viele Anfragen, dass wir den Verein gründeten. Das Interesse an unseren Ausbildungsplätzen ist derart gross, dass wir dieses und nächstes Jahr ausgebucht sind. Wir möchten auf Qualität statt Quantität setzen», betont sie. «Deshalb halten wir alles in einem überschaubaren Rahmen, wobei aktuell rund 40 Teams regelmässig im Einsatz sind.»
Gegenüber vollkommen und bedingungslos akzeptieren
Wichtig sei, dass ihre Schülerinnen und Schüler über Empathie und Validation verfügen. Letzteres bedeutet, dass die Hundehalter fähig sind, ihr Gegenüber vollkommen und bedingungslos zu akzeptieren und zu unterstützen. «Dies ist wichtig, damit Hund und Bewohner zusammengeführt werden können. Beiden muss man Zeit geben, was immer wieder Geduld erfordert. Manchmal geschieht erst nach einer halben Stunde etwas. Und man steht nicht selber im Vordergrund, sondern der Hund», unterstreicht Gabriela Hunziker. Die Ausbildung von «Herzens-Hunde» sei bewusst anspruchsvoll. Man müsse immer und immer wieder Standardsituationen üben, weil man bei Besuchen nie richtig wisse, was einen erwartet. «Ich lache dabei viel. Denn die Hunde bewirken oft kleinere und grössere Lichtblicke im Alltag der Bewohner.»
Die Ausbildung der Teams und die ehrenamtlichen Einsätze geben Gabriela Hunziker enorm viel zurück. «Es sind tatsächlich alles ‹Herzens-Einsätze›, lacht sie zufrieden. «Wir können und möchten für unsere Besuche keinen Lohn verlangen. Den Lohn erhalten unsere Herzen.» Deshalb sei es wichtig, dass «Herzens-Hunde» seine Dienstleistungen auch weiterhin unentgeltlich anbietet. «Entscheidend ist dabei ein respektvoller Umgang gegenüber dem Hund und den Bewohnern. Mir selber bereitet das grosse Freude und gibt mir viel Abwechslung ins Leben.»