Happy End nach Horrorstart
09.12.2025 Sport, RingenNationalliga A, Rückkampf 3./4. Platz: Die RS Freiamt holt trotz 16:20-Niederlage in Kriessern noch Bronze
Es war ein Krimi, es war eine emotionale Achterbahnfahrt und zuletzt gab es ein Happy End. Die RS Freiamt beginnt schwach in Kriessern und sichert sich mit ...
Nationalliga A, Rückkampf 3./4. Platz: Die RS Freiamt holt trotz 16:20-Niederlage in Kriessern noch Bronze
Es war ein Krimi, es war eine emotionale Achterbahnfahrt und zuletzt gab es ein Happy End. Die RS Freiamt beginnt schwach in Kriessern und sichert sich mit einem starken Endspurt doch noch den 3. Rang.
Josip Lasic
Als George Bucur seinen Gegner Sandro Hungerbühler auspunktet, brechen bei der RS Freiamt alle Dämme. Ringer und Betreuer stürmen die Matte, um den 39-Jährigen zu feiern. Sein 4:0-Sieg sichert den Freiämtern den 3. Platz. Ein Szenario, das zwei Kämpfe zuvor kaum jemand für möglich gehalten hätte.
Es ist ein Wechselbad der Gefühle, durch das die Freiämter beim Rückkampf gegen die RS Kriessern durch mussten. Allein bei Trainer Pascal Strebel lässt sich ein buntes Potpourri an Emotionen beobachten. Er ist hoffnungsvoll, frustriert, erleichtert und sogar zu Tränen gerührt. Doch nach acht Duellen war er wie alle Freiämter in erster Linie angespannt. Zu diesem Zeitpunkt stand es in Kriessern 20:9 für das Heimteam. Der Fünf-Punkte-Vorsprung, den sich die RS Freiamt eine Woche zuvor erkämpft hatte, war weg. Ungeheurer Druck lastete auf Saya Brunner (75 kg Greco) und George Bucur (75 kg Freistil). In ihren beiden Kämpfen mussten zwingend zwei Siege mit insgesamt sechs Punkten Differenz für die Freiämter her, damit es noch zu Bronze reicht. Das Problem: Brunner und Bucur treffen auf die gleichen Gegner wie im Hinkampf den sie jeweils knapp mit 2:1 für sich entschieden hatten. Jetzt mussten zwei so deutliche Siege her. Doch es klappt. Brunner siegt 3:0, Bucur macht mit technischer Überlegenheit alles klar. «Am Ende geht es gut aus», sagt RS-Freiamt-Präsident Nicola Küng. «Aber von den vier Play-off-Kämpfen, war das unser schlechtester.»
Unter schlechtem Stern
Die RS Freiamt rechnet mit einer schwierigen ersten Hälfte – aber nicht mit einem solchen Fehlstart. Von Anfang an geht alles schief, was möglich ist. Kevin Birchler (57 kg Greco) beginnt gegen Levin Meier stark und kassiert dann wegen eines Fehlers eine Schulterniederlage. Roman Zurfluh (130 kg F), der nach langer Verletzung ohne Training einspringt, wird von Jeremy Vollenweider ausgepunktet. Nils Leutert (61 kg F) holt mit einem 2:1-Sieg gegen Dominik Laritz den ersten Lichtblick. Danach geht es weiter bergab. Vladyslav Shyshko (97 kg G) erfährt erst kurz vor dem Kampf von seinem Einsatz, da Nikita Gerasymenko krankheitsbedingt ausfällt. Sowohl Shyshko gegen Fabio Dietsche wie auch Michael Bucher (65 kg G) gegen Dimitar Sandov versuchen den Schaden in Grenzen zu halten. Beide geben ihre Kämpfe aber mit 0:3 ab. 15:2 führt Kriessern zur Pause. Auch der Start in die zweite Hälfte misslingt. Kimi Käppeli (86 kg F) findet gegen Ramon Betschart kein Mittel und verliert ebenfalls 0:3. «Da habe ich zum ersten Mal geschluckt», gesteht Strebel.
Weber sorgt für Tränen
«Unser Problem war, dass wir in den verlorenen Kämpfen keine Punkte gesammelt haben», analysiert der Trainer. Die Ostschweizer hingegen nutzen jede Gelegenheit, um den Freiämtern das Leben schwerzumachen. So auch beim 4:1-Sieg von Nino Leutert (70 kg Freistil) gegen Michael Steger. Leutert dominiert, verliert aber durch eine strittige Szene einen Punkt. Und spätestens bei Marc Webers Kampf (80 kg G) gegen Artemii Utochkin explodiert auch der sonst so zurückhaltende und ausgeglichene Strebel. Zunächst motiviert er seinen Teamcaptain, sagt ihm, dass er nur gewinnen kann. Als die Kampfrichter Utochkins Passivität mehrfach ungeahndet lassen, drückt der Trainer seinen Unmut lautstark aus. Weber gewinnt am Ende mit 3:1. Er riskiert alles für einen höheren Sieg und gibt ebenfalls noch einen Punkt ab. Es ist auch Marc Weber, der den Trainer zu Tränen rührt. Der Teamcaptain ringt gegen Kriessern in der Gewichtsklasse bis 80 kg. In dieser Saison war er aber auch schon bis 86, 97 und 130 kg im Einsatz. Der Greco-Spezialist war sich im Kampf gegen Schattdorf auch nicht zu schade, im Freistil bis 130 kg anzutreten. «Und das gegen einen Ringer, der rund 40 kg schwerer ist als er. Und dann gewinnt er noch. Sich so in den Dienst der Mannschaft zu stellen, ist vorbildlich.»
Nach Webers Einsatz folgen die entscheidenden Kämpfe von Brunner und Bucur. Strebel hatte vor dem Rückkampf gesagt, er könne mit einer verpassten Medaille leben, wenn die Leistung stimme. Nach dem Auftritt in Kriessern wäre es ihm schwergefallen. «Die Leistung war nicht bei allen Ringern so, wie sie sein sollte», fasst der Trainer zusammen, nimmt sein Team aber gleichzeitig in Schutz. «Wir waren in den Play-offs dreimal in Topform. Aber es gelingt nicht immer, am Tag X perfekt vorbereitet zu sein. Am Ende gewinnen und verlieren wir als Team.» Und dieses Mannschaftsdenken konnte Strebel in seinem Team verankern. Das liess sich beobachten, als es nach dem Kampf einmal mehr emotional wird. Yves Müllhaupt, der die letzten Jahre die Freiämter mit einer Doppellizenz unterstützt hat, wurde verabschiedet. Durch die Abschaffung der Doppellizenz wird er künftig nur noch für Weinfelden kämpfen. Mit einem Transparent danken ihm die Freiämter: «Yves, eine vo eus.»
Es ist dieser Zusammenhalt, der die RS Freiamt zu starken Leistungen im Halbfinal gegen Willisau und zum 3. Platz gegen Kriessern getragen hat. «Schön, dass sich das Team für den Auftritt gegen Willisau belohnen konnte», sagt Präsident Küng. Strebel blickt bereits auf die nächste Saison: «Es wird wieder eine Herausforderung, die Mannschaft an diesen Punkt zu bringen.» Doch jetzt dürfen die Freiämter nach diesem nervenaufreibenden Krimi erst einmal durchatmen.





