Es fehlt nur wenig
03.10.2023 Ringen, SportRingen, Nationalliga A: Die Ringerstaffel Freiamt verliert den Spitzenkampf gegen Willisau knapp mit 17:19
500 Zuschauer in Merenschwand. Der Spitzenkampf bot Emotionen, hochstehende Duelle – und am Ende fehlt den Freiämtern nur wenig, um den Favoriten aus ...
Ringen, Nationalliga A: Die Ringerstaffel Freiamt verliert den Spitzenkampf gegen Willisau knapp mit 17:19
500 Zuschauer in Merenschwand. Der Spitzenkampf bot Emotionen, hochstehende Duelle – und am Ende fehlt den Freiämtern nur wenig, um den Favoriten aus Willisau zu besiegen. «Das macht viel Hoffnung», sagt Trainer Michael Bucher, der bei seinem eigenen Kampf den Gegner von der Matte fegt.
Es ist ein ewiges Duell zweier Rivalen und Weggefährten. Pascal Strebel gegen Jonas Bossert. Die Duelle sind immer hart umkämpft, zuletzt siegte jeweils der Willisauer. Doch nicht am letzten Samstag. Das Greco-Duell bis 75 kg geht an Strebel. Er gewinnt 4:3 nach Punkten und holte 2:1 Mannschaftspunkte. Das reicht aber nicht. Strebel hätte einen 4:0-Sieg gebraucht, damit die RS Freiamt den Willisauern noch den Sieg hätte klauen können. «Das war natürlich schwierig», sagt der frühere Olympiaringer Pascal Strebel. Er war top motiviert vor dem Kampf, hatte bis auf wenige Situationen alles im Griff. «Wir kennen uns schon lange. Dieser Sieg war für mich wichtig und cool.»
Für Strebel ist es seine letzte Saison. Er wird zurücktreten. Und dieser Heimkampf war für ihn auch besonders, weil seine Firma, die Beltech AG, Matchsponsor war und alle Arbeitskolleginnen und -kollegen als Zuschauer dabei waren. «Ich wollte ihn zuerst in einer tieferen Gewichtsklasse einteilen, bis 70 kg, das wäre ihm wohler gewesen», lacht Trainer Michael Bucher. Das war aber nicht möglich, da Doppellizenzringer Yves Müllhaupt für Weinfelden im Einsatz stand. Bucher fügt an: «Pasci hat seine Sache richtig gut gemacht.»
«Hol einfach diesen Punkt»
Aber eben: Auch der eher unerwartete Sieg von Strebel nützte nichts mehr. Willisau feiert den fünften Sieg im fünften Kampf. Dies gelang aber nur unter Mithilfe der Freiämter. Besonders die ersten vier Duelle auf der Matte waren dabei entscheidend. «Da habe ich mir mehr Punkte ausgerechnet», sagt Bucher. 57 kg Freistil: Freiamts River Perlungher gewinnt gegen den Willisauer Abdul Rashid Hotak «nur» mit 2:1 Mannschaftspunkten (13:9). 61 kg Greco: Nils Leutert verliert gegen den Willisauer Timon Zeder 1:2 (1:2). Beide Ringer sind nicht wirklich aktiv. Ein Gewürge. Die Freiämter schauen in die Röhre.
Doch nicht nur diese beiden Kämpfe in den leichtesten Klassen gingen nicht wie gewünscht aus. Auch die schweren Brocken kamen nicht auf Touren. 130 kg, Greco: Das Duell zwischen Freiamts Roman Zurfluh gegen Willisaus Delian Alishahi «war eigentlich kein Ringerkampf», wie Bucher es beschreibt. Bei Halbzeit haben beide Ringer wegen Passivität oder Unsportlichkeit bereits je zwei Verwarnungen erhalten. «Hol einfach diesen Punkt», hat Bucher zu Zurfluh dann gesagt. Doch der Freiämter stellt sich zu wenig clever an. Er wird zweimal von der Matte gestossen, hat einmal den Kopf zu tief – und kassiert die dritte Verwarnung und wird disqualifiziert. «Das war reine Kampfintelligenz, die fehlte», meint Bucher. 0:4 Mannschaftspunkte. Bitter.
«Das war komisch»
Ähnlich erging es Magomed Ayskhanov. Im 97-kg-Greco-Duell gegen Samuel Scherrer lief es ganz und gar nicht planmässig. Ein knapper Kampf und mindestens ein Punktgewinn war budgetiert. Und lange Zeit sieht es auch danach aus. Doch der Willisauer erwischt Ayskhanov. Schultersieg. 0:4. Wieder bitter. Trainer Bucher sagt: «In diesen vier Kämpfen ist uns alles aus den Händen geglitten.» Es gibt noch eine dritte 0:4-Pleite. Freiamts Joel Meier war gegen Mansur Mavlaev chancenlos.
Dass es trotz diesen drei 0:4-Niederlagen und eher ungewöhnlichen Punktverlusten so knapp wurde am Ende, hatte mit den starken Leistungen der anderen Freiämter Ringer zu tun. Doch auch da war man das etwas glücklosere Team. Randy Vock war gegen Tobias Portmann (75 kg Freistil) eigentlich der aktivere und bessere Ringer. «Es war komisch», sagt Bucher. Denn am Ende gibt es ein 1:1. Weil der letzte Punkt an Portmann geht, holen sich die Willisauer 1:2 Mannschaftspunkte. Marc Weber hatte Rasul Israpilov (86 kg Greco) im Griff. «Stark. Aber nicht fehlerlos», meint Bucher. 15:1 siegt Weber. Das gibt dann «nur» ein 3:1 und kein 4:0. Und gegen Willisau sind auch solche Dinge entscheidend.
Zwei Pflichtaufgaben hatten dann Michael Bucher und Nino Leutert zu erledigen. Leutert (65 kg Freistil) fegte seinen Gegner Patrick Kurmann mit 15:0 von der Matte. Ein 4:0 für das Team. Und auch Bucher (70 kg Greco) zerzaust seinen Kontrahenten Marc Kaufmann mit 15:0. Dass der Trainer selbst das Ringerdress überziehen würde, war eigentlich nicht so vorgesehen. Aber Saya Brunner war angeschlagen, «und wir wollten nichts riskieren», so Bucher.
Lob für den ringenden Trainer
Während der Trainer trocken von einer «erfüllten Aufgabe» spricht, findet Captain Pascal Strebel ein wenig mehr lobende Worte für den ringenden Trainer: «Das ist Michi. Er weiss genau, was er tun muss, und holt das Maximum heraus. So viel Elan hat kaum ein anderer. Sauber, mit viel Ruhe. Ich ziehe den Hut.» Und Bucher ist wohl auch in Zukunft eine Option auf der Matte wert – auch wenn das die Freiämter (und er selbst) weitestgehend dementieren.
Schon vor dem letzten Duell von Pascal Strebel gegen seinen ewigen Rivalen Jonas Bossert war der Sieger eigentlich klar. Trotzdem ist der 2:1-Sieg von Strebel hoch zu werten. «Es war ein toller Abschluss des Abends», sagt Trainer Bucher, der nach dem Kampf «ein lachendes und ein weinendes Auge» hatte. Er weiss, dass eigentlich mehr dringelegen wäre. «Aber dafür müssen wir konstanter sein.» Doch er sieht auch, dass die Freiämter nicht weit weg sind vom Titelfavoriten Willisau. «Diese Leistung, dieser Kampf, das macht Hoffnung für die Halbfinal- und Finalkämpfe. Es ist machbar, den Willisauern ein Dorn im Auge zu sein, dafür brauchen wir aber Konstanz von Anfang bis Ende.»
Annähernd an Topbesetzung
Bei den Freiämtern fehlten Christian Zemp, Yves Müllhaupt und Saya Brunner, die Willisauer mussten auf Michael Portmann, Jonas Müller und den verletzten Leistungsträger Stefan Reichmuth verzichten. Insofern waren beide Teams nicht komplett, aber dennoch annähernd an der Topbesetzung. Der erfahrene Pascal Strebel meint: «Wir sind nicht weit weg von Willisau. Ein wenig mehr Cleverness, ein wenig mehr Geduld. Wir sind einen Schritt weiter als letzte Saison, das macht Freude.» Und das gibt Hoffnung auf den ersten Freiämter Meistertitel seit 2014. Für Strebel wäre dieses Szenario der Abschluss einer grandiosen Karriere. --spr