«Es braucht Ruhe – und Kritik»
05.12.2025 Sport, FussballSergio Colacino wird neuer Sportchef der 1. Mannschaft des FC Wohlen
Knapp eine Woche nach dem Rauswurf von Carmine Viceconte präsentiert der FC Wohlen den neuen Sportchef. Mit Sergio Colacino übernimmt ein Ex-Profi, ein erfahrener Mann und auch ein ...
Sergio Colacino wird neuer Sportchef der 1. Mannschaft des FC Wohlen
Knapp eine Woche nach dem Rauswurf von Carmine Viceconte präsentiert der FC Wohlen den neuen Sportchef. Mit Sergio Colacino übernimmt ein Ex-Profi, ein erfahrener Mann und auch ein Kommunikationstalent diesen Posten.
Stefan Sprenger
Ihn bringt nichts so schnell aus der Ruhe. Auch nicht, wenn er mit kritischen Fragen gelöchert wird. So zum Beispiel jene: «Trainer Piu ist gut befreundet mit Ihnen – das kann doch zu Problemen führen in solch einer Stellung?» Colacino antwortet ruhig, sachlich – und ehrlich. «Diese Frage finde ich legitim. Piu ist ein Freund von mir. Aber man muss unsere private Beziehung und die Rollen beim FC Wohlen klar trennen. Ich kann damit umgehen. Ich bin angestellt vom FC Wohlen und will, dass sich das Team weiterentwickelt. Ich war vorher schon mit Piu stets im Austausch, damals als Freund, jetzt eben als Sportchef. Ich bin fest überzeugt, dass Rückmeldungen und auch eine kritische Betrachtung wichtig sind. Das werde ich auch weiterhin tun. Sachlich und direkt. Denn wir verfolgen ein gemeinsames Ziel.»
Sein dicker Fussball-Palmarès
Am Donnerstagmorgen lässt der FC Wohlen in einer Mitteilung verlauten, dass man einen Nachfolger gefunden hat für Carmine Viceconte, der letzte Woche – nach einem Jahr als Sportchef – rausgeworfen wurde. «Wir konnten Sergio Colacino für uns begeistern», heisst es in jenem Schreiben. Ein Detail wird im Schreiben auffällig hervorgehoben: «In dieser Aufgabe ist er dem Vorstandsmitglied Gregorio Trovato unterstellt.»
Der 47-jährige Colacino – der als Lehrer im Junkholzschulhaus in Wohlen arbeitet – hat einen ziemlich dicken Fussball-Palmarès. Schweizer Meister und UEFA-Cup-Teilnehmer mit dem FC St. Gallen. Über 180 Challenge-League-Spiele (die meisten davon für den FC Wohlen), über 80 Super-League-Einsätze. Er hat eine Ausbildung als SFV-Instruktor und war auch bereits Trainer beim FC Mutschellen, dem FC Wettswil-Bonstetten und dem FC Muri (wo er vor rund 15 Jahren auch als Spieler aktiv war). Colacino lebt mit seiner Frau Daniela und den beiden Söhnen (die auch beim FCW kicken) in Wohlen.
Er will etwas bewegen
Colacino war bis Sommer bei Wettswil-Bonstetten in der 1. Liga als Trainer engagiert. Er trat danach kürzer, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Mit Ausnahme eines Kurzeinsatzes im Frühling 2025 als «Feuerwehrmann» in den letzten Saisonspielen beim FC Muri blieb er dem Fussball weitestgehend fern. Wieso übernimmt er nun diesen Job? «Es reizt mich. Es interessiert mich. Ich war bislang Trainer und kann so auf eine andere Art Einblick erhalten. Ich habe es nicht gesucht, aber ich möchte es versuchen», erklärt Colacino. Der Job als Sportchef lässt sich für ihn mit seiner Familie vereinbaren, da es «freier und flexibler ist als die Arbeit als Trainer», wie er sagt.
Und natürlich auch, weil «sein» FC Wohlen anklopfte. Hier, wo er ganz viele tolle Fussballstunden erlebte als Aktivspieler – und hier, wo jetzt auch seine Söhne kicken. Er hat den FCW stets verfolgt. «Ich finde, das Team hat eine gute Basis, ein gutes Gerüst. Es lässt sich etwas aufbauen, das erfolgreich sein kann.» Er selbst sei als Sportchef «integriert im Team und in engem Austausch mit dem Trainerstaff und dem Vorstand», wie er sagt. «Ich will Ideen einbringen. Wirken. Zusammenarbeiten.» Colacino wird gefragt, was er denn in der Winterpause anpassen möchte – dem FCW fehlt es an finanziellen Mitteln, um auf dem Transfermarkt tätig zu werden. Seine Antwort: «Ich bin kein Fan davon, in der Winterpause zehn neue Spieler zu holen. Das ist nicht produktiv, das führt nicht zum Ziel. Neue Spieler machen im Winter nur punktuell Sinn, da kann man optimieren, Gespräche führen, Probleme angehen.» Sein Ziel sei es, langfristig beim FC Wohlen zu wirken. Etwas zu bewegen. «Ich will Ruhe. Denn nur so kann ein Team vorankommen und erfolgreich sein. Ich möchte kritisch betrachten, weil dies unbedingt nötig ist, um besser zu werden. Wir sollten den eingeschlagenen Weg immer wieder aufs Neue analysieren. Das ist professionell. Und ich möchte eine saubere Kommunikation.» Dies hat der FC Wohlen in der Vergangenheit oft vermasselt – zuletzt bei der Entlassung von Viceconte. Und wohl auch da ist Colacino ein gewinnbringender Faktor.
Er wird nun einzelne Gespräche mit Spielern führen «und dann voller Elan die Rückrunde in Angriff nehmen».

