Erst magisch, dann tragisch
24.11.2023 Sport, KampfsportKickboxen: Roy Cipriano gewinnt zwei Mal Bronze an der Weltmeisterschaft
Nahe dran und doch vorbei: Roy Cipriano zeigt sich in Topform und zeigt magische Leistungen. Doch im Halbfinal fehlt erst das Glück und dann die Kraft. Der 21-Jährige ist bitter ...
Kickboxen: Roy Cipriano gewinnt zwei Mal Bronze an der Weltmeisterschaft
Nahe dran und doch vorbei: Roy Cipriano zeigt sich in Topform und zeigt magische Leistungen. Doch im Halbfinal fehlt erst das Glück und dann die Kraft. Der 21-Jährige ist bitter enttäuscht. In ein paar Tagen werden ihn die zwei WM-Bronzemedaillen trösten.
Stefan Sprenger
Wäre er nicht so gut erzogen und solch ein respektvoller Mensch, dann würde Roy Cipriano fluchen. «Ich bin schon heftig enttäuscht», sagt der 21-Jährige, wenige Stunden nachdem er zwei Halbfinalniederlagen hinnehmen muss. Der Traum von Gold an der Weltmeisterschaft in Portugal war zum Greifen nahe. «Doch es sollte nicht sein», sagt er.
«Beine wie Helikopterpropeller»
Am Dienstag und Mittwoch kämpft Roy Cipriano «magisch», wie sein Vater Rocco Cipriano erzählt. Der Vater und frühere Kickbox-Weltmeister ist begeistert von seinem Junior. «Er ist fit. Er ist bereit. Auch mental», sagt er. Roy Cipriano tritt in zwei Kategorien an. Im Pointfighting bis 63 kg, wo 21 Nationen am Start sind, und im Light Contact bis 63 kg mit 21 Teilnehmern. Und wenn Roy von seinen ersten erfolgreichen Kämpfen erzählt, dann muss man angesichts seiner Wortwahl unweigerlich schmunzeln. Im Pointfighting geht es erst gegen Luke McCann aus Irland und dann gegen den Mexikaner Diego Guzman Tepoxtacatl. Cipriano: «Der Irländer war sackstark. Der hatte Beine wie Helikopterpropeller. Der Mexikaner war ebenfalls eine Rakete.» Doch der Wohler konnte beide bezwingen. Den Irländer mit 14:11, den Mexikaner mit 14:7. Im Pointfighting-Halbfinal gestern Donnerstag ging es gegen den Amerikaner John Curatolo. «Das muss ich erst verdauen», sagt Cipriano. Was ist passiert? Er ringt nach Worten. «Wir wurden beschissen. Es war fast schon kriminell, was die Schiedsrichter anzeigten. Sie waren nicht auf der Höhe.» Es sind ungewohnte Aussagen. Auch sein Vater wählt harsche Worte gegenüber den Unparteiischen. Cipriano hat den Gegner und den Kampf lange Zeit im Griff. Und muss sich am Ende doch geschlagen geben. «Das gilt es zu akzeptieren.»
Im Light Contact trifft er erst auf den Spanier Ruben Fernandez Iglesias und dann auf den Norweger Jack Eilersten. Cipriano erzählt: «Der Spanier war ein richtiger Prügel. Der ging vollgas auf mich los. Ich liess ihn ins Leere laufen und habe gekontert.» Der Freiämter siegt 2:1. Gegen den sehr grossgewachsenen Norweger war es ähnlich. «Der hatte lange Beine, ich musste enorm aufpassen.» Aber auch das ist ihm gelungen. Er gewinnt 2:1.
Im Halbfinal ging es gegen den Ungarn Gergo Szaraz. Die Müdigkeit macht sich jetzt bemerkbar. «Er hat alles gegeben», sagt sein Vater. Der Junior fügt an: «Es war ein guter Kampf von mir. Aber es hat nicht gereicht. Am Ende war der Gegner besser.» Entscheidend waren in diesem Duell Minuspunkte, die Roy Cipriano kassiert, weil er aus der Mattenfläche gelaufen ist.
Vater Rocco: «Er war nahe dran»
Vater Rocco Cipriano bilanziert. «Im Pointfighting war es sehr unglücklich, auch wegen der Schiedsrichter. Im Lightcontact machte sich am Ende wohl die Müdigkeit nach so vielen Kämpfen etwas bemerkbar.» Doch natürlich ist er stolz auf seinen Junior. «Er war nahe dran, hat es nicht geschafft. Auf diesem Niveau können kleine Faktoren entscheiden. Auch das Glück.»
An internationalen Kickbox-Anlässen wird der 3. Rang nie ausgekämpft. Heisst also, dass man nach der Halbfinalniederlage die Bronzemedaille bejubeln darf. Wobei Roy Cipriano nicht nach Feiern zumute ist. «Im Moment bin ich enttäuscht. An meiner ersten WM-Teilnahme vor zwei Jahren holte ich keine Medaille. Jetzt sind es zwei bronzene. Insofern werde ich sicher in ein paar Tagen auch glücklich sein darüber.» Für die Schweizer Delegation – bestehend aus einem Dutzend Kämpfer – sind die beiden Bronzemedaillen von Cipriano übrigens der Höhepunkt dieser WM.
Roy Cipriano war nahe dran am grossen Exploit, an einer Silber- oder gar Goldmedaille an der Weltmeisterschaft. Der Vater sagt: «Er ist einen Schritt weiter.» Der Sohn sagt: «Die nächste WM ist in zwei Jahren. Ich werde es wieder versuchen. Was nicht ist, wird noch werden.»

