Eltern sind gefordert
31.10.2024 Niederwil, Region UnterfreiamtGefahren des Internets
Die jungen Menschen haben ihr Handy stets dabei. Und sind meistens auch sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. Das birgt aber auch Gefahren. Darum lud der Elternrat Niederwil zu einem Vortrag zum Thema «Medien und Gewaltprävention», ...
Gefahren des Internets
Die jungen Menschen haben ihr Handy stets dabei. Und sind meistens auch sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. Das birgt aber auch Gefahren. Darum lud der Elternrat Niederwil zu einem Vortrag zum Thema «Medien und Gewaltprävention», in welchem ein Polizist nicht nur aufklärte, sondern auch viele Tipps gab. --chh
Elternrat Niederwil lud zum Vortrag «Medien und Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen»
Mobbing, Cybergrooming oder Sexting – Kinder und Jugendliche sind heute vielen Gefahren ausgesetzt, gerade auch in der digitalen Welt. Wie man sich davor schützen kann und welche Rolle die Eltern spielen, das erklärte Georg Gartmann von der Regionalpolizei Bremgarten.
Chregi Hansen
Es lässt sich nicht abstreiten – was den Umgang mit der digitalen Welt und den Sozialen Medien betrifft, so sind die Kinder ihren Eltern oft überlegen. Und so sind Väter und Mütter schnell überfordert, wenn der Nachwuchs das erste eigene Smartphone besitzt.
«Wir sind gefordert, uns in diesem Bereich auch Wissen anzueignen. Dazu kann man sich vernetzen und sich mit anderen Eltern austauschen», sagt darum Regionalpolizist Georg Gartmann. Und genau das tun die vielen Zuhörer und Zuhörerinnen an seinem Vortrag. Eingeladen dazu hatte der Elternrat Niederwil. «Es geht um ein sehr aktuelles Thema, das viele von uns beschäftigt», sagt Organisatorin Cécile Künzli. Der Grossaufmarsch an diesem Abend beweist, dass sie damit richtig liegt. Und Georg Gartmann weiss, wovon er redet. Als Verkehrsinstruktor für 15 Gemeinden hat er oft mit jungen Menschen zu tun. Referiert in Schulen zu Themen wie Mobbing und Sexting. Und kommt auch zum Einsatz, wenn Schüler in Straftaten verwickelt sind. «Leider fehlen die Ressourcen, um ausschliesslich als Jugendpolizist tätig zu sein. Arbeit gebe es genug», bedauert Gartmann.
Erst das Gespräch suchen
Mit verschiedenen kleinen Filmen, Zahlen, Berichten aus der Praxis und Hinweisen auf das Strafrecht führt der Polizist das Publikum fundiert in das Thema ein. Er beschränkt sich dabei nicht nur auf die digitalen Gefahren, sondern steigt mit den Problemen des Mobbings in den Abend ein. «Mobbing an sich ist nicht strafbar», macht er deutlich, «aber gewisse Elemente davon können es sein, etwa Drohungen, Beschimpfungen, Verleumdungen und Weiteres.» Allerdings handelt es sich immer um ein Antragsdelikt – die Polizei kommt also nur bei einer Anzeige zum Einsatz. Und eine Anzeige soll nach Ansicht von Gartmann der letzte Schritt sein. Er empfiehlt erst Gespräche mit den Eltern der Täter, mit den Lehrern, den Schulsozialarbeitern oder den Schulleitern. «Man kann mich gerne um Rat fragen, wenn man unsicher ist, wie man vorgehen soll», sagt er.
Mit dem Internet und den Sozialen Medien hat sich das Problem des Mobbings noch verschärft. «Was da zum Teil abgeht, kann man sich kaum vorstellen», weiss der Regionalpolizist aus vielen Fällen. Oft handeln die Täter in Gruppen. «Viele machen mit, weil sie dazugehören wollen.» Sie wollen konform gehen mit der Gruppe. Ganz nach dem Motto: Wenn das alle machen, kann es nicht falsch sein. «Wir Erwachsenen machen das in vielen Fällen auch nicht anders. Dabei müssten wir den Jungen vorleben, wie man sich richtig verhält», so Gartmann.
Lernen, Nein zu sagen
Überhaupt sei es wichtig, in jedem Fall für die Kinder da zu sein. «Die eigene Familie soll wie eine Burg sein, in der man sich geschützt fühlt und in der man über alles reden kann. Egal, ob man Opfer oder Täter ist.» Wichtig sei, die Kinder zu bestärken, auch mal Nein zu sagen. Gerade das angeblich so anonyme Internet (das gar nicht so anonym ist) verleitet dazu, Grenzen zu überschreiten. «Bisher gehe ich mit diesem Thema in die Oberstufe. Aber in Zukunft möchte ich in der 5. Klasse ansetzen», berichtet Gartmann. Dies auch mit dem Thema Sexting, also dem Versenden von Nacktbildern von sich. Hier hat das Strafrecht geändert, bei geringem Altersunterschied ist es nicht mehr strafbar. «Ausser, man schickt es noch an andere weiter», macht Gartmann deutlich.
Aber auch wenn es nicht strafbar ist, bleibt das Verschicken eine Dummheit. «Das Internet vergisst nie», mahnt der Polizist. Für ihn gibt es eine ganz einfache Regel: «Verschicke nichts, was du nicht auch deiner Grossmutter schicken würdest.» Überhaupt soll man vorsichtig sein, welche persönliche Daten man ins Internet stellt. Fünf Sekunden Tonaufnahme und drei Bilder aus verschiedenen Perspektiven reichen, um per KI täuschend echte Fälschungen zu produzieren. Auch die Erwachsenen nimmt Gartmann in die Pflicht. «Ich staune, wie viele aktuelle Bilder aus ihren Ferien posten. Das ist quasi eine Einladung an alle Einbrecher.»
Erschreckende Zahlen
Aber auch Daten und Bilder von Kindern gehören nicht ins Netz. Sie können dazu führen, dass sich jemand Fremdes ihnen nähert, beispielsweise, indem er sich selbst als Kind ausgibt. Cybergrooming nennt man das. Das kommt häufiger vor, als man denkt. Laut einer Studie wurden 41 Prozent der 14- bis 15-Jährigen und 19 Prozent der 12- bis 13-Jährigen übers Internet von einer fremden Person mit unerwünschten sexuellen Absichten angesprochen. Noch höher sind die Zahlen beim Sexting. Und Pornos werden inzwischen auch auf dem Pausenplatz via Handy angeschaut.
In seinem Vortrag stellt Georg Gartmann auch Apps vor, mit denen die Eltern die Online-Aktivitäten der Kinder überwachen können. Es sei wichtig, diese richtig einzusetzen und offen darüber zu reden. «Wir müssen den Kindern deutlich machen, dass wir sie nicht kontrollieren, sondern begleiten wollen», erklärt er. Gleichzeitig fordert er die Anwesenden auf, den eigenen Kindern vorzuleben, dass es auch ein Leben ausserhalb des Digitalen gibt.
Wenn die Eltern selbst immer am Handy hängen, werde eine falsche Botschaft vermittelt. Warum also mit seinen Kindern nicht mal am Lagerfeuer Marshmallows braten. «Das sind Erlebnisse, die tun allen gut», ist der Regionalpolizist überzeugt. Und mit dieser Meinung steht er an diesem Abend nicht allein da.
Tipps für das Verhalten im Internet
Im Rahmen seines Vortrags gab Georg Gartmann den Anwesenden auch einige Tipps mit auf den Weg. So soll man den Kindern deutlich machen, dass nicht alles wahr ist, was man im Internet findet. Gerade wenn etwas zu schön erscheint, um wahr zu sein, dann sei Vorsicht geboten. Wichtig sei auch, dass man im Internet nicht den richtigen Namen verwendet und nie persönliche Daten von sich preisgibt. Wenn man von jemand Fremdem im Chat angeschrieben wird, sollte man skeptisch sein. Fotos oder Videos schickt man nicht an Unbekannte. Mit diesen trifft man sich in keinem Fall allein. Und man soll den Kindern die Botschaft mitgeben, dass sie sich sofort melden sollen, wenn sie ein ungutes Gefühl haben. Auch in Sachen Mobbing hat Gartmann einen einfachen Tipp: «Tu niemandem etwas an, was du nicht möchtest, dass man es dir antut.» --chh