Diskussion um Gemeindehaus
07.03.2023 Niederwil, Region UnterfreiamtDer Gemeinderat Niederwil möchte das alte Gemeindehaus abreissen und durch einen Neubau ersetzen. Doch nicht alle im Dorf haben Freude an der Idee. --chh
Für Abriss und Neubau
Gemeinderat Niederwil informierte die Bevölkerung ...
Der Gemeinderat Niederwil möchte das alte Gemeindehaus abreissen und durch einen Neubau ersetzen. Doch nicht alle im Dorf haben Freude an der Idee. --chh
Für Abriss und Neubau
Gemeinderat Niederwil informierte die Bevölkerung über seine Pläne bezüglich Gemeindehaus
Seit sieben Jahren beschäftigen sich die Verantwortlichen mit der Zukunft des in die Jahre gekommenen Gemeindehauses. Ging es anfangs um eine Sanierung mit allfälligem Ausbau, befürwortet der Gemeinderat nun einen Neubau. Dafür gibt es Lob und Kritik.
Chregi Hansen
Die Meinungen in der Bevölkerung gehen weit auseinander. «Auch mit einer Sanierung können wir nicht alle Probleme lösen, vor allem, was die Feuchtigkeit im Keller betrifft», meinte einer der Besucher des Infoanlasses. Und ein anderer erklärte, mit einem Neubau könne die Gemeinde genau das realisieren, was aktuell und für die Zukunft notwendig ist.
«Die Gemeinde steht in der Pflicht, solch alte Gebäude zu erhalten und nicht einfach vorhandene Ressourcen zu vernichten», entgegnete jedoch ein anderer. Und überhaupt: «Dieses Haus hat eine Geschichte und trägt zur Identifikation des Dorfes bei, ein Abriss ist ein Fehler», meinte ein Vierter. Für die Argumente beider Seiten gab es jeweils Applaus aus den Reihen der zahlreich erschienenen Einwohner. Es dürfte ein Vorgeschmack auf die Diskussion an der kommenden Sommer-«Gmeind» sein. Dann sollen die Stimmbürger einen Grundsatzentscheid über die Zukunft des Gemeindehauses fällen.
Bau für die nächsten 30 Jahre
Das Thema beschäftigt die Gemeinde schon lange. 2016 wurde ein erster Planungskredit für eine mögliche Sanierung samt Erweiterung gesprochen. Wegen der grossen Investitionen für die Schulanlage wurde dieses Projekt vorerst zurückgestellt. Im Jahr 2020 unternahm man einen neuen Anlauf. Das Gebäude wurde umfassend analysiert und die Raumbedürfnisse der Verwaltung und der übrigen Nutzer evaluiert. «Wir haben nochmals alles hinterfragt», betont Gemeindeammann Norbert Ender. Und kam zum Ergebnis, dass ein Neubau die bessere Lösung sei. «Wenn wir schon so viel investieren, dann soll das Gebäude auch wieder mindestens für die nächsten 30 Jahre allen Bedürfnissen genügen», so Ender weiter.
Es gehe eben nicht nur um die Verwaltung, betonte Vizeammann Cornelia Stutz. Im Gebäude befinden sich auch die Bibliothek sowie ein Kulturraum im Untergeschoss, der von vielen Vereinen und für ganz viele Anlässe genutzt wird. Derzeit fehlt es an Besprechungsräumen, an Stauraum und Lagerfläche, zudem ist der Zugang beschwerlich und nicht behindertengerecht. Zu schaffen macht die Feuchtigkeit im Untergeschoss, umgekehrt fehlt die Dämmung und geht im Winter viel Wärme verloren. Man habe mit allen Vereinen gesprochen und deren Bedürfnisse aufgenommen. «Es geht aber nicht darum, dass wir einfach alle Wünsche umsetzen. Wir wollen uns auf das Minimum beschränken», betonte Stutz.
Gebäude hat schon viele Veränderungen hinter sich
Natürlich ist den Verantwortlichen bewusst, dass der Abriss eines so alten Gebäudes Widerstand auslösen wird. Gebaut im Jahr 1911, diente es erst als Schulhaus, erst seit den 80er-Jahren ist die Verwaltung hier einquartiert. In den vergangenen Jahrzehnten gab es viele Um- und Anbauten. «Es ist nicht mehr das schöne Schulhaus mit seiner wunderbaren Gartenanlage, welches es einmal war», erklärte denn auch der Wohler Architekt Urs Müller, der die Gemeinde fachlich unterstützt. Zwar sei eine Sanierung möglich, aber sie wäre sehr aufwendig und teilweise nur schwer zu realisieren. Will man am alten Gebäude festhalten, braucht es sicher einen weiteren Anbau, was das Aussehen wieder verändert. Auch für den Denkmalschutz ist das Gemeindehaus nicht erhaltenswert, denn von der ursprünglichen Substanz sei nicht mehr viel vorhanden.
Kosten praktisch gleich
Im Jahr 2016 ging man von Sanierungskosten von 4,3 Millionen Franken aus. «Dabei wurde aber nicht alles berücksichtigt, etwa der Ausbau des Dackstocks, der Lift auf allen Ebenen oder die Dämmung», erklärte Ammann Norbert Ender. Die neue Schätzung geht darum von Sanierungskosten von 6,4 Millionen Franken aus. Dem stehen Kosten für einen Neubau in der Höhe von 6,6Millionen Franken gegenüber. «Dass dies fast gleich viel ist wie für die Sanierung, könnte man uns als Absicht unterstellen, ist aber reiner Zufall», machte Müller deutlich. Der Vorteil des Neubaus liegt darin, dass das Haus optimal genutzt werden kann. «Und wir können auch gleich die Aussenanlage aufwerten», machte Müller deutlich.
Man wolle ganz sicher nicht einen 08/15-Bau realisieren, betonen die Verantwortlichen. «Ziel ist ein repräsentatives Gebäude, das an diesen Ort passt und sich ideal ins Dorfbild einfügt», so Urs Müller. Um eine optimale Lösung zu erhalten, will die Gemeinde einen Architekturwettbewerb lancieren. «Es ist ein anspruchsvolles Projekt für unsere Gemeinde, darum wollen wir Schritt für Schritt machen und der Bevölkerung immer wieder die Möglichkeit geben, mitzuentscheiden», betonte der Gemeindeammann. Finanziell sei der Neubau tragbar, und auch Übergangslösungen für die Bauzeit wurden schon gefunden, sodass auf teure Provisorien verzichtet werden kann.
Kultur soll im Dorf ihren Platz erhalten
Noch sind nicht alle von der Idee eines Abrisses und Neubaus überzeugt. So fragen sich einige, ob Niederwil wirklich so eine grosse Bibliothek und einen eigenen Kulturraum braucht. «Das gehört nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde», war zu hören. Auch kam die Frage auf, ob sich die Gemeinde mit ihren Büroräumlichkeiten nicht auch an anderen Orten einmieten kann, gebaut werde schliesslich genug. «Natürlich könnten wird das, aber die Liegenschaft wäre dann weiter in unserem Besitz und wir brauchen immer noch eine Lösung für sie», entgegnete Ender. Auch Vizeammann Cornelia Stutz warb für die Variante Neubau. «In Niederwil haben die Kultur und die Vereine eine grosse Bedeutung. Sie alle würden davon profitieren. Und die Verwaltung würde endlich moderne und flexibel nutzbare Räume erhalten», erklärte sie. Noch bleiben drei Monate, um die Bevölkerung von dieser Variante zu überzeugen. An der «Gmeind» vom 27. Juni fällt dann der Richtungsentscheid.



