Die Lohnfrage
06.06.2025 Finanzen, Region BremgartenEntlöhnung im Fokus
In Bremgarten soll die Gesamtsumme der jährlichen Stadtratsentschädigung um rund 50 Prozent steigen. Insbesondere Stadtammann und BKS-Ressortverantwortliche sollen künftig viel besser entlöhnt werden. Das polarisiert. Vor der ...
Entlöhnung im Fokus
In Bremgarten soll die Gesamtsumme der jährlichen Stadtratsentschädigung um rund 50 Prozent steigen. Insbesondere Stadtammann und BKS-Ressortverantwortliche sollen künftig viel besser entlöhnt werden. Das polarisiert. Vor der «Gmeind» kündigt sich Widerstand an. Wir haben das angedachte Bremgarter Modell mit anderen Freiämter Gemeinden verglichen – unter anderem mit Wohlen. --huy
Traktandum im Vorfeld der «Gmeind« polarisiert
Der Stadtrat möchte den Posten des Stadtammanns professionalisieren und das BKS priorisieren. Das spaltet die Gemüter. Eine Auslegeordnung vor der Abstimmungsdebatte in sechs Tagen.
Marco Huwyler
Lange hat es nicht gedauert, nachdem die Ortsparteien über die Traktanden und Anträge der Sommer-«Gmeind» informiert worden waren. Noch am selben Abend verschickten die Bürgerlichen eine gemeinsame Medienmitteilung. Der Wortlaut mehr als klar: So, wie es der Stadtrat präsentiert hatte, würden sie das Traktandum nicht mittragen können. Darin waren sich Mitte, FDP und SVP offenbar sehr schnell einig (vgl. Ausgabe dieser Zeitung vom 23. Mai).
SP und Läbigs Bremgarte sagen «Ja», Grünliberale «Ja, aber»
Freilich schlägt dem Stadtrat in der Lohnfrage nicht nur Widerstand entgegen. Die linken Parteien SP und «Läbigs Bremgarte» stellen sich eindeutig hinter den Antrag. «Aus Respekt gegenüber dem Engagement unserer Exekutive und im Interesse einer handlungsfähigen Stadt», wie SP-Ortsparteipräsident Stefan Dietrich sagt. Die Anforderungen seien dermassen gestiegen, dass schlicht Handlungsbedarf herrsche. «Wer erwartet, dass sich engagierte Menschen einsetzen, der muss ihnen auch faire und zeitgemässe Rahmenbedingungen bieten.» Das gelte sowohl für das Amt des Ammanns, als auch für dasjenige des Stadtratsmitglieds, das dem Ressort Bildung, Kultur und Sport (BKS) vorsteht.
Unterstützung erhält die angestrebte Pensenerhöhung auch von den Grünliberalen, wenn auch keine vorbehaltlose. «Faktisch ist die Anpassung aufgrund gestiegener Anforderungen an eine Zentrumsgemeinde gerechtfertigt», hält Co-Präsident Sandro Schmid fest. «Aber wir erwarten an der Gemeindeversammlung eine stringente Argumentation für die Pensen und Lohnsummen, die nicht auf Gefühlen, sondern auf Fakten basieren», sagt Schmid. Man müsse die Notwendigkeit mit Zahlen, stichfesten Argumenten und Vergleichen aufzeigen. Und genau dies fehlte der GLP bisher noch – sowohl in den Erläuterungen zu den Traktanden als auch an der Parteieninformationsveranstaltung vor der «Gmeind».
FiKo gespalten, Mehrheit dafür
Überzeugt hat der Stadtrat dagegen die Finanzkommission (FiKo). Was durchaus bemerkenswert ist, da deren Vizepräsident Peter Werder (FDP) sich öffentlich klar gegen die Pensenanpassung gestellt hat und auch die Mitte an vorderster Front Kritik übt – die Partei von FiKo-Präsident Markus Locher. Doch dieser teilt die Haltung seiner Partei in dieser Frage nicht. «Ja, es trifft zwar zu: unsere Finanzlage ist aufs Äusserste angespannt und Sparen ist oberste Pflicht», sagt er. Der neue Stadtrat stehe aber gerade deshalb vor sehr schwierigen Zeiten, was eine adäquate Führung verlange. «Wenn wir im Stadtrat trotz kolossaler Herausforderungen sozusagen im Ehrenamt- oder Frondienstmodus weitermachen möchten, ist das eine politische Überzeugung, die ich nicht teile. Man kann auch am falschen Ort sparen.» Offensichtlich hat Locher die Kommissionsmehrheit auf seiner Seite. «Die FiKo unterstützt den Antrag auf Erhöhung der Stadtrats-Entschädigungen», sagt der Präsident. «Wir sehen den grossen Einsatz und auch die grosse Belastung von Stadträtinnen und Stadträten und wir empfinden Wertschätzung für das Geleistete.»
Ganz anderer Ansatz als Villmergen und Muri
Interessant ist auch der vergleichende Blick auf die anderen grösseren Freiämter Gemeinden Villmergen, Muri und Wohlen. Tatsächlich war Bremgarten hier bisher mit seinem Modell teils weit unter den dort vergüteten Gesamt-Entschädigungen. Mit den nun angedachten Erhöhungen würde man sich anpassen. Es zeigt sich aber auch: das gilt primär für die Gesamtlohnsumme (inkl. Spesen, die in Bremgarten nicht separat vergütet werden).
Bei derjenigen für das Regierungsoberhaupt hingegen bewegte sich Bremgarten (95 000 Franken für 50 Prozent) im Vergleich mit Villmergen (79 850 für 45 Prozent) und Muri (83 000 – beantragt Erhöhung auf 87 100, kein definiertes Pensum) bereits jetzt in ähnlichem Rahmen bzw. leicht darüber. Dagegen sind die übrigen Gemeinderäte in Villmergen (von knapp 40 000 bis gut 47 000) und auch Muri (45 000, beantragt 47 200, Vizepräsident 53 000, beantragt 55 600) deutlich besser vergütet als diejenigen in Bremgarten. Hinzu kommen bei den beiden Gemeinden noch flexibel einsetzbare Funktionszulagen bzw. Spesen.
Gleiches Pensum wie Wohlen
Mit dem nun angedachten Modell des zu 80 Prozent angestellten Stadtammanns würde man sich in Bremgarten von Muri und Villmergen in der Oberhaupt-Entlöhnung deutlich abheben und dem System von Wohlen angleichen – bei einer rund halb so grossen Bevölkerung indes. Wohlens Ammann ist momentan ebenfalls zu einem 80-Prozent-Pensum angestellt, das mit 152 000 Franken entlöhnt wird. Bremgartens Stadtammann wäre inskünftig also genau gleich entlöhnt, wobei beim Wohler Gemeindeammann zusätzlich – im Gegensatz zum Bremgarter Modell – noch eine Spesenentschädigung dazukommt. Die weiteren Gemeinderäte in Wohlen erhalten einen Sockelbetrag von 30 000 Franken pro Mitglied plus einen Globalbeitrag von 60 000 Franken, der flexibel je nach effektivem Aufwand auf die einzelnen Mitglieder aufgeteilt werden kann. So kommt dieser etwa dem BKS-Gemeinderat zugute, der – anders als im angedachten Bremgarter Modell – grundsätzlich nicht mit einem anderen Pensum entlöhnt wird als die anderen Gemeinderäte.
Bürgerliche mobilisieren
Allein der Vergleich mit diesen drei Freiämter Gemeinden zeigt, dass es sehr unterschiedliche Herangehensweisen im Entschädigungsmodell gibt. Aargauweit sind diese noch viel ausgeprägter. Die Vergleichbarkeit schwierig.
Die Gemeindeammännervereinigung des Kantons hat deshalb bereits 2016 ein Empfehlungspapier zur Orientierung ausgegeben, das auf Durchschnittswerten basiert. Und ein Blick darauf zeigt: mit der nun angestrebten Entlöhnung würde sich Bremgarten dem anpassen, wo es gemäss Grösse und Bedeutung längst hingehört. Damit argumentiert auch der Stadtrat.
Für die bürgerlichen Parteien bleibt die nun beantragte Erhöhung der Gesamtlohnsumme um rund 50 Prozent auf einen Schlag indes eine wohl zu grosse Zumutung in Zeiten des Sparens. Sie vermissen auch eine breite Debatte im Vorfeld und werfen der Regierung vor, nun bezüglich Modell vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Gemeinsam versuchen die Bürgerlichen im Vorfeld der «Gmeind» zu mobilisieren und die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren. Ein Flyer geht in diesen Tagen in Bremgarten in Umlauf. «Es geht uns darum, dass man über das Ganze vertieft diskutiert und auch anderes prüft. An der Versammlung – oder je nach Verlauf auch noch in den nächsten Monaten», sagt Mitte-Präsidentin Jacqueline Wick.
Ob die Bürgerlichen einen gemeinsamen Änderungsantrag oder einen Rückweisungsantrag stellen, weiss man derzeit noch nicht. «Bis zur «Gmeind» stehen noch Treffen an», verrät Wick. Und, so oder so: «Wir werden auf jeden Fall mit verschiedenen Szenarien in die Versammlung gehen.» Diskussionen und Debatten zum heissen Traktandum sind vorprogrammiert – so viel steht bereits heute fest.
Einwohnergemeindeversammlung Bremgarten am Donnerstag, 12. Juni, 19.30 Uhr, im Casino.
Ausgangslage
Aktuell erhalten die «normalen» digung für 20 Prozent würde mode-Bremgarter Stadträte eine jährliche rat auf 32 000 (+1000) Franken Entschädigung von je 31 000 Franangehoben. Der Lohn für Vizeammann ken für ein 20-Prozent-Pensum. Die und Ressort BKS würde auf die neu Funktion Vizeammann wird mit definierten Prozente umgerechnet 40 000 Franken entschädigt. Der und damit mit 48 000 Franken bzw. Stadtammann bekommt für ein ver- 64 000 Franken beziffert. anschlagtes Teilpensum von 50 Pro-Der Lohn des Stadtammanns von zent 95 000 Franken. aktuell 95 000 Franken würde ge-Per 2026 möchte der Stadtrat die mäss Stadtrats-Vorschlag auf 80 Pro-Funktion Stadtammann auf 80 Prozent hochgerechnet und soll somit zent anheben und auch Pensen und jährlich neu 152 000 Franken betra-Löhne der übrigen Stadträte anpasgen. Wird das Traktandum angenomsen. Der Vizeammann wäre neu mit men, erhöht sich die jährliche Enteinem Teilpensum von 30 Prozent deschädigung des Gesamtstadtrats von finiert. Eine Sonderstellung soll das aktuell 228 000 Franken um 100 000 Ressort Bildung/Kultur/Sport (BKS) auf total 328 000 Franken. erhalten. Der unstrittige Mehrauf-Die Entlöhnungsfrage ist auch vor wand infolge der Schulpflegeabschafdem Hintergrund der Gesamterneuefung soll sich auch im Pensum des rungswahlen wichtig. Stadtammann zuständigen Stadtrats (aktuell Clau- (Raymond Tellenbach) und Vize dia Bamert) bemerkbar machen. (Doris Stöckli) treten zurück. Für das Man beantragt deshalb für den BKS-Amt als neues Regierungsoberhaupt Stadtrat neu ein 40-Prozent-Pensum. Bremgartens hat bisher niemand sei-Die zwei verbleibenden Stadträte ne Ambitionen öffentlich angemeldet. blieben beim aktuellen 20-Prozent-Wer kandidiert, ist wohl auch von der Pensum. Ihre jährliche Basisentschä-Lohnfrage abhängig. --huy