Der Programmierer Gottes
23.06.2023 Rudolfstetten, MutschellenNeu geweihter Priester Andreas Brem hielt Heimatprimiz
Vor seinem Leben als Priester war Andreas Brem als Bauingenieur tätig. Doch er wollte Gott und den Menschen noch besser dienen. Für die Zeitung gab er tiefe Einblicke in seine Berufung, seine Mission und ...
Neu geweihter Priester Andreas Brem hielt Heimatprimiz
Vor seinem Leben als Priester war Andreas Brem als Bauingenieur tätig. Doch er wollte Gott und den Menschen noch besser dienen. Für die Zeitung gab er tiefe Einblicke in seine Berufung, seine Mission und auch die Herausforderungen, welche durch seinen Berufswechsel anstanden.
Joël Gattlen
Weihrauchschwaden breiten sich in der bis auf den letzten Platz gefüllten Josefskapelle in Friedlisberg aus. Die durch die bunten Bleiglasfenster scheinenden Sonnenstrahlen tauchen die Kapelle in ein mystisches Licht. Auf der Empore stimmt der Chor einen auf Latein gesungenen Sakralgesang an. Vor dem Altar steht der neu geweihte Priester Andreas Brem (33, aus Friedlisberg), welcher in sich geht und Gott um den Segen für die Gläubigen bittet. Es ist eine stimmungsvolle und eindrückliche Heimatprimiz. So nennt man die erste heilige Messe eines neu geweihten römisch-katholischen Priesters seiner Heimatgemeinde oder -pfarrei.
Erster katholischer Friedlisberger Priester seit 70 Jahren
Auf dem Friedlisberg ist es die erste seit 70 Jahren. Der Erstlingssegen, der sogenannte Primizsegen, eines neu geweihten Priesters gilt als ein ganz besonderer Segen und ist bei den katholischen Gläubigen sehr begehrt. Kein Wunder, sind diese auch von weither angereist.
Dass er die Heimatprimiz in der Josefskapelle halten durfte, bedeutet Pater Brem viel. Nachdem die 1370 nach Christus erstmals urkundlich erwähnte Kapelle im Laufe der Jahrhunderte zweimal abgebrannt war, baute man sie 1934 neu auf. Massgeblich daran beteiligt war Brems Urgrossvater, welcher den Bau als Bauführer leitete. «Die Geschichte der Brems ist eng mit der Kapelle verflochten. Ich habe zudem einen ganz speziellen Bezug zu ihr. Mein Bruder und ich haben in unserer Kindheit oft in der Kapelle ministriert. Wir sind in ihrer unmittelbaren Nähe aufgewachsen. Das war für mich alles sehr prägend», sagt Brem.
Naturwissenschaftler und Mathematiker mit Leib und Seele
Bevor Andreas Brem Priester wurde, hat er jedoch einen ganz anderen Weg eingeschlagen. «An der Kanti war ich immer der Mathe- und Naturwissenschaftstyp, derjenige, der jedes noch so komplizierte mathematische Problem lösen konnte», lacht Pater Brem. Zudem habe er schon als Kind und Jugendlicher immer gern Dinge konstruiert und viel gebastelt. «Deswegen habe ich mich nach meinem Maturaabschluss an der Kanti Wohlen gefragt, wo kann ich meine Stärken am besten und für mich selbst am erfolgreichsten einbringen», sagt Brem. Seine Wahl fiel auf ein Studium der Bauingenieurwissenschaften an der ETH Zürich. Eine gute und logische Wahl, denn der ambitionierte Friedlisberger brillierte in seinem Studium mit so guten Noten, dass er von der ETH Foundation in das Vollstipendien- und Mentoringprogramm ESOP (Excellence Scholarship & Opportunity Programme) aufgenommen wurde.
«Neben dem Studium engagierte ich mich zunehmend bei der Christ-Königs-Jugend (CKJ). Die Jugendarbeit gefiel mir enorm gut. Dort kam ich verstärkt mit der Priesterbruderschaft St. Petrus in Kontakt, welche die CKJ betreut. Schon damals stellte ich mir immer häufiger die Fragen, die sich wohl viele Menschen einmal im Verlaufe ihres Lebens stellen: Was ist der Sinn des Lebens? Bin ich wirklich auf dem richtigen Weg mit meinen Entscheidungen? Bin ich wirklich glücklich oder gibt es da draussen noch mehr? Schon damals drängte es mich insgeheim immer mehr zu Christus und in Richtung Theologie», verrät Brem. Doch immer wieder sagte er zu sich selbst, er könne sein Leben ja auch später noch anders ausrichten. Er habe ja noch genügend Zeit und müsse sich nicht sofort entscheiden.
Eine Frau war der Wendepunkt
Nach seinem Studienabschluss begann Brem als Bauingenieur bei einem namhaften Zürcher Bauingenieurbüro zu arbeiten, wo er massgeblich am immer noch andauernden Neubau des Kantonsspitals St. Gallen mitbeteiligt war. «Der Job gefiel mir gut. Doch dann trat plötzlich eine Frau in mein Leben und mir wurde klar, dass ich mich nun doch schon entscheiden muss, ob ich mein Leben ganz in den Dienst Gottes und der Menschen stellen soll oder ob ich zukünftig heiraten und eine Familie gründen möchte. Denn würde ich mich für den einen oder anderen Weg entscheiden, würde sich mir der andere für immer verschliessen», erklärt er.
Er ging tief in sich und da fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen. Es wurde ihm klar, dass er sich bislang nur selbst im Weg gestanden hat. Sein Streben nach eigenem Erfolg hinderte ihn daran, den Weg zu wählen, auf welchem er objektiv mehr Gutes hätte bewirken können. Deswegen wollte er fortan sein Leben möglichst zum Wohle aller Menschen sowie am Dienst an Gott ausrichten und dadurch auch sein eigenes wahres Glück finden. Kurz darauf erschien er an seinem Arbeitsplatz und reichte persönlich seine Kündigung mit der Begründung ein, er werde nun Theologie studieren und katholischer Priester werden. «Meine Arbeitskollegen fielen aus allen Wolken und fragten mich: Was? Mit Zölibat und dem vollen Programm?», erinnert sich Brem.
Vierstündige Priesterweihe
Auch seine Familie erfuhr seinen Entscheid ohne Vorankündigung. «Wir waren alle sehr überrascht. Damit hatte keiner gerechnet. Andy stand mitten im Leben. Toller Beruf, gute Zukunftsaussichten und meine Frau sagte zu mir, der sieht doch super aus, an dem haben bestimmt viele Frauen Interesse», sagt Alois Brem (34), Pater Brems Bruder und Bauer in Friedlisberg. «Doch genau solche Geistliche braucht es. Solche, die sich nach reiflicher Überlegung, von ganzem Herzen und aus völlig freien Stücken dafür entscheiden, denn sie sind wirklich dazu berufen, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen, und leben diese auch aus voller Überzeugung vor. Die ganze Familie ist sehr stolz auf ihn und steht komplett hinter ihm. Als ich meinen kleinen Bruder bei seiner Heimatprimiz in der Josefskapelle erlebt habe, kamen mir vor lauter Emotionen die Tränen. Es war überwältigend», gesteht Alois Brem. Die Heimatprimiz stand ganz im Zeichen von Pater Brems Primizbibelvers «Die Liebe Christi drängt uns» (2. Korinther 5,14). Die heilige Messe wurde dabei nach dem alten römischen Ritus abgehalten. «Dieser ist für die Priesterbruderschaft St. Petrus, zu welcher ich gehöre, typisch. Ich finde über diese Form der heiligen Messe besser den Zugang zu Gott. Die Messe zeichnet sich durch zahlreiche Teile in lateinischer Sprache und Momente der Stille aus, was es einem erlaubt, in sich zu gehen», erklärt Brem. Die Priesterausbildung bei der Priesterbruderschaft St. Petrus dauert sieben Jahre und findet wahlweise in Wigratzbad (Deutschland, Bayern) oder in Denton (USA, Nebraska) statt.
«Die Priesterweihe fand am 10. Juni in der Basilika St.Alexander und Theodor der Benediktinerabtei Ottobeuren in Deutschland statt. Rund 800 Leute waren anwesend, wobei rund 250 Personen wegen mir vor Ort angereist waren. Ein bewegender Moment. Die Weihe dauerte über vier Stunden», erinnert sich Pater Brem.
Ewiges Glück
Bis August wohnt er wieder auf dem Hof der Familie Brem in Friedlisberg, wo er aufgewachsen ist. Danach wird er als katholischer Priester in St.Pelagiberg im Kanton Thurgau eingesetzt werden. «Das ist für mich der absolute Jackpot. Dort gibt es eine lebendige Gemeinde, welche die Messe im alten Ritus pf legt, und zudem zeichnet sich St. Pelagiberg durch eine starke Jugendgruppe der CKJ aus, welche mir nach wie vor sehr am Herzen liegt», betont Brem. Für diese engagiert sich der junge Pater gerne in seiner Freizeit. Darüber hinaus verbringt er gerne Zeit in der Natur und programmiert regelmässig, besonders Websites basierend auf den Programmiersprachen PHP und CSS. «Mit Mathe und Algorithmen konnte ich es dann doch nicht ganz lassen», lacht Brem. Als Priester hat er es sich zu seiner Mission gesetzt, sein Leben gänzlich Gott zu widmen und den Menschen zu helfen, ihr persönliches Glück zu finden. «Ich bin überzeugt, dass man das Glück nicht in einer Karriere oder in einem Leben in Saus und Braus findet. Es gibt ein viel grösseres, ewiges Glück. Das findet man aber nicht im egoistischen Nehmen, sondern im freiwilligen Geben aus Liebe», gibt Pater Brem abschliessend mit auf den Weg.