Der Metzger massiert
30.08.2024 Sport, FussballFussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – Grasshoppers II (Samstag, 17 Uhr, Niedermatten) – Rolf Küng ist neu beim FC Wohlen
Es gibt keinen Freiämter Verein, wo Rolf Küng noch nicht Mitglied war. Mit 64 Jahren ist er nun beim FC Wohlen. Der ...
Fussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – Grasshoppers II (Samstag, 17 Uhr, Niedermatten) – Rolf Küng ist neu beim FC Wohlen
Es gibt keinen Freiämter Verein, wo Rolf Küng noch nicht Mitglied war. Mit 64 Jahren ist er nun beim FC Wohlen. Der Metzger ist Masseur des Teams und sagt: «Hier ist alles noch eine Etage höher.» Der Villmerger rechnet mit einer Glanzsaison der Wohler.
Stefan Sprenger
Ein Spieler liegt auf dem Schragen, lässt sich von Rolf Küng massieren. Natürlich kommt man da ins Gespräch. Küng, der gerne quatscht, wird oft gefragt, was er von Beruf ist. «Wenn ich dann antworte, dass ich als Metzger (in Kölliken) arbeite, ist die Reaktion meist zuerst Sprachlosigkeit. Einige lachen ungläubig», erzählt er. In der Freizeit knetet er Fussballerwaden, im Berufsalltag zerlegt er totes Fleisch. Da muss auch er zugeben: «Das ist eher speziell.»
Nackt über die Brühl geflitzt
Aber Rolf Küng ist vor allen Dingen ein Fussballliebhaber. Beim FC Villmergen, beim FC Muri II und bei den Senioren des FC Niederwil kickte er selbst auf dem Rasen. Danach versuchte er sich als Schiedsrichter. Irgendwann Anfang der 90er-Jahre brachte ihn Giusi Aurilio (damals Trainer beim FC Villmergen) auf eine kuriose Idee. «Mach doch Masseur», sagt Aurilio zu Küng. «Wieso nicht?», dachte sich Küng und absolvierte diverse Kurse rund ums Massieren und die Spielerbehandlung.
Seit rund 40 Jahren macht er das nun. Erst beim FC Villmergen, dann erlebt er als Masseur auf der Bärenmatt in Bremgarten Auf- und Abstieg in die 1. Liga. Kurze Zeit ist er auch beim FC Wohlen tätig (unter Trainer Hanjo Weller). Als Hampi Schläpfer – den er aus gemeinsamen Zeiten bei Bremgarten kennt – Sportchef beim FC Muri wird, holt er den Masseur zum FC Muri. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist er 15 Jahre auf der Brühl tätig. In jener Zeit erlebt er auch einen Aufstieg in die 1. Liga – und flitzt nach Spielschluss nackt über den Rasen. «Ich musste meine Wettschulden einlösen», sagt er lachend. Als 2016 der damalige Muri-Trainer Beat Hubeli entlassen wird, geht auch Küng. «Der ganze Staff ist abgetreten, weil sie mit Hubeli schlecht umgegangen sind», erklärt er. Er machte eine Pause, wird 2021 vom FC Muri wieder zurückgeholt. Der damalige Trainer heisst Piu.
FC Muri fragt ihn spät, «das hat mich sehr tief getroffen»
Piu schätzt Küng. Und umgekehrt. «Er fragte mich schon früh, ob ich mir vorstellen könne, zum FC Wohlen zu kommen und einen neuen Weg zu gehen», erklärt Küng. Beim FC Muri war und ist er tief verwurzelt. «Ich habe dort viel erlebt, viele Bekanntschaften gemacht», sagt er. Aber der FC Wohlen lässt nicht locker bei ihm. Küng führt Gespräche mit Piu, mit den Sportchefs Ivan Benito und Gregi Trovato. «Und der FC Muri fragte mich erst vier Tage vor Saisonende an, ob ich weiterhin dabei bin. Das hat mich sehr getroffen», sagt Küng. Er entscheidet sich für eine neue Herausforderung und geht zum FC Wohlen. «Mit Piu passte es mir hervorragend beim FC Muri. Also wird es auch hier klappen», sagt Küng.
«Ein wichtiger Baustein»
In den Niedermatten erlebt er einen Verein, «der professionell geführt wird», so Küng. Wenn Probleme auftauchen, werden sie besprochen und gelöst. «Auch meine Wünsche als nicht ganz so wichtiger Masseur finden Beachtung und werden meist erfüllt», sagt er. Beim FC Muri habe er gute Stimmung im Team erlebt. «Aber hier in Wohlen ist das nochmals eine Etage höher. Ich wurde aufgenommen, als wäre ich schon seit Jahren hier. Ich erlebe viel Dankbarkeit von allen Seiten, auch wenn die Saison noch jung ist.»
Beim FC Wohlen ist man happy, dass Rolf Küng im Staff ist. Co-Trainer Ivano Rizzo sagt: «Er ist ein wichtiger Baustein. Rolf ist immer präsent, er ist sehr hilfsbereit und hat sich bestens integriert. Er macht seine Arbeit sehr gut und wir sind froh, dass er bei uns ist.»
Und auch der Villmerger fühlt sich wohl auf den Niedermatten. Küng, der aus erster Ehe drei Kinder hat und nun mit seiner neuen Freundin zwei Kinder, kriegte auch von zu Hause aus das OK für die neue Aufgabe.
Küng erlebte zuletzt die 0:3-Pleite in Langenthal. Eine Woche vorher gab es noch einen Galasieg gegen Schötz (5:0). Der 64-Jährige sagt: «Am Montag im Training nach dieser Niederlage war stark zu spüren, dass die Mannschaft dies wieder geradebiegen will. Gegen Schötz haben wir super Fussball gezeigt, das ist unser Anspruch. Die Jungs wollen nun beweisen, dass die Pleite in Langenthal ein Ausrutscher war.» Geht es nach ihm, dann wird der FC Wohlen in dieser Saison ganz vorne anzutreffen sein. «Mit Fussballprognosen habe ich meistens recht», sagt er lachend und ergänzt: «Der FC Wohlen kommt in die Aufstiegsspiele.» Übrigens: In der Saison 2021/22 orakelte er Monate im Voraus den Aufstieg des FC Muri in die 1. Liga (und behielt damit recht).
Nun geht es gegen die zweite Mannschaft des Super-League-Teams der Grasshoppers. Küng, ein aufgestellter und unkomplizierter Typ, sagt: «Jetzt erst recht. Nach dem Langenthal-Spiel sind die Jungs geladen. Das kommt gut.» Er freut sich auf die Saison mit dem FC Wohlen. Küng, der schröpft, massiert und mit guten Gesprächen auf dem Schragen helfen will, sagt: «Ich habe ein gutes Gefühl».
Heimspiel: Zwei sind fraglich
Die beiden Langzeitverletzten Sandi Sulejmanagic und Santiago Brunner fehlen im Spiel gegen die Grasshoppers II morgen Samstag (17 Uhr, Niedermatten). Der junge Leistungsträger Noah Jappert und Captain Alban Pnishi waren während der ganzen Woche krank (aber bestreiten heute Freitag voraussichtlich das Abschlusstraining). Bei beiden ist ein Einsatz fraglich.
Positiv: Der neue Verteidiger Amara Cissé hat die Spielberechtigung erhalten und wäre gegen die Zürcher, die mit einem Sieg, zwei Unentschieden und einer Niederlage in die neue Saison starteten, einsatzbereit. Der FC Wohlen will im Heimspiel eine Reaktion zeigen auf die zuletzt schwache Vorstellung in Langenthal (0:3). --spr