Der Macher verabschiedet sich
16.06.2023 Jonen, KelleramtMassgeblich mitgestaltet
Gesamtschulleiter Wädi Koch geht in Pension
Nach über drei Jahrzehnten verlässt Walter «Wädi» Koch die Schule Jonen. Vieles hat er mitgeprägt.
Seit 1990 hat er zahlreiche ...
Massgeblich mitgestaltet
Gesamtschulleiter Wädi Koch geht in Pension
Nach über drei Jahrzehnten verlässt Walter «Wädi» Koch die Schule Jonen. Vieles hat er mitgeprägt.
Seit 1990 hat er zahlreiche Kinder unterrichtet und ab 2003 die Geschicke der Schule geleitet: Wädi Koch hat während seiner 33 Jahre die Gesamtschule in Jonen massgeblich mitgestaltet. Unter dem ehemaligen Gemeindeammann von Niederwil ist das Schulareal um zwei weitere Schulhäuser gewachsen und unter ihm wurden viele erfolgreiche Erneuerungen lanciert. Beispielsweise die 5-Tage-Woche. --cbl
Der langjährige Schulleiter Walter Koch geht zum Ende des Schuljahres in Pension
33 Jahre war Walter «Wädi» Koch an der Gesamtschule in Jonen tätig. In drei Jahrzehnten hat er viele Veränderungen miterlebt – und teilweise wesentlich mitgeprägt. Vor allem die 5-Tage-Woche war ein grosses Politikum seiner Berufskarriere.
Celeste Blanc
Grenzenlos ist die Energie, die Wädi Koch ausstrahlt. Mit einer Mischung aus zackiger Konsequenz und natürlicher Gelassenheit speedet er durch die Gänge des Schulgebäudes «Pilatus». Ein freundliches «Grüezi», gefolgt von einem breiten Lachen, ruft er in Richtung einer Schülergruppe, die an einem Tisch Aufgaben erledigt. Managen, zum Rechten schauen, Vorbild und Ansprechperson für die Jungen sein: Schulleiter Wädi Koch ist in seinem Element. Und dass ihm die Schule Jonen am Herzen liegt, spürt man sofort, wenn er über die Institution spricht.
Und stets war auch sein Engagement gross. Kein anderer hat die Schule so wesentlich geprägt, wie es der Macher Wädi Koch tat: Er war wesentlich daran beteiligt, das Pilotprojekt der «5-Tage-Woche» in den 1990er-Jahren einzuführen. Mit ihm in der Baukommission wuchs das Schulareal um zwei neue Schulhäuser inklusive diverser Renovationen und wichtige Angebote wie «Generationen im Klassenzimmer» und das Förderungsprogramm «Lernzentrum» wurden erfolgreich ins Leben gerufen.
Das Freiamt der Welt vorgezogen
Koch blickt aus dem Besprechungszimmer, die Beine übereinandergeschlagen. Er schaut über die weite, grüne Wiese hinter dem Schulkomplex, die hinunter zum Sportplatz führt. Heute ist der Himmel klar, die Namensgeber der beiden Schulhäuser «Pilatus» und «Rigi» sind am Horizont zu sehen. «Schon immer war für mich klar, dass ich Lehrer werden möchte», erzählt er. Nach der eigenen Schulzeit hat er direkt die Ausbildung zum Lehrer aufgenommen, hat unter anderem in Wohlen unterrichtet. Den Geist der Jungen fördern, sie für Themen faszinieren und Wissen vermitteln hat ihn schon immer gereizt. Am meisten in Geografie und Geschichte. Doch anstatt eines weiterführenden Studiums dieser beiden Fächer ging es in Richtung Sprachen. «Ein Kollege hat mich damals ‹überschnorrt›, mit ihm nach Frankreich zu gehen», lacht er. So vertiefte Koch seine polyglotten Kompetenzen im Französisch, später folgten Aufenthalte in Italien und Spanien.
Mit diesem gefüllten Sprachrucksack machte Koch für kurze Zeit einen Abstecher in eine andere Berufsrichtung, in seinen «zweiten Traumberuf», und wurde Reiseführer. 1986 bereiste er für ein paar Jahre die ganze Welt. Doch Koch war kein Weltenbummler, sondern wollte sesshaft werden. So kam er zurück ins Freiamt, konkret nach Niederwil, wo er aufgewachsen ist und heute noch lebt.
Weitere Berufung gefunden
Dieser Entscheidung folgte innert kurzer Zeit die Stelle in Jonen, der er seit 1990 mit grosser Freude nachgeht. Hauptsächlich als Oberstufenlehrer tätig, wurde Koch für acht Jahre Rektor, bevor er die Schulleiterstelle 2004 fix übernahm. Welche Arbeit ihm besser gefällt? «Ganz schwierig zu sagen», meint er und überlegt. Schon immer habe er 3.- und 4.-Sek-Klassen in ihren Abschlussjahren begleitet. Das sei für ihn immer die spannendste Stufe gewesen. «Jugendliche auf dem Weg in das Berufsleben zu begleiten, sie bei diesem grossen Schritt zu unterstützen, ist absolut bereichernd.»
Als Rektor hingegen gilt es zu managen, zu organisieren, zu optimieren. Er realisierte, dass er eine weitere Berufung gefunden hat. «Ich war schon immer ein Organisationstalent, entscheidungsfreudig und verhandlungssicher», weiss der Niederwiler über sich zu erzählen. Kein Wunder, schliesslich sass er 20 Jahre im Niederwiler Gemeinderat und leitete 12 Jahre davon als Ammann dessen Geschicke. Vor allem die Abwechslung, die der Beruf mit sich brachte, sowie die grosse Verantwortung reizten ihn an der Arbeit als Schulleiter. «Man hat die Möglichkeit, mehr Einfluss darauf zu nehmen, was an der Schule läuft. Man kann dazu beitragen, Abläufe zu optimieren, Verbesserungen zu lancieren und die Qualität auszubauen. Schliesslich profitieren alle, Lehrerschaft sowie die Schüler, von einer gut funktionierenden Schule.»
Dennoch loderte das «Feuer» fürs Schulegeben weiter, weshalb er es sich nie nehmen liess, Lektionen zu übernehmen, wenn es nötig war. Koch fügt lachend an: «Dass dabei die Schülerinnen und Schüler immer Freude hatten, wenn ich ins Klassenzimmer trat, zeigt mir, dass ich nicht alles falsch gemacht habe.»
Heute ist es selbstverständlich
Eine ganz wesentliche Veränderung, die Koch als langjähriger Schulleiter miterleben durfte, war die Einführung der 5-Tage-Woche. «Es ist heute kaum vorstellbar: Die Einführung war ein echter Kampf.» Mitte der 1990er-Jahre setzte sich Koch an vorderster Front in der Gemeinde dafür ein, dass die Schule ins Pilotprojekt des Kantons Aargau aufgenommen wird. Darüber musste der Souverän entscheiden. Wegen der grossen Skepsis musste an zwei Gemeindeversammlungen darüber diskutiert und befunden werden.
Koch beugt sich vor und lacht laut, als er an die Gegenargumente der damaligen Zeit denkt – etwa, dass «die Kinder am Montag todmüde seien, weil die Eltern mit ihnen zwei Tage ins Tessin fahren würden». «Oder es wurde argumentiert, dass Eltern lieber ihre Einkäufe erledigen wollten. Verrückt, nicht?» Die 5-Tage-Woche ist in der Pilotphase wider Erwarten der Skeptiker dennoch sehr gut angekommen. Nach einem Jahr zeigte sich eine (fast) komplette 180-Grad-Wendung. «Fast alle sahen die Vorteile und befürworteten das neue Wochensystem – bis auf eine Lehrperson, die sich bis zum Schluss sträubte.»
Letzte Weisheiten
Es sind Geschichten und Erinnerungen, die nur die Zeit schreiben kann. Die Zeit, die nun für Wädi Koch an der Schule Jonen bald vorbei sein wird. Und das sei auch gut so. «Es ist Zeit für etwas Neues», meint er und blickt wieder aus dem Fenster. Die Energie, Motivation und Freude am Leben soll nun in neue Projekte gesteckt werden. Etwa in sein Niederwiler Weingut, das er mit drei Kollegen führt. Im nächsten Jahr möchten sie den ersten Wein auf den Markt bringen. Oder für seine Arbeit im Vorstand des Reussparks. «Oder für das Fertigstellen meines letzten Freilichttheaters, das zum 750-Jahr-Jubiläum des Klosters Gnadenthal uraufgeführt werden soll», verrät er. Einfach nicht mehr allzu gebunden zu sein, darauf freut sich der Macher am meisten. Und trotzdem geht der Abschied nicht spurlos an ihm vorbei. Rund um seinen Abschied ist noch die eine oder andere Feierlichkeit geplant. «Die letzten Weisheiten werde ich dann am Zensuressen den jungen Erwachsenen mitgeben.» Ob er dann so gelassen sein wird, weiss Macher Wädi Koch aber selbst noch nicht.