Der grosse Umbruch
30.09.2025 Wahlen, Wohlen, ParteienWahlen in Wohlen: Roland Vogt neuer Gemeindeammann – er drängt Arsène Perroud aus dem Amt
Ein Kurswechsel wurde thematisiert, ein totaler Umbruch ist es geworden. Der neue Gemeindeammann wird mit vier neuen Kräften regieren.
...Wahlen in Wohlen: Roland Vogt neuer Gemeindeammann – er drängt Arsène Perroud aus dem Amt
Ein Kurswechsel wurde thematisiert, ein totaler Umbruch ist es geworden. Der neue Gemeindeammann wird mit vier neuen Kräften regieren.
Daniel Marti
Jean-Pierre Gallati war es, der Roland Vogt davon überzeugte, dass er doch in die Politik einsteigen solle. So kandidierte er für den Einwohnerrat. Und wurde gewählt. Das bedeutete im Januar 2010 den Start in die Politik-Laufbahn. Nun sind beide SVPler die Erfolgsleiter hochgestiegen. Gallati ist Regierungsrat, Vogt wurde jetzt zum neuen Gemeindeammann von Wohlen gewählt. Gallati war einer der ersten Gratulanten. «Und ich konnte mir das nie erträumen», sagte Roland Vogt. Er werde das wohl «erst später so richtig begreifen». Vogt ist sich bewusst, dass es kaum eine Verschnaufpause gibt. Es wartet viel Arbeit auf ihn, und er muss eine enorme Verantwortung tragen. «Das neue Team und ich müssen liefern», bestätigt er.
Vogt distanzierte Amtsinhaber Arsène Perroud um 346 Stimmen, übertraf das Absolute Mehr um 75 Stimmen. Damit hat Wohlen ab 1. Januar 2026 einen neuen Gemeindeammann. Perroud wurde zwar in den Gemeinderat gewählt, er verzichtet jedoch auf dieses Mandat. Gewählt wurden noch Sonja Isler-Rüttimann (Mitte) mit dem Spitzenresultat, Thomas Geissmann (FDP) und Claudia Hauri (SVP). Der fünfte Sitz wird in einem weiteren Wahlgang ermittelt. Beim Job um den Vizeammann braucht es einen zweiten Wahlgang. Dieser wird am 30. November zusammen mit den Einwohnerratswahlen stattfinden.
Der totale Triumph
Gemeinderatswahlen: SVP stellt mit Roland Vogt den Gemeindeammann, Claudia Hauri holt zweiten Sitz
Bei der Volkspartei gab es nur strahlende Gesichter. Alle Ziele erreicht, kann die Parteiführung voller Stolz vermelden. Roland Vogt wird künftig die Wohler Regierung anführen. Mit Claudia Hauri eroberte die SVP einen zweiten Sitz. Der angestrebte Kurswechsel ist perfekt.
Daniel Marti
«Super zufrieden, ein Top-Resultat.» Mehr musste Parteipräsident Roland Büchi gar nicht sagen. «Es ist ein Novum, dass die SVP zwei Sitze im Gemeinderat hat. Und es ist ein Novum, dass wir den Gemeindeammann stellen. Da sind wir einfach nur stolz», sagte er und strahlte um die Wette. «Anscheinend hat die Mehrheit des Volkes die gleiche Meinung wie die SVP. Es braucht einen Kurswechsel.»
Und der grosse Gewinner sass im Restaurant Rössli und konnte sein Glück noch gar nicht so richtig fassen, «Ich realisiere es noch gar nicht», da brauche er noch ein wenig Zeit, sagte Roland Vogt, der Gemeindeammann ab 1. Januar 2026. Spätestens der erste Tag im Gemeindehaus als Ammann werde dann zum emotionalen Höhepunkt, fügt er an. «Wenn man Wahlen gewinnt, fühlt man sich immer gut.»
Der riesigen Verantwortung bewusst
Aber in Wohlen Gemeindeammann zu werden – er distanzierte Amtsinhaber Arsène Perroud um über 340 Stimmen –, ist mit ganz vielen Aufgaben verbunden. «Die riesige Verantwortung, die ich tragen werde, ist mir bewusst. Wir müssen als Team liefern.» Er habe den Kurswechsel gefordert, «nun müssen wir das offen angehen». Und das Wahlversprechen erfüllen.
Irgendwelche Zurückhaltung wird er da nicht an den Tag legen («ich habe keinen Bammel davor»), er wolle zuversichtlich vorangehen. Nach dem Abgang von Arsène Perroud werden neben Vogt vier neue Gemeinderatsmitglieder die Geschicke von Wohlen lenken. «Auch das ist mir bewusst, das ist eine zusätzliche Herausforderung.» Er setzt dabei auf die neue bürgerliche Mehrheit. Er weiss aber auch, dass Verwaltung und Einwohnerrat mitziehen müssen. Nur mit dieser Geschlossenheit könne Wohlen die anstehenden Probleme lösen. Verkehr, Schulraum, Finanzen heissen die heiklen Stellen. «Beim Verkehr müssen wir uns mit dem Kanton an einen Tisch setzen und konsequent aufzeigen, dass Wohlen bei diesem Punkt leidet.» Die Situation beim Schulraum müsse nochmals genau analysiert werden. «Und wir müssen das Wachstum hinterfragen, dies hatte einen Einfluss auf alles, Kultur Gesellschaft, Schule.»
Und der Finanzhaushalt der Gemeinde Wohlen sei natürlich ein Grossprojekt. «Da setzen wir grosse Hoffnungen in die neue Gemeinderätin Claudia Hauri. Ihre Erfahrungen aus der Wirtschaft müssen wir umsetzen können», so Parteikollege Vogt.
Wertschätzung für Perroud
Der neue Gemeindeammann hat – natürlich – auch ein gutes Wort für den abgewählten Gemeindeammann Arsène Perroud. Der Rechtsrutsch sei nicht überraschend gekommen, «der hat sich schleichend abgezeichnet. Und Wohlen wollte jetzt eine klar bürgerliche Regierung.» Dies wertete Vogt nicht zwingend als Votum gegen Perroud. «Er ist ein toller Mensch. Wir verstehen uns sehr gut, obwohl wir politisch eine ganz andere Meinung haben.» Eine Abwahl sei nie schön, aber beide hätten gewusst, dass die Entscheidung knapp und eng ausfallen werde. Und Vogt ist für Perrouds Zukunft zuversichtlich. Um ihn müsse man sich keine Sorgen machen, «er wird woanders wieder Fuss fassen».
Zudem hat Vogt den Wahlkampf gegen seinen Konkurrenten als fair und anständig empfunden.
Roland Vogt hofft nun, dass die nächsten drei Monate bis zur Übergabe harmonisch verlaufen werden. Er ist überzeugt davon, dass beide, Perroud und Vogt, bis dahin einen guten Job machen werden.
Fokus aufs Gemeindehaus
Wie seine persönliche Aufgabenaufteilung ab 2026 sein wird, dies wird der neue Gemeindeammann mit seinem Arbeitgeber noch besprechen. «Wir werden eine Lösung finden. Meine Haupttätigkeit wird jedoch im Gemeindehaus sein», so viel kann er schon mal verraten. Wie hoch sein Ammann-Pensum sein wird, das lässt er vorerst noch offen. Aber der Familienvater ist ein erfahrener Politiker, der weiss, was er fürs neue Amt mitbringen muss, auch an zeitlicher Präsenz. Einwohnerrat, Grossrat und seit zehn Jahren Gemeinderat – das erzeugt viel Erfahrung. Davon sollen alle profitieren.
Nicht einmal davon geträumt
Dass er allerdings einmal Gemeindeammann von Wohlen werden könnte, «das hätte ich mir nie erträumt», so Vogt. Er habe in der Politik viele Menschen kennengelernt und die Ära Dubler und Perroud erlebt. «Beide Gemeindeammänner haben übrigens für Wohlen Gutes geleistet.» An diesen beiden Vorgängern habe er erkannt, dass es speziell ist, Gemeindeammann von Wohlen zu sein. «Jetzt auf dieser Stufe zu sein, ist schon besonders», gibt er zu.
Und auf diesem Posten möchte er auch länger bleiben: «Ich peile schon eine Amtszeit von acht Jahren an.» Denn auch Roland Vogt weiss, dass es in der Politik nicht immer schnell geht. «Änderungen können oft nicht sofort umgesetzt werden oder zeigen erst später Wirkung. Es braucht auch bei zielgerichteter Arbeit oft Zeit und Geduld.»
Roland Vogt geht seinen neuen Job also mit einer gesunden Einstellung an. Und er hofft, dass er von allen Seiten Unterstützung bekommt. Diese ist ihm schon mal doppelt sicher: von der Partei und von der Familie. «Die ganze Familie freut sich auf diese neue Herausforderung», sagt er strahlend.
Energie und Wissen einsetzen
Claudia Hauri und Manfred Breitschmid
Total glücklich am Sonntagabend war Claudia Hauri. Sie sei völlig überrascht, sagte sie strahlend. Sie habe sich eine 50:50-Chance ausgedacht, «und nun freue ich mich riesig über die Wahl». Aber sie warnte auch gleich: «Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe. Denn nun kommt auch eine Herausforderung auf uns alle zu.» Als Finanzexpertin ist sie angetreten, als Finanzexpertin ist sie wohl auch gewählt worden von den 1802 Personen, die ihr die Stimme gegeben haben. Also eine Art Hoffnungsträgerin. Was aber auch Druck bedeuten kann. «Ich gebe alles, was ich kann», verspricht sie, «letztlich ist der Gemeinderat auch ein Team. Ich werde versuchen, meine Energie und mein Wissen in dieses Team einzubringen.»
Am liebsten würde Claudia Hauri der Gemeinde auch gleich eine bessere Finanzlage in Aussicht stellen, «das passiert aber nicht von heute auf morgen».
Hier müsse man längerfristig denken. «Es braucht eine Trendwende, aber erst gibt es wohl eine Durststrecke. Denn wir müssen jetzt zuerst neue Prioritäten setzen und allenfalls verzichten lernen. Und wir müssen kritischer werden, denn wir brauchen ein neues Kostenbewusstsein.»
«Es stimmt so für mich»
Claudia Hauri kann völlig unverbraucht ihren Job im Gemeinderat angehen. Erst vor vier Jahren folgte der Einstieg im Einwohnerrat. Und vor fünf Jahren hat sie nicht einmal an eine Herausforderung in der Politik gedacht. «Da habe ich meine Energie in den Beruf gesteckt.» Eben als Finanzexpertin in grossen und bedeutungsvollen Firmen. Nun wird sie wohl in drei Monaten die Finanzexpertin des Unternehmens Gemeinde Wohlen sein. «Dieses Resultat ist für die SVP hervorragend. Ich hoffe, dass es so weitergeht bei den Einwohnerratswahlen.» Auch Manfred Breitschmid war hocherfreut über den Wahlausgang – auch wenn er selbst mit 1596 Stimmen eine erfolgreiche Wahl nur um 131 Stimmen verpasste.
«Alles, was besser ist als der neunte Platz, ist doch gut», zieht er ein positives Fazit. Und er kennt die ungeschriebenen Wahlgesetze. «Leute, die austeilen, haben oft Mühe, genügend Stimmen zu bekommen.»
Er sei ein kritischer Betrachter, und damit seien die Wahlchancen schon etwas geringer. «Wer gewählt werden will, müsste schon ein bisschen weniger Gas geben.» Ihm war diese Haltung jedoch egal. Manfred Breitschmid wollte seiner Taktik treu bleiben. «Darum ist es gut so, wie es herausgekommen ist. Für mich stimmt es.» --dm
«Ich mache mir keine Sorgen»
Gemeinderatswahlen: Arsène Perroud (SP) als Gemeindeammann abgewählt – er nimmt es einigermassen gelassen
Es wurde ein knappes Rennen um den Posten des Gemeindeammanns erwartet. Letztlich büsste Amtsinhaber Arsène Perroud 346 Stimmen auf Herausforderer Roland Vogt (SVP) ein. Nun geht eine achtjährige Ära in Wohlen zu Ende. Perroud, zwar in den Gemeinderat gewählt, wird Ende Jahr die Wohler Politik verlassen.
Daniel Marti
«Klar bin ich enttäuscht», sagte Arsène Perroud kurz nach der Bekanntgabe des Wahlresultates. Er nahm jedoch die Abwahl recht gelassen. Bereits Stunden zuvor habe er gemerkt, «dass es in die falsche Richtung geht». Die Resultate bei den nationalen Abstimmungen (Eigenmietwert, E-ID) deuteten in Wohlen Richtung rechtsbürgerlich. «Das ging komplett gegen die SP und gegen mich», musste er da früh feststellen. Letztlich seien seine Resultate nicht ganz so schlecht ausgefallen. 1727 Stimmen bei den Gemeinderatswahlen (vor vier Jahren waren es 2011 Stimmen), 1458 Stimmen bei der Gemeindeammannwahl.
Das reichte zwar für die Bestätigung im Gemeinderat, nicht aber für den Job des Ammanns. Zu wenig. Fast 300 Personen gaben ihm die Stimme als Gemeinderat, aber nicht als Ammann. Nur Gemeinderat will Arsène Perroud nicht sein. Roland Vogt heisst der Gemeindeammann ab 1. Januar 2026.
Klare Haltung und der Linie treu geblieben
Er könne sich nichts vorwerfen, erklärte Perroud weiter. «Ich bin meiner Linie treu geblieben», er habe seine ihm wichtigen Inhalte aufgezeigt. «Ich wollte die jetzige Politik weiterführen», und er habe den Anspruch, «authentisch zu sein». Perroud wollte in seinem Wahlkampf nichts anderes versprechen. «Ich bin mit dieser Überzeugung angetreten, und ich habe eine klare Haltung.» Das sei sein Angebot gewesen, «das jedoch nicht von der Mehrheit getragen wurde».
Acht Jahre lang hat Perroud die Politik und Gangart in Wohlen als Gemeindeammann mitgetragen und geprägt. Nun die Abwahl. Ein schlechter Lohn? Das Resultat gelte es zu akzeptieren, räumt er ein. Allerdings habe er doch einiges erreicht – als Einwohnerrat, dann als Gemeinderat und Gemeindeammann. Dieses Gesamtpaket sei nicht so schlecht, so Perroud weiter. «Und heute waren halt Faktoren dabei, die ich nicht beeinflussen konnte.» Ja, so gesehen habe er nun am Wahltag einen schlechten Lohn bekommen. Aber Arsène Perroud wirkte gefasst, weil er eben die Gesetzgebung der Demokratie kennt. Bereits vor acht Jahren, als er zum Gemeindeammann gewählt wurde, wusste er, dass er alle vier Jahre abgewählt werden könne. «Denn Wohlen ist eine bürgerliche Gemeinde», das sei für einen Sozialdemokraten keine leichte Ausgangslage. Er habe sich deshalb im Wahlkampf bemüht, seine Themen zu platzieren. «Was mir aber offenbar nicht gelungen ist», so Perroud.
Ansonsten fand er den Wahlkampf «lasch, langweilig und inhaltslos». Auch weil die Gegnerschaft nicht auf Inhalte setzte. «Wichtige Themen wurden gar nicht angesprochen. Das macht mir Sorgen, vor allem weil keine Lösungen präsentiert wurden.» Nun brauche es vom neuen Gemeinderat in neuer Zusammensetzung einen wahren Effort.
Ende Jahr endet die Ära im Gemeinderat
Auch darum geht er mit dem Schlagwort Richtungswechsel vorsichtig um. «Es stimmt einfach nicht, dass jetzt eine Mitte-links-Regierung am Ruder ist.» Nur zwei Personen stammen aus dem Lager von SP und Grünen, Perroud und Thomas Burkard. «Für die neue bürgerliche Regierung werden die Herausforderungen nicht kleiner. Wir haben weiterhin viel Verkehr, zu wenig Schulraum und es braucht die Wirtschaftsförderung», blickt er bereits wieder voraus. Er werde mit Freude neue Ansätze zur Kenntnis nehmen.
Dann aber sicher aus der Ferne. Schon im Sommer hatte Arsène Perroud verlauten lassen, dass er den Gemeinderat verlassen werde, wenn er die Wiederwahl als Gemeindeammann nicht schaffen sollte.
Diese Haltung bestätigte er nun am Wahlsonntag. Arsène Perroud wird den Gemeinderat Ende Jahr definitiv verlassen. Für seinen Ersatz wird es dann einen neuerlichen Wahlgang geben.
Es sei doch als ehemaliger Ammann schwierig, als gewöhnlicher Gemeinderat im Gemeinderat zu sitzen. «Dafür stehe ich ganz klar nicht zur Verfügung.» Als Gemeindeammann habe er sich ein riesiges Wissen und ein Beziehungsnetz erarbeitet, und das könne er nur als Gemeindeammann einsetzen. Darum wird er Ende Jahr definitiv aus der Regierung ausscheiden. «Ich bin noch bis Ende Jahr im Amt. Das versuche ich so gut wie möglich zu meistern.» Da gehe es darum, Projekte und Themen abzuschliessen oder sauber zu übergeben. Wie auch immer: Arsène Perroud ist ein fairer Verlierer.
Jetzt etwas Neues anpacken
Einen Plan B, was er künftig beruflich machen möchte, hat Arsène Perroud nicht. «Aber ich habe gar keine Angst vor meiner Zukunft. Ich mache mir da keine Sorgen.» Er sei gut vernetzt und pflege gute Kontakte. Er könne sich verschiedene Funktionen in der Zukunft vorstellen. Mit Jahrgang 1977 ist er eigentlich im besten Alter. Mit knapp unter 50 sei es doch gut machbar, etwas Neues anzupacken. «Und das ist auch gut so. Es ist jetzt überhaupt nicht so, dass alles zusammenbricht.» Eine selbstbewusste und positive Haltung. Gut so.
Übrigens, mit seinem Rückzug aus dem Gemeinderat werden auch andere Posten frei. Arsène Perroud ist aktuell auch Präsident des Regionalplanungsverbandes Unteres Bünztal, Präsident des Kindes- und Erwachsenenschutzdienstes Bezirk Bremgarten, Präsident des Abwasserverbandes Region Wohlen. Auch hier braucht es neue Köpfe.
«Jetzt die Kräfte neu bündeln»
SP-Präsidentin Laura Pascolin liebäugelt mit dem zweiten Wahlgang
Enttäuscht zeigte sich auch SP-Präsidentin Laura Pascolin. «Der Rechtsrutsch ist nun definitiv auch in Wohlen angekommen», sagte sie. Dies sei jedoch nicht überraschend. Diese Tendenzen gibt es weltweit, national und kantonal. «Und wir hier in Wohlen konnten das auch nicht aufhalten.»
Aber Niederlagen gehören zur Politik, «das ist Demokratie, das gilt es zu akzeptieren», erklärt sie gefasst. «Das bedeutet auch, dass wir in Zukunft wieder kämpfen müssen für unsere Werte.» Niederlagen seien auch Chancen, «um die Kräfte neu zu bündeln». Sie betrachte Resultate in der Politik immer sportlich, sagte sie noch. «Wenn man verliert, muss man umgehend schauen, was man verbessern kann.» Dass Arsène Perroud als Gemeindeammann abgewählt wurde, sei aus Sicht der Partei allerdings «sehr enttäuschend. Denn er hat viel Gutes für Wohlen getan. Mit dieser Abwahl geht in der Gemeinde viel Wissen verloren.» Aber selbstverständlich wünsche sie der neuen Regierung schon jetzt viel Erfolg.
Ein zweiter Anlauf?
Und wie sieht es bei Laura Pascolin persönlich aus? Mit dem eigenen Resultat sei sie zufrieden. Sie erhielt 1517 Stimmen, das sind nur 141 Stimmen unter dem absoluten Mehr (1658 Stimmen). Vor vier Jahren erhielt sie 1505 Stimmen. Die Konstellation sei für sie schwierig gewesen, erklärt Pascolin. Sie habe einerseits Arsène Perroud unterstützt, «andererseits war ich Einzelkämpferin». Praktisch alles hat sich in der SP auf die Gemeindeammannwahl fokussiert.
Laura Pascolin hat aber nach wie vor viel Freude an der Politik. Durch den enttäuschenden Wahlsonntag lasse sie sich nicht entmutigen, zeigt sie sich kämpferisch. Und es gibt ja noch einen Wahlgang, um die Nachfolge von Arsène Perroud zu bestimmen. Wird sie da kandidieren? Gut möglich, dass sie versucht, den SP-Sitz im Gemeinderat zu retten. «Ich werde nun ein paar Mal darüber schlafen», sagt Laura Pascolin. Und eben, entmutigen lässt sie sich nicht. --dm
«Sind auf dem richtigen Weg»
Gemeinderatswahlen: Grosse Freude bei der Mitte und Sonja Isler-Rüttimann, neue Gemeinderätin
Das Spitzenresultat geht an die Mitte und an Sonja Isler-Rüttimann. Mit 2508 Stimmen liess sie alle anderen Kandidierenden hinter sich. Auch im Kampf um den Vizeammann liegt sie vorne. Logisch, bei der Mitte ist die Stimmung bestens – und voller Selbstvertrauen.
Daniel Marti
«Wir sind überglücklich», freute sich Stefanie Dietrich, Co-Präsidentin der Mitte. Sonja Isler-Rüttimann übertraf alle. Die Mitte-Kandidatin holte mit 2508 Stimmen das absolute Spitzenresultat, noch vor den beiden Bisherigen. «Das gibt uns einfach ein gutes Gefühl», strahlte Dietrich weiter. «Und es zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir fühlen uns breit abgestützt.»
Diese Sätze und diese Empfindungen konnten nur noch von einer Person getoppt werden. Von Sonja Isler-Rüttimann selbst, souverän verteidigte sie den Mitte-Sitz von Ariane Gregor. «Ich bin total überrascht», strahlte sie. Dass ausgerechnet sie das beste Resultat aller neun Kandidierenden erzielen würde, das konnte sie nicht erwarten. «Das ist das Ergebnis eines Super-Teams», gab sie die Komplimente weiter. Wahlausschuss, Vorstand, Präsidiumskollegin – alle haben für sie gekämpft. «Ich bin ja nur das Gesicht», meinte sie bescheiden. «Ein solches Resultat schafft man ja nicht alleine.»
«Es ist Ehrfurcht»
Sonja Isler-Rüttimann freut sich auf die Arbeit in der neuen Regierung. Sie werde sich so gut wie nur möglich eingliedern. Die Linke fehle zwar aktuell im neuen Gemeinderat, die Ausgeglichenheit leidet da ein wenig. Aber mit dem Kollegialitätsprinzip werde auch das gut funktionieren. Sie werde sich jedenfalls dort einsetzen, wo sie benötigt werde. Wenn es bei der Ressortwahl nach der ungeschriebenen Regel geht, darf sie als Bestgewählte wohl relativ rasch zugreifen. «Aber ich bin völlig offen.» Wobei sich wohl alle im Klaren sind, dass die gewählte Finanzexpertin Claudia Hauri das Ressort Finanzen übernehmen wird.
Die Herausforderungen der Gemeinde Wohlen sind mit dem Wahlsonntag nicht kleiner geworden. Hat sie Respekt davor? «Es ist wohl eher Ehrfurcht, denn es ist doch ein Privileg, in den Gemeinderat gewählt zu werden. Ich freue mich auf diese Aufgabe.» Und an die Herausforderungen wagt sie sich gerne heran. Sie hofft, dass alle mit «frischen Ideen im Gemeinderat mitwirken. So können wir vielleicht zusammen neue Stossrichtungen finden. Bei den Herausforderungen wie Verkehr, Schulraum, Finanzen können wir hoffentlich neue Ansätze erarbeiten.» Gewiss, sie wisse auch, dass dies alles Zeit und Raum braucht. «Wir müssen langfristig neue Wege einschlagen. Zumindest wünsche ich mir das», betont die neue Gemeinderätin.
Sie ist auch bereit, bei der Besetzung des Vizeammanns persönlich neue Wege zu gehen. «Wir hatten noch nie eine Frau Vizeammann», betont sie.
Eine gute Chance für Sonja Isler-Rüttimann. Auch bei dieser Ausmarchung schaffte sie mit 1131 Stimmen das beste Resultat, knapp vor Thomas Geissmann (991 Stimmen). Das Absolute Mehr lag bei 1607 Stimmen. Sie wird jedenfalls zum zweiten Wahlgang antreten. Bei dieser guten Ausgangslage stehen die Chancen nicht schlecht. Und diese Gelegenheit möchte sie unbedingt nützen. Ob Frau Vizeammann oder «nur» Gemeinderätin – Sonja Isler-Rüttimann ist auf dem vorläufigen Polit-Karrierehöhepunkt angelangt. Für den Moment sei das sicher so, erklärt sie.
Zeichen setzen
Vor acht Jahren ist sie mit der Wahl in den Einwohnerrat in die Politik eingestiegen. Da habe sie überhaupt nicht an eine mögliche Wahl in den Gemeinderat gedacht. «Erst mit der Zeit habe ich mir Gedanken in diese Richtung gemacht», gibt sie zu. «Gemeinderat? Das könnte mir Spass machen.» Nun habe sich diese Gelegenheit ergeben. Und nun kann sie ab nächstem Jahr beweisen, dass sie mit neuen Ideen im Gemeinderat Zeichen setzen kann.
«Gestärkt in den nächsten Wahlkampf»
Mit der erfolgreichen Wahl in den Gemeinderat endet dafür ihre Karriere definitiv im Einwohnerrat. Aber dafür nimmt die Partei viel mit vom jetzigen Gemeinderatswahlkampf. «Wir haben einen breit abgestützten Wahlkampf geführt. Uns war der Kontakt zu den Menschen wichtig», so Stefanie Dietrich. Dies wolle man im anstehenden Einwohnerratswahlkampf wiederholen. Mit einer Liste von 18 Kandidierenden geht die Mitte in den Wahlkampf ums Dorfparlament. «Wir gehen gestärkt in den nächsten Wahlkampf», betont Dietrich.
Zurück zum Gemeinderat. Dort erhofft sich die Co-Präsidentin, dass die neue Regierung kräftig anpacken wird. «Und hoffentlich legt der neue Gemeindeammann seinen Fokus auf die Politik und nicht auf seinen Beruf. Wir fordern vom neuen Gemeindeammann, dass er Vollgas geben wird.» Am liebsten mit einer Frau Vizeammann von der Mitte an seiner Seite.