«Das bleibt fürs Leben»
16.08.2025 Sport, FussballFC Wohlen: Macht es wie 2017
Schweizer Cup: Vor dem Cup-Kracher zwischen Wohlen und Aarau werden Erinnerungen wach
Der FC Wohlen empfängt am Samstag (19.30 Uhr) den FC Aarau. Die Rollen sind verteilt. Man hofft auf eine ...
FC Wohlen: Macht es wie 2017
Schweizer Cup: Vor dem Cup-Kracher zwischen Wohlen und Aarau werden Erinnerungen wach
Der FC Wohlen empfängt am Samstag (19.30 Uhr) den FC Aarau. Die Rollen sind verteilt. Man hofft auf eine Sensation.
Stefan Sprenger
«Der FC Aarau hat nicht den Stich einer Chance. Wir haben unglaublich solidarisch gespielt und uns diesen Sieg und diesen historischen Erfolg des FC Wohlen hoch verdient.» Diese Worte würde der FC Wohlen gerne nach der Partie im Schweizer Cup am Samstag (19.30 Uhr) lesen. Sie stammen von Alain Schultz, der damit den 3:0-Erfolg der Freiämter im April 2017 im Brügglifeld beschreibt. Damals steht er auf dem Platz, heute ist er FC-Muri-Trainer – aber nach wie vor mit dem FCW verbunden. Jenes 3:0 damals ist der einzige Vollerfolg der Wohler in der Geschichte dieses Kantonsderbys. Aktuell deutet alles darauf hin, dass es auch nach dem Cupspiel am Samstag bei diesem einen Sieg bleibt.
Aarau in Topform – und Wohlen?
Die Aarauer sind in Topform. Drei Spiele. Drei Siege. Zuletzt am Mittwochabend gegen Bellinzona (1:0). Die Aarauer sind Tabellenführer in der Challenge League. Es ist der beste Saisonstart seit 2008.
Der FC Wohlen hat nach einer durchzogenen Vorbereitung mit vielen verletzten und abwesenden Spielern das erste Spiel gegen Schötz mit 0:2 verloren. Das Selbstvertrauen könnte vor dem Duell gegen den grossen Bruder besser sein. «Man weiss nie, wie es rauskommt. Genau deshalb lieben wir doch den Fussball», sagt Alain Schultz, der schon für beide Teams spielte.
Schweizer Cup: Francesco Gabriele ist der einzige FC-Wohlen-Trainer, der den FC Aarau besiegte
22. April 2017. Nach 15 Anläufen (elf Pleiten, vier Unentschieden) schafft der FC Wohlen endlich den ersten Derbysieg gegen den FC Aarau. Der Trainer heisst Francesco Gabriele, der heute beim Verband für die Nachwuchsnationalteams zuständig ist. Gabriele – und der damalige Doppeltorschütze Janko Pacar – erinnern sich an damals.
Stefan Sprenger
«Ich habe mir das Datum nicht auf den Arm tätowiert», sagt Francesco Gabriele lachend. Der 22. April 2017 ist für ihn dennoch sehr besonders. «Dieser Sieg bleibt ein Leben lang», sagt der 48-Jährige. Wenige Monate zuvor verliert Wohlen gegen Aarau 0:1 (auswärts) und 1:2 (zu Hause). «In beiden Spielen waren wir besser – und haben dennoch unverdient verloren», erinnert sich Gabriele.
«Jetzt hauen wir Aarau weg»
An jenem 22. April 2017 ist es anders. Der damalige FC-Wohlen-Präsident Lucien Tschachtli sagt im Vorfeld der Challenge-League-Partie: «Jetzt hauen wir Aarau weg.» Im Brügglifeld sind 3000 Zuschauer dabei – und sie sehen, wie in der 28. Minute Alain Schultz einen perfekten Pass auf Janko Pacar spielt, der zum 1:0 trifft. In der 37. Minute wird Nils von Niederhäusern im Strafraum gefällt. Pacar tritt an. Wieder Tor. 2:0. Nach der Pause trifft Noah Loosli (heute in der 2. Bundesliga beim VfL Bochum) zum entscheidenden 3:0. «Ich hab es ja gesagt. Wir haben sie weggehauen», sagt Tschachtli. Ein historischer Sieg. Bis heute der einzige Vollerfolg gegen Aarau.
Doppeltorschütze Janko Pacar ist heute 34 Jahre alt, lebt und arbeitet im Raum Luzern, trainiert zudem die U14 des FC Luzern. Er kann sich noch an jenes Spiel und seine Tore bestens erinnern: «Zwei Tore innert knapp 10 Minuten gegen Aarau. Ein einzigartiger Sieg. Wenn ich daran zurückdenke, spüre ich heute noch die Freude. Wir waren damals eine tolle Truppe. Vorstand, Staff, Spieler. Und jener Sieg im Brügglifeld ein verdientes Highlight.»
«Ein wenig Wehmut»
FCW-Trainer Francesco Gabriele äussert sich damals nach dem Spiel nicht riesig. Er sagt, die Bühne gehöre den Spielern. Er sagt aber aus vollem Herzen: «Ich bin stolz auf diese Mannschaft – sie sind einzigartig.» Wenn er heute an diese Zeit zurückdenkt, dann hat Gabriele ein wohliges Gefühl. «Die Zeit in Wohlen löst in mir nur positive Emotionen aus. Mit der Vereinsführung hatte ich stets ein intensives und gutes Verhältnis, das Team besass einen starken Mix. Es hatte Routiniers mit Biss, wie Alain Schultz oder Florian Stahel. Es hatte aber auch junge Spieler, die riesigen Einsatz gaben und es danach noch in höhere Ligen schafften, wie Noah Loosli oder Miguel Castromann.» Gabriele habe fast «ein wenig Wehmut», wenn er zurückschaut, «denn es ist schade, dass der FC Wohlen nicht mehr in der Challenge League spielt». Besonders, weil junge Spieler immer viel Spielzeit erhielten und gezielt gefördert wurden.
Wichtige Arbeit beim SFV
Etwas, was er nach seiner Zeit bei Wohlen noch viel intensiver tut. Nach seinem Engagement in den Niedermatten wird er Trainer der U-Nationalteams (U18, U19 und U20). Während der Coronapandemie wird beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) vieles im Nachwuchsbereich neu aufgegleist. Ab Sommer 2020 ist Gabriele der «Head of men’s U-Nationalteams» – also der Koordinator der Nachwuchsnationalteams und rechte Hand von Nationalteam-Direktor Pierluigi Tami beim SFV. Diesen Job hat Gabriele bis heute – zudem ist er Trainer der U16-Nati. «Ich bin verantwortlich für die U-Nationalteams von der U15 bis zur U21. Es ist ein Job, der mir sehr gut gefällt», erklärt Gabriele. In seiner Zeit in Wohlen zeigte er, dass er ein sehr akribischer und detailverliebter Trainer ist. Jene Eigenschaften helfen ihm auch heute bei seinem vielseitigen Job. Denn er wirkt bei mehreren Projekten mit, führt und begleitet die Trainer und steht als Trainer der U16 dennoch auf dem Platz. «Im Klubfussball wäre dies alles nicht möglich. Ich bin dankbar für diesen tollen Job.»
Apropos: Was ist mit Alessandro Vogt?
Übrigens: Aus dem Freiamt kommt aktuell ein junger Spieler, der in der Super League ziemlich von sich reden macht. Alessandro Vogt vom Tabellenführer FC St. Gallen. Der Wohler gibt erst sein Startelf-Debüt, erzielt im zweiten Spiel gegen Servette sein erstes Tor – und traf zuletzt gegen Winterthur doppelt (und gab zudem einen Assist). Er ist der Shootingstar im Schweizer Fussball. Und der 20-Jährige aus Wohlen spielte noch nie für die U-Nationalmannschaft. Ein Thema? Was sagt der Sportkoordinator des SFV? «Es freut uns sehr, dass er so eine Entwicklung hingelegt hat. Er spielt befreit auf, erarbeitet sich das Wettkampfglück. Ein Stürmer in solch guter Form haben wir natürlich auf dem Radar. Wir sind im Austausch», sagt Gabriele. Gut möglich also, dass Vogt vielleicht bald für die U21-Nati auflaufen könnte (in zwei Wochen folgt das Aufgebot für das EM-Qualifikationsspiel im September).
Gabriele, der mit seiner Familie nach wie vor im Raum Solothurn wohnt, wird am Samstag mitverfolgen, wie sich der FC Wohlen im neuerlichen Duell gegen den FC Aarau schlägt. Die Vorzeichen sind 2025 etwas anders als im Jahr 2017.
«Vielleicht wiederholt sich die Geschichte»
Wohlen spielt in der 1. Liga classic. Aarau in der Challenge League. Amateure gegen Profis. «Die Schere geht auseinander. Aber dennoch hat Wohlen eine Chance», erklärt Gabriele und nennt den FC Biel aus der Promotion League als Beispiel. «Biel schaffte es in der letzten Saison bis in den Cupfinal. Mit Emotionen kann man etwas bewegen. Es sind 90 Minuten, vielleicht 120. Und es ist keine ganze Meisterschaft. Wohlen muss mit vollem Herz und Leidenschaft auftreten. Wenn es dennoch nicht zum Sieg reicht, dann gibt es dafür ein Cupfest und ein gutes Spiel – und man kann am Ende sowieso stolz sein», so Gabriele. So stolz, wie er am 22. April 2017 war. Bis heute ist Gabriele der einzige Wohlen-Trainer, der mit seinem Team den FC Aarau schlug. «Damals war es sehr emotional. Wir besiegten den grossen Aargauer Bruder. Endlich. Wer weiss, vielleicht wiederholt sich die Geschichte jetzt.»