Das alte Hägglingen erkundet
26.09.2025 Beinwil/Freiamt, Region Unterfreiamt, VereineAargauer Sektion des Vereins Domus Antiqua Helvetica traf sich im Freiamt
Der Verein Domus Antiqua Helvetica setzt sich für die Erhaltung und die Wertschätzung historischer Wohnbauten ein. Im Dorf am Maiengrün gab es viel Interessantes zu sehen und zu ...
Aargauer Sektion des Vereins Domus Antiqua Helvetica traf sich im Freiamt
Der Verein Domus Antiqua Helvetica setzt sich für die Erhaltung und die Wertschätzung historischer Wohnbauten ein. Im Dorf am Maiengrün gab es viel Interessantes zu sehen und zu hören.
Die Sektion Aargau des Vereins Domus Antiqua Helvetica hielt ihren diesjährigen Herbstbott in Hägglingen ab. Nach einem kurzen Willkommensapéro stand ein Rundgang durch den historischen Dorfkern auf dem Programm, der den Mitgliedern spannende Einblicke in die Geschichte und den Erhalt alter Bausubstanz bot, sowie die Besichtigung der katholischen Pfarrkirche St. Michael.
Im Zentrum vieler Erzählungen stand Bauunternehmer René Landolt. Vor 53 Jahren ist er von Zürich nach Hägglingen gezogen, weil er sich zwischen einem Alfa Romeo oder einem abbruchreifen Objekt – dem Böri-Haus (erbaut 1672) entscheiden musste. Glücklicherweise hat er sich für die Liegenschaft entschieden, die er liebevoll renovierte und so den Virus einfing, den alle Domus-Mitglieder in sich haben: historische Liegenschaften für die Nachwelt zu erhalten.
Vor 31 Jahren begann René Landolt, in Hägglingen mit umfangreichen Bauarbeiten tätig zu werden. Sein erster Auftrag war die Renovation eines Bauernhauses von 1802 an der Poststrasse. Dabei wurden eine Auskernung und Fassadenausfachungen durchgeführt, sodass die historische Fassade bewahrt, das Innere jedoch zeitgemäss neu aufgebaut werden konnte. Bald folgte das benachbarte, im Dorf als «violettes Haus» oder «s’Türmli» bekannte Gebäude von 1838. Ursprünglich als Strohfabrik genutzt, wurde es vollständig ausgekernt und zu einem Wohnhaus mit Praxisräumen umgebaut. Auch das angrenzende Dubach-Haus war einst Bauernhaus, Strohfaktorei und Bäckerei, bevor es neue Funktionen – Wohnhaus und Restaurant – erhielt.
Ganz viele Schmuckstücke
Ein weiteres Schmuckstück ist das dreigeschossige, quadratische Pfarrhaus, das bereits 1744 urkundlich erwähnt wird. Nach Renovationen 1954 und 2020 erstrahlt es heute wieder in alter Pracht. Besonders der von Mauern umgebene Pfarrgarten beeindruckt – er bietet einen stimmungsvollen Rahmen für verschiedene Anlässe. Im Pfarrhaus ist heute das Sekretariat der Kirchgemeinde untergebracht.
Auch die jüngere Baugeschichte fand Beachtung: Der alte Volg-Laden von 1953 wurde abgebrochen und 2024 durch einen Neubau ersetzt. Gleich gegenüber konnte das alte Postgebäude im vergangenen Jahr mit viel Herzblut und Sorgfalt renoviert werden. Nebenan steht der «Wilde Mann», dessen historische Fassade weitgehend erhalten blieb, ergänzt durch einen Neubau, der sich harmonisch ins Dorfbild einfügt.
Ein weiterer Höhepunkt des Rundgangs war die Besichtigung der katholischen Kirche St. Michael. Denkmalpfleger Reto Nussbaumer führte die Gruppe durch das Gotteshaus und erläuterte die spätgotischen Fresken im Chor. Diese eindrucksvollen Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert, kurz nach dem Bau des Turms entstanden, wurden 1951 wiederentdeckt und zählen heute zu den bedeutenden Kulturgütern des Dorfes. Besondere Beachtung fand auch der Kirchenschatz von Hägglingen. Die grossartige Monstranz, kunstvoll gearbeitet und von hohem liturgischem wie kunsthistorischem Wert, zeugt von der langen kirchlichen Tradition des Ortes und beeindruckte die Besucherinnen und Besucher gleichermassen. Esther Imbach erläutert anschaulich den praktischen Umgang mit der Monstranz und zeigt, wie die Hostie behutsam in das kunstvoll gestaltete Gefäss eingesetzt wird.
Konzert zur Einstimmung
Bereits vor dem Rundgang wurden die Gäste mit einem Willkommenskonzert auf der Kirchenorgel von Organist Kurt Seiler verwöhnt. Den stimmungsvollen Abschluss fand der Herbstbott im schönen Ristorante Luca im Dubach-Haus, wo bei einem feinen Apéro Raum blieb für die Freude, die Vereinsmitglieder wiederzusehen, sich auszutauschen über Persönliches, über historische Häuser, Renovationen und die kulturelle Bedeutung des Dorfes Hägglingen.
Hägglingen – zum Leben gern
Domus Antiqua Helvetica ist ein schweizerischer Verein, der sich für den Erhalt, die Restaurierung und Nutzung historischer Wohnbauten einsetzt. Er bringt Eigentümerinnen und Eigentümer alter Häuser, Fachleute (Architekten, Handwerker, Denkmalpfleger) und Interessierte zusammen. Und Hägglingen – mit Bauunternehmer René Landolt und Denkmalpfleger Reto Nussbaumer als fachkundige Begleiter – erwies sich als idealer Gastgeber für diesen gelungenen Anlass. Zum Abschluss erinnerte Landolt daran, dass der alte Hägglinger Dorfkern seit 1994 bis heute von vielen Handwerksbetrieben aus Hägglingen und Umgebung mit viel Können und Herzblut renoviert und durch neue Bauten ergänzt wurde, die sich harmonisch ins Bild einfügen. «Nach 31 Jahren darf ‹Mann› (mit starker Frau im Rücken) bescheiden sagen: Ja, Hägglingen – zum Leben gern! Dazu ein ganz grosses Dankeschön an die vielen Beteiligten», so Landolt. --zg