Überraschende Entlassung
28.11.2025 Sport, FussballSportchef muss gehen
FC Wohlen entlässt Carmine Viceconte
Carmine Viceconte ist nicht mehr Teil der sportlichen Führung des FC Wohlen. In der Mitteilung des Vereins heisst es: «Viceconte wird seine Funktion als Sportkoordinator vorzeitig ...
Sportchef muss gehen
FC Wohlen entlässt Carmine Viceconte
Carmine Viceconte ist nicht mehr Teil der sportlichen Führung des FC Wohlen. In der Mitteilung des Vereins heisst es: «Viceconte wird seine Funktion als Sportkoordinator vorzeitig beenden.» Wahrheit ist aber, dass man das FCW-Urgestein entlassen hat. «Die Kündigung wurde vom FCW ausgesprochen und nicht umgekehrt», so Viceconte. Seine Entlassung scheint ein verlorener Machtkampf zu sein. --spr
Der FC Wohlen trennt sich per sofort von Sportchef Carmine Viceconte
Er wollte Veränderung und einen Wandel im Spitzenbereich des FC Wohlen. Nun ist Carmine Viceconte sein Amt als Sportchef los. Es scheint, als habe er einen internen Machtkampf verloren.
Stefan Sprenger, Josip Lasic
Schweigen hier, Schweigen da. Beim FC Wohlen will sich kaum jemand genau äussern zur Entlassung von Sportchef Carmine Viceconte, der am Mittwochabend darüber informiert wurde, dass er sein Amt los ist. Viceconte selbst will keine dreckige Wäsche waschen und äussert sich ebenfalls nur spärlich: «Ich habe viele Nachrichten und Anrufe von Leuten des FC Wohlen und des Umfelds erhalten. Alle bedauern den Entscheid. Dies zeigt, dass ich meinen Job nicht so schlecht erledigt haben kann.» Ansonsten will Viceconte – der weiterhin als G-Junioren-Trainer amten wird – nichts sagen. Ausser: «Die Kündigung wurde vom FC Wohlen ausgesprochen und nicht umgekehrt.» Dies ist insofern wichtig, weil in der Medienmitteilung des FCW folgende Zeilen stehen: «Carmine Viceconte beendet seine Tätigkeit als Sportkoordinator beim FCW. Er wird seine Funktion beim FC Wohlen vorzeitig beenden, der bestehende Vertrag wird entsprechend zeitnah aufgelöst.» Fakt ist aber: Er wurde rausgeworfen.
«Jederzeit zur Verfügung» – oder eben nicht
In jener Mitteilung wird am Ende auf drei Leute verwiesen, «die für Rückfragen jederzeit zur Verfügung stehen». Es sind dies die beiden Co-Präsidenten Jürgen Frömberg und Marcel Amrein – und Gregorio Trovato, der nun wieder allein an der sportlichen Führung ist. Trovato sagt: «Ich möchte mich nicht dazu äussern.» Amrein ist beruflich eingespannt und hat keine Zeit. Jürgen Frömberg rettet sich in diplomatische Äusserungen, sagt, dass «gewisse Vorstellungen von Viceconte sehr positiv sind, aber diese widerspiegeln nicht die gemeinsame Meinung des Vorstandes».
Carmine Viceconte – 2002 mit dem FC Wohlen in die NLB aufgestiegen und ein Fussballkenner – wollte einen Wandel. Er wollte Veränderung, mehr Struktur und Konzept in den Spitzenfussball des FC Wohlen bringen. Dies hat er in der Vergangenheit auch immer wieder betont. Er hatte Visionen bezüglich 1. und 2. Mannschaft – sowie der A-Junioren. In der Medienmitteilung werden diese Vorstellungen als «kreative Ideen und positive Impulse» bezeichnet. Er habe auch schon «Schritte in die Wege geleitet, die den FC Wohlen künftig noch ein wenig besser machen sollen und werden», wie es weiter heisst.
Info an das Team per Whatsapp
Und er hat in den letzten Wochen und Tagen auch die Trainerfrage gestellt. Jene Frage wurde im Vorstand logischerweise intensiv diskutiert und man war sich uneinig, wie die Zukunft aussieht. Der Erfolg im letzten Vorrundenspiel (2:0 gegen Bassecourt) und die nach wie vor zugespitzte finanzielle Situation sorgten anscheinend für die Erkenntnis, dass Piu Trainer bleibt. Als Erklärung: Piu hat einen Vertrag bis Sommer 2026, somit hätte der FCW auch bei einer Entlassung sein Salär weiterhin bezahlen müssen und zusätzlich den allfälligen neuen Trainer.
Es ist eine emotionale Angelegenheit. Piu, Co-Trainer Ivano Rizzo und die sportliche Leitung um Carmine Viceconte und Gregorio Trovato sind alles FCW-Urgesteine. Es gibt Unmut. Es entwickelt sich immer mehr Richtung Machtkampf zwischen Viceconte und Trovato. Der Vorstand schreitet ein, bekennt sich zu Trovato und gegen Viceconte. In einer ausserordentlichen Sitzung am Mittwochabend wird entschieden, dass Viceconte aus seinem Amt als Sportchef entlassen wird. Am nächsten Tag wird auch das Team per Whatsapp-Chat von Trovato informiert. Kurz und knapp (und sinngemäss) wiedergegeben: «Es wurde entschieden, dass wir uns vom Sportchef per sofort trennen.»
Was sagen Spieler und Trainer?
Bei den Spielern löst der Entscheid natürlich auch Emotionen aus. Doch auch sie geben sich wortkarg. Bijan Dalvand ist «überrascht und erstaunt» über den Entscheid. Michael Weber gibt sich diplomatisch und meint: «Viceconte ist neben Trainer Piu wohl der Hauptgrund, wieso ich zum FC Wohlen kam. Der Entscheid ist für mich sehr überraschend.» Captain Alban Pnishi meint: «Es ist schade, wenn jemand, mit dem wir gemeinsam den Weg eingeschlagen haben, nun nicht mehr dabei ist. Viceconte hat dieses Team zu einem grossen Teil zusammengestellt.» Ebenso erstaunt ist Trainer Piu. Am Montag gab es eine Sitzung mit der sportlichen Leitung, dem Trainerteam und Vorstandsmitgliedern, wie er erzählt. Dabei wurde die Vorrunde analysiert, auch die negativen Dinge angesprochen. «Wir haben uns ausgesprochen», sagt Piu. Man wollte voller Elan im neuen Jahr angreifen. Nun ist Viceconte nicht mehr dabei. «Dass er nun nicht mehr Sportchef ist, hat mich ebenfalls sehr überrascht», sagt Piu.
«Diese sollen intern bleiben»
Viceconte, der die aktuelle Mannschaft zu einem grossen Teil zusammenstellte, dachte auch schon in die Zukunft. Vergebens. «Nun übernimmt Gregorio Trovato wieder vollumfänglich den Bereich Sport», wie es in der Mitteilung des FC Wohlen heisst. Co-Präsident Frömberg meint weiter: «Über gewisse Dinge können wir im Detail nicht Auskunft geben, diese sollen intern bleiben.»
In der Medienmitteilung, die einer kleinen Lobeshymne auf Viceconte gleichkommt, wird im Mittelteil versucht, zu erklären, wieso es zum Bruch kam. «Wir haben feststellen müssen, dass wir nicht immer dieselben Vorstellungen über manche Punkte in Bezug auf die Entwicklung des Vereins haben beziehungsweise wir auch uns nicht in der Lage fühlen, gewisse Themen in der Geschwindigkeit umsetzen zu können, wie er (Viceconte, Anm. der Redaktion) sich das vorstellt. Nach wie vor ist und bleibt die finanzielle Situation angespannt und wir sind alle bemüht, die Kosten im Griff zu behalten, damit wir kein weiteres Jahr mit einem Defizit abschliessen müssen. Damit befinden wir uns aktuell auf gutem Wege.» Frömberg sagt, «dass Veränderungen auch finanzielle Konsequenzen haben». Ob es dabei um die Trainerfrage geht, ist spekulativ.
Dass Viceconte gehen muss, sei «kein Entscheid, der spontan geschehen ist, sondern sich entwickelt hat». Wieso man Viceconte – ziemlich spontan – am Mittwochabend die Entlassung bekannt gibt (dies, nachdem man in den letzten Tagen mehrere gemeinsame Sitzungen hatte), konnte Frömberg – immerhin der Einzige, der öffentlich redet – nicht genauer erläutern. Sicher ist: Mit Viceconte verliert der FCW einen emsigen Schaffer mit FCW-Herz.


