AUS DEM GROSSEN RAT
12.05.2023 Kelleramt, Kolumne, Oberlunkhofen, MeinungenChristoph Hagenbuch, SVP, Oberlunkhofen.
Verschärfungen bei der Einbürgerung
Der Grosse Rat hatte einer Person letztes Jahr die Einbürgerung verweigert, weil diese während des ...
Christoph Hagenbuch, SVP, Oberlunkhofen.
Verschärfungen bei der Einbürgerung
Der Grosse Rat hatte einer Person letztes Jahr die Einbürgerung verweigert, weil diese während des Einbürgerungsverfahrens mehrere Diebstähle begangen hatte. Die Deliktsummen der Diebstähle beliefen sich dabei auf jeweils weniger als 30 Franken, weshalb die Diebstähle rechtlich gesehen nicht als Vergehen, sondern als Übertretung klassiert werden. Unter anderem deshalb hat das Verwaltungsgericht im Nachgang diese Person gegen den Willen des Grossen Rats trotzdem eingebürgert. Als ob sich ein Dieb vor dem Diebstahl überlegt, ob er Diebesgut für weniger oder mehr als 300 Franken pro Tat klauen will. Für die Mehrheit des Grossen Rates war am Dienstag klar: Diebstahl ist und bleibt Diebstahl, und dies unabhängig von der Höhe der Deliktsumme. Er hat deshalb entschieden, dass zukünftig auch eine Übertretung, also beispielsweise eben auch Diebstähle unter 300 Franken, ein Ausschlusskriterium für eine Einbürgerung sein wird.
Eine Motion der SVP, welche gute Deutschkenntnisse als Voraussetzung für die Einbürgerung gefordert hatte, wurde ebenfalls knapp angenommen. Das von der SVP für die Einbürgerung geforderte Sprachniveau erlaubt, dass die einzubürgernde Person «sich spontan und fliessend verständigen kann, sodass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne grössere Anstrengungen auf beiden Seiten möglich ist». Die Ratslinke und Teile der Mitte haben die Forderung mit abenteuerlichen Begründungen abgelehnt, unter anderem weil sie frauenfeindlich sein soll. Wenn man Schweizer Pässe am liebsten einfach verschenken möchte, dann ist einem offensichtlich jedes Argument recht.
Mit etwas Abstand fragt man sich, weshalb der Grosse Rat derart emotional und lange über kleine Veränderungen beim Einbürgerungsverfahren diskutiert und weshalb nun plötzlich wieder Mehrheiten für Verschärfungen möglich sind? Die Antwort liegt auf der Hand: Vor allem Politiker interessieren sich für Politik. Menschen interessieren sich für ihre Alltagssorgen. Verstopfte Strassen, Stau, Wohnungsnotstand. Ein steigender Anteil der Bevölkerung hat Angst oder zumindest Respekt vor den Herausforderungen der Integration und den negativen Auswirkungen der Bevölkerungszunahme. Im Jahr 2022 sind fast 190 000 Personen in die Schweiz zugewandert (davon fast 100 000 Asylanten). In den vergangenen 10 Jahren hat die Schweiz im Schnitt pro Jahr fast 40 000 Personen eingebürgert. Das ist drei- bis viermal so viel, wie unsere Nachbarländer im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl einbürgern. Da fragen sich nicht nur SVP-Wähler, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Und was macht der Stimmbürger, wenn ihm unwohl ist? Er spricht mit den Politikern seines Vertrauens über seine Bedenken. So verändert die Lebenswirklichkeit der Stimmbürger die Mehrheitsverhältnisse im Grossen Rat.
Für die SVP, die sich immer schon für eine massvolle Zuwanderung und strenge Einbürgerungskriterien eingesetzt hat, bleibt zu hoffen, dass sich FDP und Mitte-Politiker auch nach den Wahlen im Herbst noch an die Abstimmung vom letzten Dienstag erinnern werden.