An vielen Stellschrauben drehen
30.06.2023Gemeinderat präsentiert Standortstrategie Schulraumplanung: Vier neue, kleinere Schulhäuser im Mittelpunkt
Trotz aktueller Erweiterung Halde braucht es in Wohlen weiteren Schulraum. Mit vier kleineren Schulhäusern für Kindergarten sowie für erste ...
Gemeinderat präsentiert Standortstrategie Schulraumplanung: Vier neue, kleinere Schulhäuser im Mittelpunkt
Trotz aktueller Erweiterung Halde braucht es in Wohlen weiteren Schulraum. Mit vier kleineren Schulhäusern für Kindergarten sowie für erste und zweite Klasse will der Gemeinderat sämtliche Probleme lösen und dem Lehrplan21 gerecht werden. Mit der neuen Standortstrategie werden die Weichen entscheidend gestellt.
Daniel Marti
«Der fehlende Schulraum ist ein grosses Thema und eine wesentliche Aufgabe der Gemeinde.» Ein Satz von Gemeindeammann Arsène Perroud. Und eine klare Ansage. Mit der Standortstrategie Schulraumplanung wird der Fokus auf die nächsten fünfzehn Jahre gelegt. In Sachen Schulraum wird sich die Ausgangslage bis dann weiterhin massiv verschärfen. «Deshalb braucht es jetzt einen Gesamtblick», so Perroud weiter.
Grosse Dynamik, grosse Herausforderung
Mit dem Lehrplan 21 verändert sich die Bildungslandschaft – der Kindergarten rückt definitiv in die Volksschule. Mit dem steten Wachstum der Bevölkerung wachsen auch die Schülerzahlen. Die bestehenden Schulanlagen, vor allem auch die Kindergärten, weisen einen grossen Sanierungsbedarf auf. Viele der Kindergärten gehören zudem dem Gemeinnützigen Ortsverein (GOV). «Das hat alles Auswirkungen auf die Anlagen», folgert Perroud. Der Druck sei massiv. Eine neue Strategie daher zwingend.
Die Bevölkerungszahl wird innert zehn Jahren ein Plus von 15 Prozent aufweisen, im Bezirk Bremgarten wird bis 2050 ein Plus von 37Prozent prognostiziert, und Wohlen liegt in der Regel genau im Durchschnitt des Bezirks. «Wir legen den Fokus auf die Entwicklung bis zu den Jahren 2035 oder gar 2040», sagt Ariane Gregor, Verantwortliche Ressort Schule. Bautätigkeit und Wachstum seien beträchtlich, «das ergibt eine grosse Dynamik und wir stehen vor grossen Herausforderungen».
Schülerzahl bald gegen 3000
Und nun liegen die Prognosen auf dem Tisch: Es wird für die kommenden 15Jahre ein Wachstum der Schülerzahlen von gegenwärtig 2400 auf 2900 erwartet. Die Klassenzahlen werden in diesem Zeitraum von 123 auf 153 steigen, also plus 30 Abteilungen. Bereits für das Schuljahr 2023/2024 wird ein Sprung erwartet. «Wir sind gefordert», warnt Gregor.
Diese starke Zunahme kann durch die bestehenden drei Schulzentren nicht mehr abgedeckt werden. Das Schulzentrum Halde ist zudem nach dem Ausbau und nach der Wiedereröffnung im August 2026 komplett. Junkholz und Bünzmatt sind bald ausgereizt. Einzig im Zentrum Bünzmatt sind noch kleinere Optimierungen umsetzbar.
Vier mögliche Szenarien wurden geprüft. Grosse, nicht kindergerechte Zentren wurden dabei verworfen, somit auch der weitere Ausbau der bestehenden Zentren. Deshalb hatte auch ein neues grosses Schulzentrum Süd kaum eine Chance. Ein viertes grosses Schulzentrum, voraussichtlich im Farn, ist somit vom Tisch.
Dies schwebte seit der Bünzmatt-III-Diskussion vor über 20 Jahren irgendwie immer in den Gedanken herum.
Bestvariante mit vier kleinen, neuen Standorten
Zur Bestvariante. Mit neuen, kleineren Zyklus-1-Standorten zusätzlich zu den drei Standorten Bünzmatt, Halde, Junkholz soll die gesamte Problematik gelöst werden. Im Zyklus 1 werden Kindergärten, Unterstufe der Primarschule und Einschulungsklassen zusammengefasst. Diese (Zyklus-)Orientierung eröffnet neue Chancen und die Kinder rücken näher zusammen. Mit diesen neuen Standorten lässt sich das Wachstum gestaffelt abdecken, zudem können die Kindergärten sukzessive aufgelöst und in die neuen Standorte integriert werden. Die Zyklus-1-Standorte erhalten mit 9 bis 13 Abteilungen eine überschaubare Grösse.
Die drei bestehenden Schulzentren Bünzmatt, Halde und Junkholz werden mit den Zyklen 2 (Mittelstufe) und 3 (Oberstufe) weitergeführt. Durch den Wegzug der Jüngeren (erste und zweite Klasse) zu den neuen Zyklus-1-Standorten wird weiterer Raum geschaffen.
«Der Sanierungsbedarf bei den Kindergärten ist gross. Mit der neuen Strategie wird auch dieser Aspekt berücksichtigt», betont Perroud. Nur, was macht der Gemeinnützige Ortsverein mit seiner Kindergarten-Infrastruktur? (Siehe separaten Artikel.) Die neue Schulraumstrategie berücksichtigt auch die Wohler Gebiete mit grosser Bevölkerungsdichte wie beispielsweise Wilerzelg, Litzibuech und Bifang.
Unter Zeitdruck die Flächen sichern
Weil die Zahlen der Klassen stetig nach oben zeigen, drängt die Zeit. Auf das Schuljahr 2025/2026 hin soll beim Bünzmatt-Zentrum der erste Zyklus-1-Standort mit 13 neuen Abteilungen realisiert sein (siehe Kasten). Sieben Schulabteilungen sowie die Kindergärten Aesch, Litzibuech und Sorenbühlweg sollen in diesem kleineren neuen Schulhaus Unterschlupf finden. «Das ist die Zielsetzung Stand heute», bestätigt der Gemeindeammann, «und das ist ein anspruchsvoller Zeitplan.»
Wer in knapp zwei Jahren ein kleineres Schulhaus dem Betrieb übergeben will, der braucht heute schon den gesicherten Platz. «Das wäre der Idealzustand», so Perroud weiter. «Vieles steht und fällt mit der Flächensicherung.» Beim Umsetzungsstart im Bünzmatt werden «zurzeit diverse mögliche Standorte geprüft». Und ja, das bestehende Bünzmatt-Areal sei eine Option. Allerdings möchte man eine klare Trennung zum jetzigen Schulzentrum.
«Bei jedem Standort haben wir eine unterschiedliche Ausgangslage», erklärt Perroud weiter, «es gibt ganz viele Stellschrauben, wir müssen flexibel sein und auf veränderte Situationen reagieren können.»
Für 2026/2027 ist der nächste Zyklus-1-Standort im Gebiet Junkholz vorgesehen, im Gebiet Farn im Jahr 2030/2031 wird die Revision der Bauund Nutzungsordnung mithelfen müssen. Danach gibt es eine leichte Entspannung: Erst im Schuljahr 2037/2038 ist im Umfeld des Zentrums Halde die Realisation eines Zyklus-1-Standortes angedacht. Nicht zu vergessen die grundsätzlichen Sanierungen im Junkholz (2028 bis 2031) und im Bünzmatt (2030 bis 2032). «Anpassungen sind immer vorbehalten», ist sich Gemeindeammann Perroud bewusst, «aber wir haben es mit einer ganz grossen Dynamik zu tun.»
Auf Reaktionen gespannt
Auch Gemeinderätin Ariane Gregor will nichts überstürzen: «Wir gehen Schritt für Schritt voran.» Man wolle häppchenweise vorwärtsgehen, sagt auch der Gemeindeammann, und es müsse immer Spielraum geben. Mit der Präsentation der Strategie ist die erste Spannung etwas abgefallen. Die nächste folgt zugleich. «Nun sind wir gespannt auf das politische Feedback», sagt der Gemeindeammann.
Risiko gibt es
Der Einwohnerrat bekommt die Strategie zur Kenntnisnahme. Jedes einzelne neue, kleine Schulhaus wird das Parlament behandeln dürfen. Und da würde wohl das erste Nein das Ende der Strategie bedeuten. «Dieses politische Risiko gibt es», betont Perroud. Aber Gemeinderat und Schulleitungen sind überzeugt, dass der eingeschlagene Weg der beste ist – vor allem für die Kinder.
Darum will Arsène Perroud keine Zeit verlieren: Es gilt nun, die Standorte für die Zyklus-1-Schulhäuser zu finden. Und das muss in der Nähe des Bünzmatt und des Junkholz sehr schnell geschehen – nur so kann die neue Strategie einigermassen dynamisch aus den Startpflöcken kommen.
Sonderfall Anglikon
Das Quartierschulhaus Anglikon, angeschlossen am Schulzentrum Bünzmatt, bleibt eine Art Sonderfall. Der Kindergaren Wohlermatte wird in das Schulhaus Anglikon integriert. Dazu ist jedoch eine Erweiterung nötig. Am Standort Anglikon werden künftig die Kinder bis und mit vierte Klasse unterrichtet. Das entspricht dem Beschluss des Einwohnerrates vom November 2021 betreffend Schulraumprovisorium.
Im aktuellen Finanzplan sind für die Schulraumerweiterung in Anglikon 4,5 Millionen Franken vorgesehen. Die Projektierung soll in den Jahren 2027 und 2028 mit total 400 000 Franken erfolgen. Die Realisation ist für die Jahre 2029 bis 2031 mit total 4,1 Millionen Franken vorgesehen. --dm