Alles andere als austauschbar
19.09.2025 MuriMit dem Duo Lapsus startete die Cabarena-Saison – Ruth und Balz Käppeli erzählen
Vier Kleinkunst-Abende. Je eine Schülervorstellung. Am Cabarena-Konzept hat sich seit dessen Lancierung vor 28 Jahren nichts verändert. «Es ist eine Art ...
Mit dem Duo Lapsus startete die Cabarena-Saison – Ruth und Balz Käppeli erzählen
Vier Kleinkunst-Abende. Je eine Schülervorstellung. Am Cabarena-Konzept hat sich seit dessen Lancierung vor 28 Jahren nichts verändert. «Es ist eine Art Kulturförderung», sagt Balz Käppeli, der mit seiner Frau Ruth seit 2013 das Cabarena leitet. In zwei Jahren geben sie diese Aufgabe weiter.
Annemarie Keusch
Das Publikum grölt, klatscht in die Hände. Und fast kein Platz bleibt frei. Mit dem Duo Lapsus eröffnet schliesslich ein grosser Name die neue Cabarena-Saison. Kommt hinzu: ihr neues Programm «Ego» zeigen sie an diesem Abend zum allerersten Mal. Theo Hitzig redet gewohnt viel, Bruno ist gewohnt langsam. Aber das neue Lapsus-Programm ist mehr. Es zeigt auch die Macher hinter den Kunstfiguren: Peter Winkler und Christian Höhener. Dabei schlagen die beiden ein enormes Tempo an. Indem sie immer wieder die Rollen tauschen. Indem sie nicht nur auf der Bühne, sondern auch in Videoaufnahmen aus dem Weinkeller und dem Proberaum zugeschaltet werden. Dass das Timing hie und da noch nicht perfekt ist, nimmt das Murianer Publikum über zwei Monate vor der eigentlichen Vernissage gerne in Kauf.
Lapsus zeigt Klassiker: die Schwinger-Nummer, der etwas andere Seiltanz, den Laufband-Sketch, der Eiskunstlauf auf dem Hoverboard. Sie stellen aber auch unter Beweis, wie schnell sie adaptieren können. Nur wenige Stunden zuvor WM-Gold geholt, ist Ditaji Kambundji schon eingebaut. Und sie passen sich den Orten an, wo sie spielen. Dass mittlerweile alles deklariert werden muss, ist ein Teil ihres Programms. Auch Ausdrücke, Sätze. «So kommst du nie auf einen grünen Zweig», sagt Theo Hitzig. Brunos Deklaration: «Tempo 30 in Muri.»
Intelligente und innovative Zürcher
Theo Hitzig spricht von einem «simplen, einfachen Kulturanlass, irgendwo in der Pampa.» Bruno warnt ihn davor, dass es hier bestimmt ganz viele Güllenlöcher gebe, in denen man sie verschwinden lassen könne. Aber es bleibt bei diesen einzelnen verbalen Seitenhieben. Sonst sind es eher die St. Galler, die ihr Fett abbekommen. Und die Zürcher. Als Hitzig diese als Inbegriff von Intelligenz und Innovation nennt, geht ein Raunen durch die Bez-Aula. Als Alleinunterhalter «Harald und Harald» lassen sie das Publikum fast schunkeln und sie zeigen sprichwörtlich, dass sie sich für diesen Abend ein Bein ausgerissen haben. Vor allem aber sorgen Lapsus für ganz viel Gelächter.
Sie machen Klamauk, fast immer schnell, selten langsamer. Nachdem sie sich in der Scuola Teatro Dimitri kennengelernt haben – «wir waren die beiden am schlechtesten Gekleideten» –, sind sie seit 30 Jahren gemeinsam auf der Bühne. Fast so lange also, wie es in Muri das Cabarena gibt. Vier Kulturabende und für die Schülerinnen und Schüler ein -nachmittag. So lautet das Konzept, quasi seit jeher. Vom Ehemaligen-Verein der Bez Muri gegründet, bestanden die ersten Anlässe gar nur aus Schülervorstellungen. Noch heute sagt Balz Käppeli: «Unser Projekt ist eine Kulturförderung.» Das brauche es, mehr denn je. «Es ist immer mehr zu beobachten, dass Jugendliche schnell gelangweilt sind. Sie sind es sich gewohnt, wegzuwischen, was ihnen nicht gefällt. Das geht digital, aber hier, analog im Theater lernen sie auszuhalten.»
Dem Publikum immer wieder Neues bieten
Wobei aushalten wohl nicht das Verb ist, das viele mit den Abenden im Cabarena verbinden. Vielmehr lassen sich hier die Leute unterhalten. Sie wollen lachen, zum Nachdenken animiert werden. Und sie wollen immer wieder Neues sehen. «Grosse Namen sind gut, aber hätten wir nur sie, wären wir austauschbar», sagt Balz Käppeli.
Die Mischung mache es aus. Auch für sie als Organisatoren. Grosse Namen nach Muri zu holen, gehört genauso dazu, wie neue Talente zu entdecken. Ein jährlich mehrtägiger Besuch in Arosa und in Freiburg im Breisgau gehört für Ruth und Balz Käppeli seit Jahren dazu. Es sind die Epizentren der deutschsprachigen Kleinkunst.
Entsprechend vielfältig ist auch das aktuelle Cabarena-Programm. Am 10. November ist Lennart Schilgen zu Gast. «Er war noch nie in der Schweiz», sagt Balz Käppeli. Die 240 Plätze zu füllen, wird eine grössere Herausforderung, als es bei Lapsus war. «Wobei die rund 180 Abonnentinnen und Abonnenten darauf vertrauen, dass wir immer gute Qualität liefern.» Im Januar kommen «Ehnert vs. Ehnert» von Hamburg nach Muri. «Wir haben sie gesehen und für uns war klar: Sie gehören ins Cabarena.» Über Beziehungen, ihre Tücken und Freuden berichten auch «Schreiber vs. Schneider» im März. Sie hätten sich überlegt, ob beide innerhalb einer Saison Sinn machen. «Das passt», kamen die beiden Organisatoren zum Schluss.
2027 ist für sie Schluss
Ein grosses Stammpublikum, viele langjährige Helferinnen und Helfer – nicht selten auch seit 28 Jahren – immer viele Gäste. Das Cabarena ist ein Erfolgsmodell. Trotzdem, es steckt viel Arbeit dahinter. Die Programmation ist das eine. Hinzu kommen administrative, planerische und personelle Aufgaben. Und natürlich die Montage selbst. Die Käppelis verbringen, wie die Künstlerinnen und Künstler auch, den ganzen Tag im und um das Cabarena, beziehen dafür Freitage. «Ohne viel Herzblut macht man das nicht.» Erst recht nicht über eine solch lange Zeitspanne.
Diese Zeit aber neigt sich langsam dem Ende zu. Die soeben gestartete ist ihre zweitletzte Saison. 2027 hören sie auf. Dann, wenn das Cabarena das 30-Jahr-Jubiläum feiert. «Irgendwann ist es Zeit», sagen Ruth und Balz Käppeli dazu. Ob es dieses Angebot nachher überhaupt noch braucht? Diese Frage stellten sie – an Murikultur, an die Schule, an den Verein Ehemaliger. Die Antwort ist bei allen dieselbe: Ja. «Das entlastet», sagt Balz Käppeli. Auch weil die Suche nach Nachfolgern dadurch breiter abgestützt ist. «Vage Ideen gibt es, aber konkret ist noch nichts.» Abende wie jener mit Lapsus sind aber ein deutliches Zeichen. Ohne Cabarena würde in Muri viel weniger gelacht.