38 Leute verlieren ihren Job
10.12.2024 MuriStäger Packaging Group verlagert die Produktion von tiefgezogenen Verpackungen nach Tschechien
Die Margen seien tief, entsprechend wichtig sei Effizienz. Auch im finanziellen Bereich. «Wir mussten diesen Schritt gehen, damit die Stäger Packaging Group ...
Stäger Packaging Group verlagert die Produktion von tiefgezogenen Verpackungen nach Tschechien
Die Margen seien tief, entsprechend wichtig sei Effizienz. Auch im finanziellen Bereich. «Wir mussten diesen Schritt gehen, damit die Stäger Packaging Group weiterhin wettbewerbsfähig ist», sagt Alex Bührer, Inhaber der Firma und Präsident des Verwaltungsrates. Auch langjährige Mitarbeitende zu entlassen, sei nicht einfach.
Annemarie Keusch
Es trifft Leute, die teilweise 10, 20, gar 30 Jahre im Betrieb tätig waren. Die sich mit der Firma identifizieren, mehr leisten, als gefragt ist. «Es tat und tut mir persönlich weh, solche Entscheide zu fällen», sagt Alex Bührer, Mitinhaber der Stäger Packaging Group und Präsident des Verwaltungsrates. Mit solchen Nachrichten vor die Belegschaft zu treten, das sei nicht einfach. «Ja, vor solchen Momenten und im Wissen darum, 38 Menschen ihre Arbeitsstelle zu kündigen, da schläft man nicht immer gut. Dennoch, es gehört zu meinen Aufgaben.» Er habe viel nachgedacht, betont Alex Bührer, abgewogen. «Es gab keine andere Möglichkeit, im Sinne einer wettbewerbsfähigen Zukunft im Bereich der tiefgezogenen Verpackungen.»
Ende Januar ist Schluss mit der Produktion tiefgezogener Verpackungen am Standort in Muri. Schon jetzt wirkt die Halle leer. Noch vier Maschinen laufen, viele sind bereits nach Pilsen, nach Tschechien, gezügelt worden. Die Zahl der Mitarbeitenden ist auch bereits geschrumpft. Auf Ende November verliessen die meisten betroffenen Mitarbeitenden den Betrieb, die letzten in diesem Bereich der Produktion werden auf Jahresende aufhören, nur wenige verbleiben noch bis Januar. Einige Mitarbeitende, deren Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde, sind daran, die Mitarbeitenden in Tschechien weiter auszubilden. «Es ist ein tolles Beispiel unserer Stäger-Familie und ein deutliches Zeichen der Loyalität, auch wenn sich die Wege nun trennen», sagt Alex Bührer. Allgemein, trotz Enttäuschung, habe er seitens der Gekündigten auch Verständnis gespürt. «Unsere Mitarbeitenden sind kompetent, wissen um die Herausforderungen des Marktes und darum, dass es Entwicklungen braucht, um Schritt halten zu können.»
Personal und Miete sind zu teuer
Die Stäger Packaging Group ist ein europaweit führender Anbieter von anwendungsspezifischen Verpackungslösungen. Viele bekannte Firmen zählen seit Jahren zu ihrer Kundschaft – etwa Migros, Coop, Lindt, Bosch, Trisa. Von der Süsswaren-, Lebensmittel-, Kosmetik-, Textil- bis zur Technischen und Automobilbranche sind ihre Abnehmer. Stäger produziert Klarsicht- und tiefgezogene Verpackungen vorwiegend aus Kunststoff. Der Hauptsitz ist in Muri, bisher auch in beiden Produktionsbereichen. In Pilsen in Tschechien und in Coventry in England sind ebenfalls Produktionsstandorte. Hinzu kommt ein Vertriebsbüro in Deutschland. 200 Mitarbeitende zählt die Firma, die seit den 1970er-Jahren in der Verpackungsindustrie tätig ist. Mehr als die Hälfte davon arbeitete bisher am Hauptsitz in Muri.
Ein Verhältnis, das sich nun verschiebt. 38 Mitarbeitende, je zur Hälfte Männer und Frauen, verlieren ihren Job in der Produktion von tiefgezogenen Verpackungen. Warum kam es so weit, dass die Produktion ins Ausland ausgelagert wird? Bührer spricht davon, wie wichtig operative Effizienz ist. Dazu gehöre ein moderner Maschinenpark. «Hier haben wir in den letzten Jahren viel investiert. Fast alle Tiefziehmaschinen gehören der neusten Generation an.» Auch im Bereich der Prozessabläufe habe man grosse Fortschritte gemacht. Aber dennoch reiche es nicht, um im Segment mit relativ tiefen Margen erfolgreich bestehen zu können. Bührer spricht von Faktorkosten wie Personal oder Miete, die nicht oder kaum beeinflussbar sind. «Man muss sich anpassen und weiterentwickeln, um wettbewerbsfähig zu sein. Um eine sichere Zukunft und Plattform für Wachstum für die Firma erreichen zu können, war dieser Schritt notwendig.» Der definitive Entscheid folgte samt Information der Mitarbeitenden im Sommer. «Früh, damit sie genug Zeit haben, eine neue Anstellung zu finden. Das sind wir ihnen schuldig», sagt der Verwaltungsratspräsident.
Noch nicht für alle eine Lösung gefunden
Natürlich habe die Firma ihre soziale Verantwortung wahrgenommen und bei diesem Prozess Unterstützung geboten. Man habe ein Massnahmenpaket ausgearbeitet. «Dieses enthält finanzielle Vergütungen, aber auch aktive Hilfe bei der Stellensuche. Wir haben versucht, unsere Kontakte in der Industriebranche zu nutzen.» Dies habe auch funktioniert. Über 20 von der Kündigung Betroffene hätten mittlerweile eine neue Arbeit gefunden. «Zwölf davon im selben Betrieb. Ein deutliches Zeichen, dass unsere Mitarbeiter mit ihren Fähigkeiten gefragt sind auf dem Arbeitsmarkt», betont Bührer. Einige lassen sich frühzeitig pensionieren, für wenige gibt es noch keine Lösung. «Es wäre vermessen, zu sagen, dass sicher alle leicht und unmittelbar einen neuen Job finden. Aber ich bin überzeugt, dass Stäger-Mitarbeitende aufgrund ihrer hohen Fachkompetenz und Arbeitsmotivation entsprechend gut positioniert sind auf dem Arbeitsmarkt.» Übrigens, einige der Mitarbeitenden in der Produktion der tiefgezogenen Verpackungen fanden innerhalb der Stäger Packaging Group eine neue Aufgabe – sie zählen aber nicht zu den 38 Entlassenen.
Alex Bührer betont, dass diese Verlagerung einer Produktion nicht den Anfang vom Ende des Standortes Muri bedeute. «Die Tiefziehbereiche Entwicklung und Konstruktion, die Kundenbetreuung mit Aussen- und Innendienst sowie die Logistik verbleiben in Muri. Dadurch erhalten die Kunden weiterhin den gewohnten Service. Sie sind von der Verlagerung nicht tangiert. Ebenfalls verbleibt der Geschäftsbereich der Klarsichtverpackungen, wo es auch überhaupt keine Verlagerungsabsichten gibt», betont er. Dass Industriefirmen ihre Produktionen ins Ausland verlagern, ist keine Seltenheit mehr. Aber die Stäger Packaging Group war vor neun Jahren eine der ersten Verpackungsfirmen des Landes, die einen Anteil ihrer Tiefziehverpackungen im Ausland produzierte. «Zuletzt waren es eher Grossfirmen in unserer Branche, die ins Ausland verlagerten. Die ganze tiefgezogene Verpackung zu verschieben, da gehören wir in unserer Firmengrösse sicher zu den Ersten. Aber wir haben schon immer Vorreiterrollen eingenommen», sagt Alex Bührer. Die Firma gehörte zu den Pionieren beim Einsatz von rezykliertem PET sowie von Hybrid-Verpackungslösungen. Jetzt ist sie es bei der Verlagerung der Produktion ins Ausland.