AUS DEM GROSSEN RAT
05.12.2025 Mutschellen, KolumneLukas Huber, GLP, Berikon.
Eine Sternstunde der Vernunft
Man erlebt es nicht oft in einem Parlament, dass ein Fehlentscheid offen eingestanden und kurz darauf korrigiert wird. Am letzten Dienstag war ein solch ...
Lukas Huber, GLP, Berikon.
Eine Sternstunde der Vernunft
Man erlebt es nicht oft in einem Parlament, dass ein Fehlentscheid offen eingestanden und kurz darauf korrigiert wird. Am letzten Dienstag war ein solch seltener Moment – und er tut dem Kanton gut. Das Rückkommen auf die zuvor gestrichenen 800 000 Franken für die Erarbeitung des kantonalen Kinder- und Jugendhilfegesetzes war nicht nur ein Akt der Vernunft, sondern auch ein wichtiges Signal für alle Aargauerinnen und Aargauer.
Letzte Woche hatte die rechte Ratsmehrheit diesen Betrag samt zugehörigem Entwicklungsschwerpunkt aus dem Budget gestrichen und damit ein mehrjähriges Projekt für die Kinder- und Jugendhilfe praktisch beerdigt. Ob es ein Entscheid wider besseres Wissen oder ein parlamentarischer Betriebsunfall war, sei dahingestellt – die Streichung war jedenfalls inhaltlich problematisch, finanziell kurzsichtig und gesellschaftlich verantwortungslos. Kinder- und Jugendhilfe ist kein bildungspolitisches Luxusaccessoire.
Sie entscheidet darüber, ob Jugendliche in Krisen rechtzeitig Unterstützung erhalten oder ob Probleme zuerst eskalieren müssen, damit sie nur noch schwer lösbar und dann richtig teuer werden. Jede Gemeinde und jede Schule hat das bereits mehrfach selbst erfahren müssen.
Am letzten Dienstag wurde der Fehlentscheid der Vorwoche korrigiert – und die GLP hat entschlossen dazu beigetragen. Die Mitte stellte den im Vorfeld aufgegleisten Rückkommensantrag, der mit 93 zu 43 Stimmen angenommen wurde. Ein klares Signal: Wenn Fakten überzeugen, können wir politische Gräben überwinden. Abklärungen des Bildungsdepartements ergaben, dass ein geregeltes, kantonales System jährliche Einsparungen von bis zu 50 Millionen Franken ermöglichen könnte – durch klare Zuständigkeiten, frühe Hilfe und weniger Parallelstrukturen. Kurz: präventiv, effizient, liberal. Genau so soll Politik sein.
Dass SVP und FDP nach dem Rückkommensantrag in Teilen mitgezogen sind und auf die Streichung verzichtet haben, stimmt optimistisch. Es zeigt: Auch konservative Politik kann vorausschauend sein, wenn man den Taschenrechner mit gesundem Menschenverstand bedient. Wer heute bei Jugendlichen spart, zahlt morgen mehrfach drauf – gesellschaftlich und finanziell.
In zwei Wochen folgt dann der letzte und vielleicht heikelste Teil dieser Budgetrunde. Dann entscheidet der Rat über die Lohnerhöhungen für das kantonale Personal und vor allem über den kantonalen Steuerfuss. Der Regierungsrat schlägt 103 Prozent vor, die rechtsbürgerliche Mehrheit fordert 100 Prozent.
Für die GLP ist klar: Eine Steuersenkung ohne solide Gegenfinanzierung ist keine Finanzpolitik, sondern politisches Wunschdenken. Wir brauchen Verlässlichkeit statt Experimente – und einen Steuerfuss, der den Kanton nicht schwächt, sondern handlungsfähig hält.
Auch hier gilt es, vernünftig und vorausschauend Verantwortung für den Aargau zu übernehmen.

