TRIBÜNENGEFLÜSTER
14.11.2025 SportSobald ein Fussballer Tore schiesst und in der höchsten Liga sowie im Nationalteam spielt, kommen Geschichten ans Licht, das Interesse steigt massiv, die Medien wollen Futter. Im Fall von Alessandro Vogt, dem Führenden der Torschützenliste der Super League, führte sein ...
Sobald ein Fussballer Tore schiesst und in der höchsten Liga sowie im Nationalteam spielt, kommen Geschichten ans Licht, das Interesse steigt massiv, die Medien wollen Futter. Im Fall von Alessandro Vogt, dem Führenden der Torschützenliste der Super League, führte sein kometenhafter Aufstieg dazu, dass sich der FC St. Gallen dazu entschloss, ihn zu schützen. Vogt gab keine Interviews. «Das war auch in meinem Interesse», sagt Alessandro Vogt, der in der heutigen Ausgabe in dieser Zeitung sein allererstes Interview geben darf. Das finden wir natürlich toll und diese Geste – dass wir als Regionalzeitung für einmal als Erste zum Zug kommen – schätzen wir enorm. Und es zeugt davon, dass beim FC St. Gallen Leute mit viel Gespür und Menschlichkeit am Werk sind. Mit Präsident Matthias Hüppi, der jahrelang im Freiamt wohnte, überrascht diese starke Haltung nicht.
Weil es keine Interviews gibt, musste man sich Abhilfe verschaffen. In anderen Zeitungen wurden deshalb beispielsweise frühere Wegbegleiter befragt. Ryszard Komornicki, der mit seinem Handeln dafür sorgte, dass Vogt überhaupt erst auf dem Zettel der Schweizer Topklubs landen konnte. Oder sein Vater Roland, sein bester Kumpel Behar Neziri – und seine Lehrlingsverantwortliche Bettina Keller bei der Belcolor AG (in der Ostschweiz). Dort, wo Vogt seine KV-Lehre ab Januar 2023 beenden konnte. Sie erzählt, dass die Lehrzeit nicht immer leicht verlief. Vogt habe «dann und wann verschlafen». Und seine Noten in der Schule waren «nicht wirklich berauschend. Seine grosse Leidenschaft galt offenkundig dem Fussball und definitiv nicht der Berufsschule, wo er meist das Minimalismusprinzip anwendete.»
Keller plauderte aus dem Nähkästchen: «Wir führten doch einige ernste Gespräche mit ihm, begleiteten ihn enger als andere oder drohten auch schon mal an, den Lehrvertrag aufzulösen. Es gab viele harzige Momente, aber genauso viele lustige. Letztlich ist es eine Erfolgsstory.» Denn Vogt bestand die Lehrabschlussprüfung. Kellers Fazit: «Alessandro hat seinen ganz eigenen Charme und bei uns vor allem mit seiner demütigen und bescheidenen Art gepunktet. Den Willen, die Lehre erfolgreich zu beenden, hat man immer wieder deutlich gespürt. Sein grosser Pluspunkt: Er war zu keinem Zeitpunkt je frech, aufsässig oder arrogant – weshalb wir nicht anders konnten und wollten, als ihn zu unterstützen. Man musste ihn einfach gernhaben.»
Seit Vogt in der Super League durchgestartet ist, wird er auch regelmässig für die U21-Nati aufgeboten. Er ist auch im Kader für das EM-Qualifikationsspiel von heute Freitag (19.30 Uhr) gegen Frankreich sowie vom kommenden Dienstag gegen Luxemburg. Kaum hatte der Freiämter sein Debüt im Nationaltrikot gegeben, wurde beim «Blick» schon thematisiert, ob er ein Spieler für die A-Nati wäre. Der «Blick» hat im September das Thema aufgegriffen, dass Vogt theoretisch auch für Italien spielberechtigt wäre, da seine Mutter Pina aus Kalabrien stammt. Die Italiener müssen sich aber beeilen: Im Februar 2026 wird der Wohler 21 Jahre alt – und dann wäre ein Nationenwechsel nicht mehr möglich. Aber – so wie sich Vogt im Interview zu den Zielen mit der Nati äussert – scheint ein Nationenwechsel sehr unwahrscheinlich. Es würde auch nicht zum bodenständigen Vogt passen.
--spr/jl
