Susanne Schild, Redaktorin.
Einfach mal für ein paar Minuten aus dem Fenster schauen oder eine Katze beobachten, wie sie sich ihr Fell leckt. Das ist die niederländische Kunst des «Niksens», wie ich kürzlich erfahren habe. ...
Susanne Schild, Redaktorin.
Einfach mal für ein paar Minuten aus dem Fenster schauen oder eine Katze beobachten, wie sie sich ihr Fell leckt. Das ist die niederländische Kunst des «Niksens», wie ich kürzlich erfahren habe. Und die verspricht angeblich sowohl Entspannung wie auch kreative Ergüsse. Ich probiere es selber aus und setze mich auf meinen Küchenstuhl. Ich lasse meinen Blick durch die Gegend schweifen und konzentriere mich angestrengt darauf, nichts zu tun. Das klingt jetzt vielleicht etwas absurd, aber das hippe niederländische Lebenskonzept des «Niksens» liegt voll im Trend. «Niksen» leitet sich von dem niederländischen Wort «niks» (zu Deutsch: «nichts») ab und bedeutet wörtlich übersetzt «nichtsen», sinngemäss also «nichts tun». Hinter diesem Konzept steckt die Idee, dass wir uns im Alltag bewusst Zeit nehmen, um nichts zu tun. Ich frage mich, als ich so auf meinem Stuhl sitze, wie viele Niederländer dieses bewusste Nichtstun wohl tatsächlich praktizieren. Andererseits sind sich vielleicht viele gar nicht bewusst, dass sie gerade niksen.
Vielleicht kann man einen niksenden Menschen am besten mit einem stillstehenden Auto, dessen Motor läuft, vergleichen. Denn es geht beim Niksen vor allem darum, etwas zu tun, das keinen Sinn oder Zweck erfüllt, wie zum Beispiel eben die fellleckende Katze zu beobachten. Ausser man ist Katzenforscher. Dann macht das schon Sinn. Generell kann man für niksendes Beobachten keine gesellschaftliche Anerkennung erwarten. Man macht ja nichts Produktives und soll es auch nicht. Kritiker könnten den Niksern sogar unterstellen, sie sässen nur faul herum und hätten nur ein schickes Wort erfunden, um ihre Faulheit zu vertuschen. Es gibt sogar Studien, die sagen, dass totale Untätigkeit die Kreativität steigern würde. Niksen also als Tankstelle der Kreativität. Also kein Faulenzen, sondern ein Auftanken. Während ich so apathisch auf meinem Stuhl sitze, sausen mir Hunderte von Gedanken durch den Kopf. Mein Gehirn fühlt sich an wie eine Waschmaschine im Schleudergang. Mein Sohn kommt in die Küche. «Was schaust du denn so komisch. Du schaust völlig fertig aus. Geht es dir gut?», fragt er mich. «Ja, ich nikse», antworte ich. «Wenn das mal gesund ist», war seine Antwort.