Wie einst im Militär
28.10.2022 MuriFeldküchen-Test am Spital Muri
Wie werden die warmen Mahlzeiten in Heimen sichergestellt, wenn der Strom über längere Zeit ausfällt? Genau dieses Szenario übten das Spital Muri und die umliegenden Sozialinstitutionen. Auf einer alten Feldküche der ...
Feldküchen-Test am Spital Muri
Wie werden die warmen Mahlzeiten in Heimen sichergestellt, wenn der Strom über längere Zeit ausfällt? Genau dieses Szenario übten das Spital Muri und die umliegenden Sozialinstitutionen. Auf einer alten Feldküche der Armee wurde ein Vier-Gang-Menü gezaubert. Und Markus Weishaupt vom Spital Muri sagt: «Die Versorgung würde funktionieren.»
Es geht auch auf der Feldküche
Das Spital Muri und die umliegenden Heime testen den Fall, falls der Strom längere Zeit ausfällt
Wenn der Strom längere Zeit ausfällt, dann braucht es Wege, um die Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen trotzdem zu verköstigen. Darüber machten sich die verschiedenen Küchenchefs Gedanken und machten nun den Test: Die Versorgung via Feldküche funktioniert. Und das Essen schmeckt vorzüglich.
Annemarie Keusch
Wirklich zum Kochen kommt Markus Weishaupt nicht. Zumindest nicht mehr, seit die Journalistinnen und Journalisten da sind. Die überregionale, nationale Presse ist angereist, um über den Feldküchen-Test zu schreiben. Und alle haben Fragen an den Leiter Hotellerie des Spitals. Er lächelt, antwortet zum x-ten Mal auf die gleiche Frage. «Es hat viel Spass gemacht. Alle arbeiten mit Freude mit.» Diese Freude, sie ist ihnen deutlich anzusehen. Bei der Essensausgabe wird gelacht,
Service sowieso, beim Kochen auch. «Ein tolles Projekt, das überraschend gut funktionierte», sagt Weishaupt. Überraschend gut, weil Küchenchefs zusammenarbeiteten, die das sonst nicht tun – die Küchenchefs verschiedener Gesundheitsinstitutionen in und um Muri.
Dass es Spass macht, das ist das eine. In erster Linie ist der Feldküchen-Test aber dazu da, um sicherzugehen, dass die Versorgung mit frisch zubereiteten Menüs auch funktionieren kann, wenn die Stromleitungen über Tage unterbrochen bleiben. Das Ergebnis zeigt: Es geht, ohne Probleme, aber mit mehr Aufwand.
Alle Vorräte ins Spital bringen
Entstanden ist die Idee aber nicht im Zuge der Energiekrise, sondern als Folge der Pandemie. «Wir stellten uns die Frage, was passiert, wenn ganze Küchenteams in einem Heim in Quarantäne müssen», blickt Weishaupt zurück. Zu diesem Thema haben sich die Küchenchefs des Spitals, des Murimoos, des St. Martin, der Pflegi, des Solino in Boswil, des Maria-Bernarda-Heims in Auw, des Zentrums Aettenbühl in Sins und der St. Josef-Stiftung Bremgarten zum Austausch getroffen. «Als Folge davon haben wir ab und zu Küchenchefs untereinander ausgetauscht», führt Weishaupt aus. Und seither hat das Spital Muri Bestelllisten aller Heime, was sie wovon brauchen und wie es abgefüllt sein soll.
Denn, auch wenn der Strom über mehrere Tage ausfällt, zu Problemen wird das im Spital selber nicht führen. «Hier würden Sie nichts davon merken», sagt Weishaupt beim Gang durch die Spitalküche. Notstrom sichert die Versorgung. Aber in den Heimen rundherum sähe es anders aus. Im Fall einer ausserordentlichen Lage würden sie ihre Vorräte möglichst schnell ins Spital bringen, wo sie in Sicherheit gelagert werden können. Und auch die Küchenchefs würden zum Spital kommen, von wo aus sie für ihre Bewohnerinnen und Bewohner kochen.
Chässchnitte im Kleinformat
Um auch die Heimbewohner zu verköstigen, könnte der Betrieb der Spitalküche ausgeweitet werden. Aber für Markus Weishaupt ist klar: «Das würde nicht reichen.» Also musste eine Alternative her. «In der GOPS haben wir Teile einer alten Feldküche gelagert. Und weil ich als ehemaliger Militär-Küchenchef Freude daran habe, nahm ich die Komplettierung der Feldküche an die Hand.» Mittlerweile ist sie vollständig und einsatzfähig. Auf vier Brennern zauberten die Küchenchefs der regionalen Heime in rund fünf Stunden Arbeit ein Vier-Gang-Menü. Die traditionelle Militär-Chässchnitte durfte nicht fehlen, diesmal aber in kleiner Version als Gruss aus der Küche. Es folgten Gerstensuppe, Brätchügeli mit Trockenreis und Mischgemüse und ein Pot-au-feu. «Auch auf einer Feldküche lassen sich vielseitige Menüs kochen», betont Markus Weishaupt.
War diesmal die Feldküche vor dem Spitaleingang aufgebaut, wäre sie in einem Ernstfall hinter dem Spital, mit direktem Zugang zur Küche. «Für drei bis vier Wochen würde der Notstrom reichen und für einen ähnlichen Zeitraum hätten wir auch Esswaren an Lager. Am Schluss wäre es vielleicht nicht mehr ganz abwechslungsreich», sagt Weishaupt. Dass mit dem Murimoos ein Landwirtschaftsbetrieb mit dabei ist, sei in Sachen frisches Gemüse und Obst ein grosser Vorteil.
Eine gewisse Nervosität sei spürbar gewesen, bevor es morgens um 7 Uhr losging. «Schliesslich haben wir noch nie in dieser Konstellation gekocht. Aber es lief vorzüglich. Schnell musste ich die Gruppe bremsen, damit wir nicht viel zu früh fertig waren.» Weishaupts Fazit fällt eindeutig aus: «Im Notfall können wir die Heime problemlos mit Mahlzeiten versorgen.» Getestet wurde auch der Transport durch den Zivilschutz. Die Bewohnerinnen und Bewohner durften die Feldküchen-Kost testen.
Über die Geschichte der Feldküche
Das liess sich auch Landstatthalter Jean-Pierre Gallati nicht entgehen. Dass die Armee mit dem Gesundheitswesen zusammenspanne, sei vorbildlich. Und Gallati wusste einiges über die Geschichte von Feldküchen zu erzählen. Etwa, dass diese erstmals im Römischen Reich weit verbreitet waren. Oder dass Napoleon sich aus dem eroberten Land ernährte, gänzlich ohne Infrastruktur im Rücken. «Wie die russische Armee aktuell», verglich Gallati. Eine zivilisierte Armee verfüge über eine Logistik, die funktioniere, bis hin zu der Feldküche.
Weiter zog Gallati Vergleiche zur Fabel mit der Heuschrecke, die alles sofort frisst, und der Ameise, die Lager anhäuft für schlechte Zeiten. «Auch wir wurden diesbezüglich etwas nachlässig, wie Corona zeigte. Hoffentlich haben wir unsere Lehren gezogen.» Dass im modernen Spital auf Bunsenbrennern gekocht werden muss, das könne passieren. «Wenn alle Stricke reissen.» Und genau auf diese Situationen ist man in und um Muri vorbereitet. In der Hoffnung, diese Vorbereitung nie im Ernstfall abrufen zu müssen.