APROPOS!
21.10.2022 MeinungenZwei Stunden sprach Markus Blocher am Wirtschaftsapéro in Villmergen praktisch ohne Punkt und Komma. Die Zuhörer wirkten nach seinem Referat ziemlich erschlagen. Dabei hätten sie ahnen können, worauf sie sich einlassen. Eines seiner Kadermitglieder sei vor Kurzem an einem ...
Zwei Stunden sprach Markus Blocher am Wirtschaftsapéro in Villmergen praktisch ohne Punkt und Komma. Die Zuhörer wirkten nach seinem Referat ziemlich erschlagen. Dabei hätten sie ahnen können, worauf sie sich einlassen. Eines seiner Kadermitglieder sei vor Kurzem an einem Energieforum gewesen, erzählte Blocher zu Beginn. Und er habe einen Blick ins Programm geworfen. Der Anlass fand im KKL statt und begann mit einem Apéro. Nach zwei kurzen Referaten gab es eine lange Pause und nach zwei weiteren kurzen Referaten einen Apéro riche. «Eines kann ich Ihnen versprechen, heute wird es einiges nahrhafter. Und damit meine ich nicht den Apéro am Schluss», machte er gleich zu Beginn klar.
Der Unternehmer war in seinem Redefluss nicht zu bremsen. Begleitet wurden seine Ausführungen durch eine Powerpoint-Präsentation. 100 Folien umfasste diese. Seine Assistentin hätte ihn heute Nachmittag noch gefragt, ob man das dem Publikum zumuten könne, so Blocher. Seine Antwort: «Die haben das bestellt, die kriegen das jetzt auch.»
Markus Blocher beschäftigt sich als studierter Chemiker intensiv mit dem Prinzip der Entropie, einem Begriff aus der Thermodynamik. Dabei wird Entropie häufig als ein «Mass für die Unordnung» bezeichnet. Oder anders gesagt: Wo Ordnung herrscht, gibt es auf der anderen Seite immer auch Unordnung. Das sei tröstlich für alle Eltern von Teenies, betonte der Vater von sieben Kindern. «Wenn das Zimmer total unordentlich ist, dann herrscht vielleicht im Kopf Ordnung.»
Die Thermodynamik ist übrigens eines der Lieblingsthemen des Akademikers. Und er findet das Wissen darum wichtiger als beispielsweise Frühfranzösisch, dessen Einführung einfach viel Geld gekostet und wenig gebracht habe. Er plädiert, dass jeder und jede den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik lernen soll, der da lautet: «Es gibt keine Zustandsänderung, deren einziges Ergebnis die Übertragung von Wärme von einem Körper niederer auf einen Körper höherer Temperatur ist.» Wobei: Das sei noch nicht geeignet für die Primarschule, muss er eingestehen. Aber zumindest jeder Fachmaturand sollte den Satz verstehen. Ein Blick ins Publikum machte aber deutlich, dass auch so mancher Villmerger Unternehmer mit dieser Formel überfordert ist.
Corona war für die Dottikon ES eine schwierige Zeit. «Wir konnten nicht ins Homeoffice», machte Blocher deutlich. Immerhin: Seither hat er die Bestätigung, dass sein Unternehmen systemrelevant ist. Anfänglich sah man das in Bern anders. «Ich erhielt den Bescheid, dass wir nur die Wirkstoffe, aber nicht die Medikamente selber herstellen», erzählt Blocher in Villmergen. «Offenbar hat man nicht darüber nachgedacht, wie die Tablette ohne Wirkstoff ihre Wirkung entfalten kann.»
Interessantes war an diesem Abend über die Geschichte der früheren Sprengstofffabrik zu erfahren. Dazu zeigte Blocher auch ein Bild von anno dazumal. Sein Kommentar: «Damals trugen die Chemiker bei der Arbeit noch Anzug. Dafür verzichteten sie auf Schutzbrillen.» Heute ist es genau umgekehrt.
Chregi Hansen