Gewählt und Wahl nicht angenommen
30.09.2022 DintikonReformierte Kirchgemeinde Ammerswil, Dintikon, Dottikon, Hägglingen
Die Auseinandersetzung rund um Pfarrer Michael Lo Sardo ist mit den Wahlen nicht vorbei. Nachdem die Stimmberechtigten ihren Pfarrer mit einem guten Resultat wiedergewählt haben, ziehen vier ...
Reformierte Kirchgemeinde Ammerswil, Dintikon, Dottikon, Hägglingen
Die Auseinandersetzung rund um Pfarrer Michael Lo Sardo ist mit den Wahlen nicht vorbei. Nachdem die Stimmberechtigten ihren Pfarrer mit einem guten Resultat wiedergewählt haben, ziehen vier Kirchenpflegerinnen die Konsequenzen.
Dass eine Kirchenpflege den Pfarrer nicht mehr zur Wiederwahl vorschlägt, ist eher die Ausnahme. In Ammerswil ist die Behörde diesen Weg gegangen. Sie gab frühzeitig bekannt, dass man in Zukunft auf die Dienste von Michael Lo Sardo verzichten wolle. Begründet wurde dies mit der unterschiedlichen Auffassung, wie die vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben im Pfarramt gestaltet werden sollten.
Lo Sardo, der seit 2016 für die reformierte Kirchgemeinde Ammerswil und damit auch für die Gemeinden Dintikon, Dottikon, Hägglingen und das Ballygebiet zuständig ist, wollte sich damit nicht abfinden und trat dennoch zur Wahl an. Er habe sich nichts vorzuwerfen und wolle die Gläubigen nicht allein lassen, erklärte er vor der Wahl. Nun liegt das Resultat vor. Pfarrer Michael Lo Sardo wurde mit 398 Ja- zu 71 Nein-Stimmen deutlich wiedergewählt.
Fehlende Konsequenz
Umgekehrt erhielten die vier bisherigen Kirchenpf legerinnen Desirée Berchtold aus Dintikon, Agnes Hoevenaars aus Hägglingen, Evi Leemann aus Dintikon und Anette Sommerhalder aus Ammerswil einen kleinen Denkzettel. Sie schafften zwar mit Resultaten zwischen 205 und 244 Stimmen die Wiederwahl. bekamen aber deutlich weniger Stimmen als der neu kandidierende Rudolf Anner aus Ammerswil.
Doch die vier Bisherigen nehmen die Wahl nicht an. «Die Kirchenpflege hatte entschieden, Michael Lo Sardo nicht zur Wiederwahl vorzuschlagen. Wir haben valide Gründe für den Nicht-Vorschlag, wussten jedoch, dass wir wenig darüber kommunizieren dürfen und dass dieser Entscheid auf Unverständnis stossen würde. Nichtsdestotrotz haben wir beschlossen, die Interessen der Kirchgemeinde mit bestem Wissen und Gewissen zu vertreten und diesen unpopulären Beschluss getroffen», führen sie in einem Schreiben aus. Dass die Kirchgemeinde den Pfarrer trotzdem wiedergewählt habe, sei zu respektieren. Letztlich aber sei der Entscheid inkonsequent. Denn wer den Pfarrer wiederwählt, der müsste eigentlich die Kirchenpflege abwählen.
Persönliche Anfeindungen
Desirée Berchtold, Agnès Hoevenaars, Evi Leemann und Anette Sommerhalder haben den Kirchenrat der Landeskirche informiert, dass sie die Wahl nicht annehmen. «Wir haben uns schon vor der Wahl besprochen, wie wir uns bei der Wiederwahl von Lo Sardo verhalten», erklärt Hoevenaars auf Anfrage. Die letzten Wochen waren für die vier nicht einfach. «Wir haben gemischte Reaktionen bekommen. Zum einen gab es Unverständnis, weil dieser Entscheid von manchen als unmenschlich wahrgenommen wurde. Dabei sind wir der Meinung, dass die familiären und persönlichen Verhältnisse des Pfarrers nicht massgebend sind. Hier geht es um ein Arbeitsverhältnis, in welcher die Kirchenpflege die Arbeitgeberin ist und entsprechend handeln darf», macht die Vertreterin aus Hägg lingen deutlich. Es gab aber auch Kirchgemeindemitglieder, die den Entscheid als richtig empfunden haben und sich bei ihnen bedankt hätten. «Auf der persönlichen Ebene haben wir leider vereinzelt auch Anfeindungen erlebt. Dies war zwar unschön, hat uns aber als Team zusammengeschweisst und gestärkt», so Hoevenaars.
Auch die Sozialdiakonin und die Sigristin hören auf
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Pfarrer Lo Sardo und der Kirchenpflege sei der Grundstein für die Zukunft der Kirchgemeinde, sind die Abtretenden überzeugt. Sie wollen darum Platz machen für Personen, die hinter dem Pfarrer stehen. «Nur so kann ein Neuanfang im Sinne der Kirchgemeinde gelingen», sind die vier Kirchenpflegerinnen überzeugt. Was die Situation mit der Kirchenpflege angeht, werden sich entweder neue Kandidaten finden oder es wird durch die Landeskirche ein Kurator eingesetzt. Die Fortführung der Geschäfte sei aber auf jeden Fall gewährleistet. Das Pfarramt wiederum ist nun definitiv besetzt, sodass das kirchliche Leben ohne Unterbruch weiterlaufen kann. Auch das Sekretariat ist nicht tangiert.
Hingegen hat auch Sozialdiakonin Susanne Vögeli beschlossen, die Wahl nicht anzunehmen. Sie wurde zwar wiedergewählt, will aber nicht weiter in dieser Kirchgemeinde tätig sein. «Uns hat dieser Entscheid etwas überrascht, wir finden ihn aber konsequent und mutig», sagt die abtretende Kirchenpf legerin dazu. Und dieser Abgang hinterlasse eine grosse Lücke. «Ein Grossteil der bestehenden Angebote für unsere Kirchgemeinde wird von unserer Sozialdiakonin organisiert und durchgeführt. Ihr Rücktritt auf Ende Jahr ist sehr einschneidend», ist sich Hoevenaars bewusst. Es werde schwierig, in dieser kurzen Zeit eine Nachfolge zu finden. Zudem traf auch die Kündigung der langjährigen Sigristin ein. «Beide Frauen werden eine sehr grosse Lücke im Gemeindeleben hinterlassen», so Hoevenaars.
Pfarrer mahnt zur Ruhe
Nicht mehr äussern zum Konflikt will sich Pfarrer Michael Lo Sardo. Es sei jetzt wichtig, dass wieder Ruhe in die Kirchgemeinde einkehre. Er jedenfalls bedankt sich für das ihm von den Stimmberechtigten entgegengebrachte Vertrauen. «Ich will mich auf den Dienst konzentrieren, für den ich wiedergewählt worden bin und schaue nach vorne», erklärt er. --chh