Fahriger Start
09.08.2022 SportFC Wohlen spielt 1:1 zum Saisonauftakt
Es war nicht stark, aber auch nicht schlecht: Das 1:1 des FC Wohlen im Auftaktspiel gegen den FC Münsingen zeigt zwei Dinge deutlich. Erstens: Der FC Wohlen steht in der Abwehr grundsolide. Die Berner kommen eigentlich nur einmal ...
FC Wohlen spielt 1:1 zum Saisonauftakt
Es war nicht stark, aber auch nicht schlecht: Das 1:1 des FC Wohlen im Auftaktspiel gegen den FC Münsingen zeigt zwei Dinge deutlich. Erstens: Der FC Wohlen steht in der Abwehr grundsolide. Die Berner kommen eigentlich nur einmal gefährlich vors Tor – erzielen dabei aber gleich das 1:1. Zweitens: Dem FC Wohlen fehlt es im Angriff an der Durchschlagskraft. Will man vorne mitspielen, braucht es dringend einen (wenn nicht zwei) erfahrenen und physisch starken Offensivspieler. --spr
Flaute ab der Mittellinie
Fussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – FC Münsingen 1:1 (1:1)
Wie erwartet ist das Startspiel ein Krampf. Der FC Wohlen ist in der Abwehr grundsolide, aber kaum präsent im Angriff. So gibt es in einem biederen Spiel gegen einen mageren Gegner nur ein Unentschieden. Höhepunkt war der Weitschuss-Hammer von Neuzugang Nathan Tayey.
Stefan Sprenger
Nach dem Spiel wirkt Nathan Tayey etwas hilflos. FCW-Junioren wollen sein Trikot, alteingesessene Matchbesucher machen ihm Komplimente für seinen erfrischenden Auftritt. Er ist ein gefragter Mann. Weil er aber kaum ein Wort versteht, antwortet er allen nur mit einem schüchternen und freundlichen Lächeln. Der 25-jährige Franzose, der in seiner Karriere in unteren Ligen von Frankreich und Italien kickte, sorgte mit seinem sehenswerten Tor für ein einsames Highlight in einer fahrigen Partie. «Meine persönliche Premiere war ganz gut, glaube ich. Aber wir hätten dieses Spiel gerne gewonnen. Und das wäre sicherlich möglich gewesen», sagt Tayey, der vor wenigen Wochen vom FC Schötz auf die Niedermatten wechselte.
Wohler sind noch nicht fit, Durchschlagskraft fehlt
Der schnelle und wirblige Aussenläufer ist der auffälligste Wohler. Schon in der 4. Minute könnte Tayey zur Führung treffen, doch er verhaspelt sich. Nach 21 Minuten macht er es besser: Edison Golaj prescht mit der Kugel in die gefährliche Zone und passt zu Tayey. Mit einer Finte verschafft er sich Platz, zieht von der Strafraumkante ab und drischt den Ball unter die Latte. 1:0 für Wohlen. Der Grossteil der 350 Zuschauer in den Niedermatten jubelt. Apropos Zuschauer: Beim Startspiel letzte Saison (3:0 gegen Zug) waren ebenfalls 350 Fans dabei – und im Durchschnitt aller FCW-Heimspiele letzte Saison waren jeweils rund 400 Zuschauer in den Niedermatten anwesend.
In diesem Startspiel mit vielen Fragezeichen läuft es einigermassen gut für die Freiämter. Dass der Verein in der Sommerpause 17 Abgänge hatte und ein völlig neues Team auf dem Platz steht, kann man aber nicht verbergen. Die Wohler sind nervös, wirken nicht ganz fit und wach. In der Offensive erspielt man sich während 90 Minuten drei starke Chancen. Dazu wird ein möglicher Elfmeter nach klarem Handspiel vom Schiedsrichter nicht geahndet. So bleibt Tayey der einzige Torschütze. Die physische Präsenz der vergangenen Saison fehlt. Ab der Mittellinie herrscht meist Flaute. Die Offensivabteilung mit dem jungen Eigengewächs Alessandro Vogt, Rückkehrer Kevin Quintas oder Araz Sadik Ali (von Schaffhausen II gekommen) ist zwar bemüht, doch hat kaum Durchschlagskraft. Zur Halbzeit werden Vogt und Sadik durch Lulzim Aliu und Kerem Kursun ersetzt. Das Problem bleibt dasselbe: Gegen die tief stehenden Münsinger können sich die Wohler nur ganz selten durchsetzen. Trotzdem haben Aliu (47.) und Tayey (50.) gleich nach dem Seitenwechsel gute Gelegenheiten für ein weiteres Tor, doch sie scheitern.
Einzige richtige Chance führt zum Gegentor
Dass man offensiv Probleme haben würde, war zu erwarten. Dass man in der Abwehr sattelfest stehen würde, ebenso. Die Wohler Hintermannschaft lässt kaum Torchancen zu. Nach einer Viertelstunde kommt das erste Schüsschen auf das Tor des routinierten FCW-Ukrainers Anton Sytnykov. Umso ärgerlicher ist es, dass der einzige grobe Schnitzer in der Abwehr gleich zum Gegentreffer führt. Hugo Chabin verliert den Ball in der Vorwärtsbewegung, Münsingen lanciert schnell den Gegenangriff. Ein langer Ball wird von der FCW-Abwehr unterschätzt. Joel Fryand profitiert, kann alleine auf den FCW-Goalie Sytnykov losrennen und schiebt ihm den Ball eiskalt durch die Beine. 1:1 nach 34 Minuten.
«Unnötig», sagt Innenverteidiger Marijan Urtic. Der Rückkehrer, der letzte Saison noch Captain des Challenge-League-Absteigers Kriens war, kann in dieser Szene als letzter Mann nicht mehr eingreifen. Urtic sagt zum Spiel: «In der ersten Halbzeit haben wir es gut gemacht und gingen verdient in Führung. Wir haben es dann verpasst, das zweite Tor zu machen. Im zweiten Durchgang war es dann zu wenig. Wir haben fast nur mit langen Bällen gespielt und das Spiel viel zu langsam gemacht.»
Stürmer wird weiter gesucht
Den Gegner hatte man aber gut im Griff und man liess nur wenige Chancen zu. «Man merkt, dass in der Vorbereitung nicht immer alle da waren und es so noch an einigen Dingen fehlt», so Urtic.
Captain Alban Pnishi war nach dem Spiel enttäuscht. «Diesen Gegner muss man eigentlich schlagen», meint er. Trotz des grossen Umbruchs sei diese Auftaktpartie aber «recht gut gelaufen», wie er findet. «Was uns fehlt, ist ein Offensivspieler, der auch mal aus dem Nichts ein Tor macht und für mehr Präsenz im Strafraum sorgt», findet der Bremgarter. Offensiv ist der FC Wohlen in dieser Zusammenstellung sehr berechenbar für jeden Gegner. «In der Abwehr haben wir eigentlich nur eine Chance des Gegners zugelassen. Umso ärgerlicher, dass die gleich ein Gegentor gibt.» Urtic und Pnishi, die beiden erfahrenen Verteidiger, sind sich beide sicher: «Wenn wir besser eingespielt sind, dann klappt das alles flüssiger.»
Richner: «Sehr zufrieden»
Der FC Wohlen ist weiterhin auf der Suche nach dem torebringenden Stürmer. Sportchef Marko Muslin sagt: «Defensiv war es solid. Offensiv fehlte die Kraft. Aber wir wissen es, es braucht einen kräftigen und erfahrenen Stürmer. Wir suchen weiter.» FC-Wohlen-Verwaltungsratspräsident André Richner sagt: «Dafür, dass die Mannschaft noch nicht lange zusammen trainiert, bin ich sehr zufrieden und wir nehmen den Punkt sehr gerne mit. Lassen wir dem Trainer und der Mannschaft noch etwas Zeit.»
«Dann steigen w ir nicht ab»
FC-Wohlen-Trainer Ryszard Komornicki war nach dem Spiel angesäuert
Wenige Minuten nach Schlusspfiff redet FCW-Trainer Ryszard Komornicki seinen Spielern ins Gewissen. Man sieht: Er ist genervt, sauer, enttäuscht. «Wenn wir in dieser Saison 30-mal unentschieden spielen, dann steigen wir sicher nicht ab», sagt er genervt, aber mit Humor. Der ehrgeizige «Koko», der immer gewinnen will, für ihn war dieses 1:1 zu wenig. «Die Entschlossenheit vor dem Tor fehlte. Ausserdem sind noch nicht alle Spieler so fit, wie sie sein sollten. Trainieren, trainieren, trainieren», sagt er. Gegen einen robusten und unangenehmen Gegner konnte man den Ball in der Offensive kaum halten. «Nervös» sei man gewesen. «Bemüht» ebenso. Doch alles in allem sei es im Spiel nach vorne zu wenig gewesen. Die Abwehr sei sattelfest gewesen, «denn wir haben nur eine Chance zugelassen», wie «Koko» sagt. «Doch ausgerechnet da machen wir es dem FC Münsingen viel zu einfach. Ein Fehler, ein Gegentor – das hat uns den Sieg gekostet.»
Komornicki weiss, dass trotz des grossen Umbruchs die Erwartungen bei Wohlen hoch bleiben. «Wir müssen uns bewusst werden, dass wir für den Erfolg trainieren müssen. Viel trainieren.» Und er ist überzeugt: «Wenn alle Spieler zu 100 Prozent fit gewesen wären, dann hätten wir Münsingen geschlagen.» Deshalb wiederholt Komornicki sein Mantra: «Trainieren, trainieren, trainieren.» Er ergänzt: «Es macht Spass mit den Jungs. Es ist ein neues Team und braucht noch Zeit. Diese Mannschaft hat das Potenzial, um noch besser zu werden als das Team in der vergangenen Saison.» Voraussetzungen sind ein optimaler Fitnessstand und ein Offensivspieler mit starker Präsenz.
Am nächsten Samstag geht es für den FC Wohlen auswärts zu Neuchâtel Xamax U21 (die ihr Startspiel mit 4:0 gegen Muri gewonnen haben). «Auf Kunstrasen gegen ein junges und talentiertes Team, das wird eine ganz andere Partie als gegen das defensiv eingestellte Münsingen.» --spr



