Zentrum zieht den Verkehr an
03.05.2022 VerkehrVerkehrsplanung Wohlen: Kommunaler Gesamtplan Verkehr als Fixpunkt
Die Verkehrsbelastung in Wohlen ist ein Ärgernis, das die Aufenthaltsqualität negativ beeinflusst. Nun soll es dank der gemeinsamen Planung von Kanton und Gemeinde vorwärtsgehen. Erkenntnisse, ...
Verkehrsplanung Wohlen: Kommunaler Gesamtplan Verkehr als Fixpunkt
Die Verkehrsbelastung in Wohlen ist ein Ärgernis, das die Aufenthaltsqualität negativ beeinflusst. Nun soll es dank der gemeinsamen Planung von Kanton und Gemeinde vorwärtsgehen. Erkenntnisse, Entscheide oder Projekte sind aber erst in eineinhalb Jahren zu erwarten. Es braucht also noch viel Geduld.
Daniel Marti
Es ist eine Gesamtbetrachtung, die nun in Wohlen rund um den Verkehr am Laufen ist. Dabei ist eine mögliche Südumfahrung (siehe separaten Artikel) nur ein Eckpfeiler. «Die Verkehrsbelastung ist omnipräsent und ein wichtiges Thema. Die Stauzeiten sind ärgerlich», sagte Gemeindeammann Arsène Perroud an der Infoveranstaltung. «Das Zentrum lädt nicht mehr zum Verweilen ein, die Aufenthaltsqualität sinkt im Ortskern.»
Eine regionale Angelegenheit
Dagegen ist schleunigst etwas zu tun. Und weil der Leidensdruck mittlerweile riesig ist, war die Aula des bbz freiamt praktisch ausverkauft. Die Planungsarbeiten seien letztes Jahr gestartet worden, führte Perroud weiter aus. «Aber der Verkehr ist eine regionale Angelegenheit. Getroffene Massnahmen in Wohlen haben auch Auswirkungen auf andere Gemeinden.» Dies bestätigte Carlo Degelo, Leiter Abteilung Verkehr beim kantonalen Baudepartement. «Wohlen ist eine Kernstadt mit grosser Wohnqualität», betonte er. Wohlen sei aber auch wirtschaftlicher Entwicklungsschwerpunkt. «Deshalb ist Wohlen auch wirtschaftlich mit anderen Regionen verbunden.» Das bringt unweigerlich Mehrbelastungen. «Und darum müssen wir Qualität mit urbaner Mobilität erreichen», so Degelo. Ein gutes Beispiel sei die neue ÖV-Drehscheibe mit Bahnhof und neuem Bushof.
In Wohlen fahren rund 8000 Personen ein Auto. Und 50 Prozent aller Fahrten liegen unter fünf Kilometern. Rein diese Zahlen zeigen eine gewisse Belastung. Diese Belastung dürfe trotz Bevölkerungswachstum verhältnismässig nicht weiter steigen, sagte Degelo, der die Ziele klar nannte. Durchgehende Transportketten im Personen- und Güterverkehr, Förderung von Fuss- und Veloverkehr, Flexibilität bei Innovationen. «Da ist die Verkehrssicherheit zentral. Und die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung müssen gedeckt werden.»
Planungen sind miteinander verknüpft
Um zu abschliessenden Resultaten zu kommen, gilt es nun eine saubere Analyse zu machen. Diese Arbeit liegt in der Verantwortung von Nicolas Mühlich, Projektleiter des Kantons. Es gilt die Fragen zu beantworten, wie gross der Anteil des Durchgangsverkehrs ist und wie viele Zielfahrten getätigt werden. Einen zentralen Punkt kann Mühlich jetzt schon bestätigen: «Wohlen ist ein Zentrum, das den Verkehr anzieht.»
In Wohlen geht es gegenwärtig um zwei übergeordnete Themen: Siedlungsplanung und Verkehrsplanung. Dies mündet dann in einer neuen Bau- und Nutzungsordnung. «Beide Prozesse sind miteinander verknüpft», erklärte Gemeindeammann Arsène Perroud. Diesbezüglich hat die Arbeit begonnen, und in den nächsten Wochen wird der Einwohnerrat laut Ammann einen Kreditantrag erhalten. «Wir sind im ordentlichen Rhythmus», so Perroud. Der Kommunale Gesamtplan Verkehr – er stammt aus dem Jahr 2012 und die Mitte forderte bereits 2020 per Motion eine Überarbeitung – sollte alle zehn, zwölf Jahre angepasst werden.
Zwei Workshops – auch für die Bevölkerung
Perroud zeigte auf, dass Lösungen eben lange dauern können. Die Aufwertungen der Bahnhofstrasse und der Alten Bahnhofstrasse wurden im bestehenden Plan von 2012 angedacht. Realisiert ist die Angelegenheit noch immer nicht. Die Verbesserung der Situation auf der Alten Bahnhofstrasse ist nun in der zweiten Schlaufe. Das Bauprojekt musste ein zweites Mal aufgelegt werden. «Und nun müssen wir erneut Einwendungen bearbeiten», so Perroud. Der Zeitpunkt der Umsetzung ist ungewiss.
Welche Massnahmen greifen und welche überhaupt in Betracht gezogen werden – bei diesem Prozess kann die Bevölkerung mitmachen, sich einbringen. Geplant sind zwei Workshops. Der erste Workshop ist im vierten Quartal 2022 vorgesehen, der zweite Workshop im zweiten Quartal 2023. Die Workshops werden sich mit Strategie und Massnahmen befassen. Und für die Beurteilung der Zweckmässigkeit einer Südumfahrung braucht es ein wenig mehr Zeit, im Sommer 2023 sollten alle Erkenntnisse vorliegen und im Herbst 2023 sollten konkrete Resultate präsentiert werden können.
Aus dem Publikum gab es schon mal erste Trendmeldungen. Man müsse auch die Bünztalstrasse im Auge behalten, wurde angemahnt. «Die regionalen Verknüpfungen werden angeschaut. Auswirkungen werden in Modellen praktiziert», erklärte Nicolas Mühlich.
Zentrum: Zustände sind beängstigend
«Wir wollen, dass das Zentrum endlich entlastet wird», sagte Alt-Gemeinderat und Einwohnerrat Ruedi Donat, «darum sollen die Planer den Fächer öffnen.» Und der ehemalige Gemeindeammann Walter Dubler befürchtete sogar schlimme Zustände im Zentrum. Er nannte alle Grossprojekte, die jetzt oder bald realisiert sind. Das sind doch einige. Die Zunahme des Verkehrs sei beängstigend. Man hätte eben die Verkehrsplanung mit der Motion der Mitte von 2020 sofort anpacken müssen, so Dubler weiter. «Wir kommen im Zentrum an einen Punkt, der nicht mehr erträglich ist.»
Er sei sich dieser Problematik bewusst, antwortete Gemeindeammann Arsène Perroud. «Aber wir können das Rad nicht mehr zurückdrehen.» Man habe auch bei der besagten Motion im Jahr 2020 erklärt, dass die Überarbeitung des Kommunalen Gesamtplans Verkehr erst im Jahr 2022 starten wird.
Trotzdem: Wenn die neue Ausrichtung oder Planung noch etwas bewirken sollte – dann ist es jetzt höchste Zeit, um zu handeln.