Tatsächlich gewonnen
18.01.2022 Sport34 Tage, 23 Stunden und 42 Minuten war das Team von Swiss Raw auf dem Atlantik unterwegs. Jetzt sind die vier jungen Männer des Ruderclubs Hallwilersee als Sieger der Talisker Whisky Atlantic Challenge im Ziel in Antigua und Barbuda angekommen. Sie sind die ersten Sieger dieses Rennens, die ...
34 Tage, 23 Stunden und 42 Minuten war das Team von Swiss Raw auf dem Atlantik unterwegs. Jetzt sind die vier jungen Männer des Ruderclubs Hallwilersee als Sieger der Talisker Whisky Atlantic Challenge im Ziel in Antigua und Barbuda angekommen. Sie sind die ersten Sieger dieses Rennens, die aus einem Binnenland stammen. --jl
So sehen Sieger aus
Rudern: Swiss Raw gewinnt die Talisker Whisky Atlantic Challenge
Sie haben es tatsächlich geschafft. Die vier Mitglieder des Ruderclubs Hallwilersee feiern den Sieg an der Talisker Whisky Atlantic Challenge. Das Team «Swiss Raw», das vom Murianer Paar Annick Kohler und Yves Neupert während dreieinhalb Jahren auf den Wettkampf vorbereitet wurde, ist das erste Team aus einem Binnenland, das gewonnen hat.
Josip Lasic
Am Sonntag, kurz vor Mittag, feiert eine Gruppe von rund 20 Personen in der Autobahnraststätte «My Stop» in Affoltern am Albis beim Public Viewing. Die Gruppe besteht aus Sponsoren von Swiss Raw und Angehörigen von Jan Hurni (27) aus Seuzach, Roman Möckli (27) aus Hinwil, Ingvar Groza (26) aus Bern und Samuel Widmer (27) aus Döttingen.
Gefeiert wird, dass die vier jungen Männer Geschichte schreiben. Auf Antigua und Barbuda ist es 6.55 Uhr morgens, als das Ruderboot «Jasmine 2» die Ziellinie der Talisker Whisky Atlantic Challenge überquert. Zum ersten Mal seit der Premiere des Rennens im Jahr 1997 ist es einem Team aus einem Binnenland gelungen, zu gewinnen.
Mit Vollbärten und Gewichtsverlust
34 Tage, 23 Stunden und 42 Minuten benötigte das Team von Swiss Raw, um den Atlantik von La Gomera auf den Kanarischen Inseln bis nach Antigua und Barbuda zu überqueren. Die rund 5000 Kilometer haben Spuren hinterlassen. Die vier jungen Männer tragen bei der Siegesfeier alle Vollbärte. Körperlich wirken sie deutlich schlanker. «Kein Wunder», sagt Teammanager Yves Neupert. «Sie haben unterwegs zwischen 12 und 21 Kilogramm abgenommen.»
Dafür wurden sie bei der Ankunft im Karibikstaat entschädigt. Nach der Siegesfeier wartete im Hotel ein Essen auf sie, das sie sich vorher wünschen durften. Nach einer Cola, um wieder zu Kräften zu kommen, genehmigte sich das Team von Swiss Raw Hamburger mit Pommes und einen Schluck Bier.
Ein riesiger Teamgeist sichtbar
Dazu konnten sie per Livestream mit ihren Fans beim Event in Affoltern am Albis sprechen. Viele wollten wissen, was die schwierigen Momente waren. «Es kam im Team einmal zu einer grösseren Diskussion», erzählt Jan Hurni. «Wir mussten die Situation schnell beruhigen. Das haben wir souverän geschafft.» Das Team wusste im Vorfeld, dass es nicht leicht sein würde, über einen Monat permanent zusammen zu sein. Sie wussten ebenfalls, dass sie sich keinen Streit mitten auf dem Atlantik erlauben können, und konnten das verhindern.
Roman Möckli: «Einer der schwersten Momente war, als mich Ingvar eine Stunde länger schlafen liess, statt mich für meine Ruderschicht zu wecken. Das war ein Geschenk von ihm an mich. Ich habe mich aber schlecht gefühlt, eine Stunde weniger zu rudern, und habe für mein Gewissen mehr Stunden zusätzlich gerudert.» Die beiden Beispiele zeigen, wie gross der Teamgeist bei den vier Mitgliedern des Ruderclubs Hallwilersee war, mit dem sie diese Herausforderung gemeistert haben.
Dem Weltrekord wird nicht mehr nachgetrauert
Von einem zusätzlichen schweren Moment erzählt Yves Neupert. «Wir hatten am 29. Tag Kontakt mit den Jungs. Das war der Tag, an dem sie im Ziel hätten eintreffen müssen, um den Weltrekord zu brechen. Da war die Stimmung schon etwas trüber», erzählt der Teammanager. «Im Endeffekt war es aber dieses Jahr mit den äusseren Bedingungen schlichtweg unrealistisch, diesen Rekord aufzustellen. Aktuell trauert dem niemand hinterher. Es sind bei den Jungs, aber auch bei uns, gemischte Gefühle, ein Mix aus grosser Freude über den Sieg und Erschöpfung.»
Grosser Erfolg für Kohler und Neupert
Der Sieg ist nicht zuletzt auch ein grosser Erfolg für Annick Kohler und Yves Neupert. Die Freiämter Ruderkoryphäe Kohler hat das Quartett trainiert. Innerhalb von dreieinhalb Jahren hat sie aus vier Männern, die zuvor nie in einem Ruderboot sassen, die Sieger beim härtesten Ruderrennen der Welt geformt. Und Yves Neupert hat als Teammanager viel Herzblut in die Organisation und die Administration gesteckt und half zudem immer wieder als Trainingspartner aus.
Die dreieinhalbjährige Reise ist nun zu Ende. Wie es weitergeht, müssen alle zusammen evaluieren. Während des Gesprächs per Livestream werden die Sieger gefragt, wann sie denn wieder starten. Die jungen Männer scherzen. «Wir müssen ja wieder nach Hause kommen. Da dachten wir, dass wir einfach wieder zurückrudern.» Aktuell wissen aber alle noch nicht, ob es eine Fortsetzung dieser Story gibt. Im letzten Newsletter schreibt Neupert abschliessend: «Nun lassen wir die Ruderer akklimatisieren, ausruhen und wieder zu Kräften kommen.»
Das müssen er und Annick Kohler auch. «Es ist eine gewisse innere Leere da, jetzt wo das Ganze zu Ende ist», sagt der Teammanager. Einen Platz in den Geschichtsbüchern hat sich Swiss Raw auf jeden Fall gesichert.
Infos zum Team und zu den Spenden, die sie für das Kinderhilfswerk «Kovive» sammeln, unter: https://swiss-raw.ch/