Geschichtszeuge und Strommuseum
30.04.2021 GewerbeDie Bruggmühle in Bremgarten war über ein Jahrhundert auch ein Stromlieferant
Das Inseli am linken Reussufer unterhalb der Holzbrücke hatte schon im frühen Mittelalter grosse Bedeutung für Bremgarten.
Die Bruggmühle liegt unterhalb der ...
Die Bruggmühle in Bremgarten war über ein Jahrhundert auch ein Stromlieferant
Das Inseli am linken Reussufer unterhalb der Holzbrücke hatte schon im frühen Mittelalter grosse Bedeutung für Bremgarten.
Die Bruggmühle liegt unterhalb der Holzbrücke über der Reuss gegenüber dem Bollhaus zwischen Kanal und Flusslauf. Seit Jahrhunderten nutzte man hier die Wasserkraft. Der südlich der Brücke liegende Fällbaum teilt die Reuss in drei Uferpartien.
Die zwei seitlich angelegten Kanäle sind durch Längsdämme oder Seitenwehre vom mittleren Flusslauf getrennt. Die vom Fällbaum erzeugte Stauhöhe führte das Wasser über die Seitenkanäle zu mehreren auf beiden Reussufern und beidseitig der Insel angeordneten Wasserrädern. Diese trieben ursprünglich eine Getreidemühle, eine Sägerei, eine Kapuzinerkuttenwalke, eine Hanfreibe, eine Spinnerei und am stadtseitigen Kanal die Unterstadtmühle und später eine Papiermühle an.
Seit 1880 wird Strom produziert
Der Aargauer Regierungsrat bewilligte im Jahr 1880 Conrad Mantel den Ersatz der rechtsufrigen Wasserräder durch eine Jonval-Turbine mit 120 Pferdestärken Leistung als Antrieb der Baumwollspinnerei. In der Bruggmühle entstand 1892 das erste wasserkraftbetriebene Elektrizitätswerk an der Reuss – auch eines der ersten in der Schweiz – mit zwei über Riemen von der Hauptwelle angetriebenen Gleichstrom-Generatoren. Es versorgte zuerst Strassenlampen und ab 1902 die elektrisierte Bremgarten-Dietikon-Bahn. Um auch in der Niedrigwasserzeit im Winter die Bahn zuverlässig mit Strom zu versorgen, baute die 1895 von Capar Hausherr gegründete Aktiengesellschaft «Elektrizitätswerk zur Bruggmühle» unterhalb des Maschinenhauses noch eine Dampfmaschine, ein sogenanntes «Lokomobil» und die Bremgarten-Dietikon-Bahn einen Batterieraum. Nach dem Ausbau um 1920 trieb das Wasser beidseits der Insel Francis-Turbinenräder an, welche über eine lange Antriebswelle quer über die Insel und ein Getriebe auf einem gemeinsamen dreiphasigen Generator arbeiteten. Diese Bauart mit den «Zwillingsturbinen» ist eine technisch interessante, einmalige Lösung. Das Sägewerk am linken Reussufer bezog man 1920 in die Kraftwerkanlage ein mit einem separaten Generator und der «Sägeturbine».
1999 neues Kraftwerk mit stark erhöhter Leistung
Im Jahr 1927 übernahm das Aargauische Elektrizitätswerk das «Elektrizitätswerk zur Bruggmühle» mit den Kraftwerkanlagen und der Versorgung von Bremgarten. Eine neue 1997– 1999 erstellte Rohrturbinenanlage mit auf 650 kVA erhöhter Leistung und einer mittleren Jahresproduktion von 3,5 Millionen Kilowattstunden ersetzt die Sägeturbine und die linksseitige Zwillingsturbine. Die rechtsseitige Turbine samt Zuführkanal, Rechen und Abschlussorganen blieb beim Umbau unverändert. Die alte Kraftwerksanlage mit dem Zwillingsantrieb, den grossen Holzzahnrädern, der Turbinenregulierung, den Übertragungswellen, dem Getriebe mit Schwungrad und dem Generator wird seither nur noch von einer Turbine angetrieben. Als Belastung dient der renovierte Wasserwiderstand.
Stilllegung und Neunutzung
Nach mehr als einem Jahrhundert Stromproduktion legte die AEW Energie AG 1998 die Anlage still, bedingt durch deren Alter und den Ablauf der Konzession. Schon ein Jahr später einigten sich Denkmalpflege, Wasserbauamt und Stadtrat auf eine Basis für den Heimfall an den Kanton und die Konzession für ein neues Kleinkraftwerk, das der aargauische Regierungsrat 1995 in die erneuerte Konzession übernahm. Als ausdrückliche Auflage der Konzession war die alte Kraftwerksanlage mit der stadtseitigen Turbine in einem betriebsfähigen Zustand in ein Museum zu überführen. Mit Beschluss vom 18. Oktober 1995 stellte der Regierungsrat die Maschinenanlage und die Wehranlage mit den Streichwehren unter Denkmalschutz. Für die erfolgreiche Umsetzung des Museumskonzeptes bildete sich im Jahr 2000 der «Museumsverein Bruggmühle», dessen Mitglieder in vielen tausend Frondienststunden die Museumsanlage mit viel Liebe zum Detail renovierten und restaurierten. Die feierliche Einweihung fand am 25. April 2005 statt. Periodisch werden seither Führungen veranstaltet. --rts
Quellenangabe: Alfred Koch, Bremgarter Neujahrsblätter 2006: «Die Bruggmühle wird zum Museum Reusskraftwerk».