Nationalspieler Silas Müller vor dem Super Bowl

Der Bremgarter Silas Müller ist Football-Experte. Er ist Spieler der Argovia Pirates und der Schweizer Nationalmannschaft.

In der Nacht von Sonntag auf Montag ist es wieder so weit. Die Tampa Bay Buccaneers und die Kansas City Chiefs bestreiten den 55. Super Bowl. Der Freiämter Silas Müller favorisiert in diesem Duell das Team aus Tampa Bay. Der Bremgarter spielt für die Argovia Pirates. Tampa Bays Club-Name Buccaneers bedeutet auf Deutsch «Freibeuter». So sind beide pirateristisch unterwegs.

Der Koloss wird sich das Spiel mit zwei Teamkollegen ansehen, die ebenfalls aus dem Freiamt sind. Bei den Argovia Pirates sind ohnehin viele Spieler und Betreuer aus der Region. Das Freiamt hat eine lange American-Football-Tradition. 1985 wurden in Zufikon die Argovia Outlaws gegründet. 1991 in Wohlen die Wohlen Thunderbirds. Es waren zwei der ersten Football-Teams im Kanton Aargau. Heute hat das Freiamt kein Football-Team mehr, die Begeisterung für die taktische Sportart ist geblieben. --jl

Die Freiämter Football-Party

American Football: Nationalspieler Silas Müller aus Bremgarten vor dem Super Bowl

Der Super Bowl ist jedes Jahr eines der grössten Sportereignisse. Wie verfolgt ein Schweizer American-Football-Nationalspieler diesen Event? Und wen sieht er als Favoriten? Silas Müller gibt Auskunft.

Josip Lasic

Bis zu 800 Millionen Menschen werden sich den Super Bowl ansehen. Einer davon wird der 27-jährige Silas Müller sein. Der Bremgarter ist allerdings nicht irgendein American-Football-Fan. Er spielt als Left Tackle bei den Argovia Pirates und ist Teil der Schweizer Nationalmannschaft im American Football. Die Freude auf den Super Bowl ist beim Freiämter allerdings ein wenig getrübt. Grund: Die Argovia Pirates haben die letzten drei Jahre in Folge ein Public Viewing im Kino Ideal in Aarau veranstaltet. Dieses Jahr fällt die grosse Super-Bowl-Party wegen Corona aus. «Es kamen jeweils viele Leute, von Jahr zu Jahr mehr», erzählt er. Der Super Bowl im Kino wurde eine regelrechte Football-Party. «Schade, geht das dieses Jahr nicht.»

Auch Viktor Gegeckas, Präsident der Pirates, ist enttäuscht. Eine Alternative zur Super-Bowl-Party im Kino in Aarau gibt es kaum. Eine «Zoom»-Party online? «Ich weiss nicht, wie spannend es ist, mir zuzusehen, wie ich in Trainerhosen auf meiner Couch rumsitze», sagt der Präsident lachend.

Party mit Finger Food

So bleibt den Football-Fans nichts anderes übrig, als den Final von Tampa Bay gegen Kansas City in der Nacht auf Montag in einem kleinem Rahmen anzuschauen. Silas Müller ist bei einem Teamkollegen eingeladen. Gemeinsam mit Dominique Widmer, einem Murianer der ebenfalls für die Argovia Pirates spielt, wird er sich den Final anschauen. «Dominique hat für das richtige ‹Super Bowl Feeling› American Finger Food zum Essen organisiert. Wir haben eine Super-Bowl-Party zu dritt», sagt der Bremgarter lachend. Ebenfalls dabei beim nächtlichen Sport-Event ist Widmers Mitbewohner Mischa Peter. Ein Villmerger, der früher ebenfalls für die Pirates spielte. Und dessen Familie enorme Football-Fans sind. Mutter Monika Peter ist nach wie vor Betreuerin im Verein. Vater Roland Peter war Mitbegründer des Vereins und bis zur letzten Saison Assistent der U 19-Mannschaft – und er war in den 1990er-Jahren ein Spieler des mittlerweile aufgelösten Vereins «Wohlen Thunderbirds». Allein dieser Fakt zeigt, dass beim einzigen Football-Club im Kanton viel Freiämter Power dabei ist.

In Muri wird es jedenfalls eine kleine Freiämter Super-Bowl-Party geben mit drei Leuten. «Die meisten Vereinsmitglieder werden das ähnlich handhaben und sich in kleinen Gruppen treffen», erklärt er. Müller und seine Kollegen versuchen das Beste daraus zu machen. Doch nicht nur das Super-Bowl-Feeling fehlt. «Wir haben keine Trainings. Dadurch sehen wir uns seltener», sagt Müller. «Normalerweise wären wir in jedem Training am Fachsimpeln, wer Favorit ist. Das fehlt dieses Jahr und trübt ein wenig die Vorfreude.»

Hoffnung auf Tampa Bay

Doch wer ist überhaupt Favorit in den Augen von Müller? Kansas City ist Titelverteidiger. Tampa Bay hat Heimvorteil. «Kansas City hat mit Patrick Mahomes einen jungen, starken Quarterback. Tampa Bay hat mit Tom Brady einen absoluten Routinier auf dieser Position, der schon sechsmal den Titel geholt hat. Ich denke, es wird ein enges Spiel», sagt der Bankangestellte, der mit seinem Vater auch eine Eventzulieferer-Firma betreibt. Müller bevorzugt einen Sieg der Tampa Bay Buccaneers, weil er dem 43-jährigen Quarterback Tom Brady den Titel von Herzen gönnen würde.

Der Einzige, der trainieren darf

In der Nacht von Sonntag auf Montag kann es sich Silas Müller gemütlich machen und anderen beim American Football zusehen. Ende Februar ist er selbst wieder an der Reihe. Im Gegensatz zum Verein Argovia Pirates darf die Schweizer Nationalmannschaft trainieren. «Wir führen einen Leistungscheck durch, um zu sehen, wo die aktuellen Spieler gerade stehen. In anderen Worten, die Verantwortlichen wollen wissen, wer im Lockdown auch wirklich trainiert.»

Müller ist zuversichtlich, dass er in guter Form ist. Er hat einen gezielten Trainingsplan, den er diszipliniert umsetzt. Als Einziger der Argovia Pirates, der trainieren darf, hofft er, beim Leistungscheck gut abzuschneiden. Unter Umständen hilft es, nicht zu viel American Finger Food während des Super Bowl zu essen.

American Football im Freiamt

In der Schweiz wird American Football erst seit den 1980er-Jahren gespielt. Im Freiamt entstanden früh die ersten Vereine. 1985 wurden in Zufikon die Aargau Outlaws gegründet, die bis 1990 existierten. Nach deren Auflösung entstanden 1991 in Reinach die Argovia Steelers und im Freiamt die Wohlen Thunderbirds. Aus den beiden Vereinen wurden 1993 die Argovia Thunderbirds. Diese fusionierten im Jahr 2000 mit den Aarau Eagles zu den Aarau Raptors, die bis 2003 bestanden. Nach deren Auflösung gab es im Kanton zehn Jahre lang kein American Football Team.

Diese Freiämter Wurzeln wirkten sich auch auf die Gründung der Argovia Pirates aus. 2013 sassen ehemalige Mitglieder der Wohlen Thunderbirds zusammen im Piccadilly Pub in Wohlen und hatten die Idee, einen neuen Verein zu gründen. 2014 entstanden aus dieser Idee die Argovia Pirates. --jl