Stille Helferin
11.08.2020 EggenwilSommerserie «Starke Frauen»: Erna Staub aus Eggenwil
Für die 81-jährige Erna Staub aus Eggenwil steht immer der Mensch im Vordergrund. Noch im hohen Alter engagiert sie sich im Dorf für die Nachbarschaft und im Reusspark ...
Sommerserie «Starke Frauen»: Erna Staub aus Eggenwil
Für die 81-jährige Erna Staub aus Eggenwil steht immer der Mensch im Vordergrund. Noch im hohen Alter engagiert sie sich im Dorf für die Nachbarschaft und im Reusspark Gnadenthal.
Roger Wetli
«Mein Helfer-Gen ist wohl ein Erbe meiner Mutter», sinniert Erna Staub. «Es war für sie immer selbstverständlich, sich für die Gemeinschaft einzusetzen. Also tue ich es automatisch ebenfalls.» Wobei Erna Staub dieses Engagement nach der Scheidung 1985 deutlich verstärkte. «Meine drei Kinder wurden 1960, 1961 und 1963 geboren. So bin ich Mitte der 1980er-Jahre in die Ehrenämter reingeschlittert, als sie bereits gross waren. Ich hatte das Motto: ‹Wenn meine Kinder schon in den Ausgang gehen, kann ich das auch.›» Gleichzeitig fing sie an, sich immer mehr politisch zu engagieren. Dies auch dank Esther Bänziger, die ebenfalls in Eggenwil wohnt. Mehrere Jahre sass sie Ende der 80er-Jahre für die SP im Grossen Rat.
Wildfremden Menschen helfen
Nach Eggenwil zog sie mit ihrer Familie 1967. 1982 wurde sie dessen Gemeindeschreiberin, bevor es sie 1987 für dieselbe Position nach Bellikon zog. 1992 nahm Erna Staub die Stelle als Kirchenschreiberin der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde des Kantons Zug an und zügelte dafür in dessen Hauptstadt. Dort engagierte sie sich drei Jahre im Kantonsrat. Nach ihrer Pensionierung 2003 kam sie zurück ins Reussdorf.
«Politisch wollte ich immer denen eine Stimme geben, die keine haben», erklärt sie. «Mir war es ein Bedürfnis, auch wildfremden Menschen zu helfen.» Bis heute ist ihr nicht das grelle Rampenlicht wichtig, sondern die ganz konkrete Hilfe. «Deshalb fallen mir auch keine grossen Erfolge ein, die ich erreicht habe», gesteht sie. «Dafür habe ich den Leuten immer zugehört und sie ernst genommen.»
In die Ämter hineingerutscht
Dieses Zuhören gehört zu Erna Staubs grossen Stärken. Deshalb wurde sie immer wieder als Präsidentin von verschiedenen Vereinen gewählt. Neben der Spitex Bremgarten, Eggenwil und Zufikon (von 2005 bis 2015) stand sie verschiedenen lokalen SP-Ortsparteien vor. «Ich suchte diese Präsidentenposten nie aktiv, sondern bin immer hineingerutscht und habe dann einfach die Arbeit gemacht», sinniert sie. «Ich war früher für viele eine Art Vertrauensperson und konnte gut bei Konflikten vermitteln. Das machte mich wohl für andere zur idealen Präsidentin.» Geschlichtet habe sie aber auch bereits vor 1985 immer wieder. «Bei Streit zwischen Nachbarn versuchte ich aus eigenem Antrieb zu vermitteln», erklärt sie.
Erna Staubs Antrieb ist eine innere Unruhe, im positiven Sinn. «Es muss bei mir immer etwas gehen», erklärt sie. «Das gibt mir eine grosse Befriedigung. Wenn ich konstruktiv helfen kann, bin ich glücklich.» Wenn ihr etwas wichtig gewesen sei, habe sie sich immer mit viel Energie dafür eingesetzt.
Auch als 81-Jährige engagiert sich Erna Staub. Sie leitet mit zwei weiteren Personen die Eggenwiler Nachbarschaftshilfe «I guete Händ» und gehört zu den ehrenamtlichen Helfern im Reusspark. «Auch da geht es darum, einfach mal zuzuhören oder den Reusspark-Bewohnern eine kleine Freude zu bereiten.»
Menschlichkeit fehlt heute oft
Allerdings merkt Erna Staub, dass ihre Kräfte langsam schwinden. «Ich bin am Abend mittlerweile zum Teil sehr müde. Ich schaue deshalb zurzeit, was ich künftig noch machen kann.» Heute fehle ihr in der Gesellschaft oft die Menschlichkeit. Vieles sei heute gleichgültig. «Man hilft sich nicht mehr gegenseitig. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen. Aus diesem Gedanken ist auch ‹I guete Händ› herausgewachsen.»