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24.07.2020 SportDer Dottiker Marco Corradi kämpft nach einem Kreuzbandriss um sein Comeback beim FC Aarau
Marco Corradis Karriere gleicht einer Achterbahnfahrt. Debüt im Profifussball mit 17 Jahren. Ein Abstecher in die 3. Liga. Rückkehr zum FCA. Kreuzbandriss. Jetzt will ...
Der Dottiker Marco Corradi kämpft nach einem Kreuzbandriss um sein Comeback beim FC Aarau
Marco Corradis Karriere gleicht einer Achterbahnfahrt. Debüt im Profifussball mit 17 Jahren. Ein Abstecher in die 3. Liga. Rückkehr zum FCA. Kreuzbandriss. Jetzt will der Dottiker in der kommenden Saison angreifen.
Marco Corradi jongliert einen Fussball im Garten seines Elternhauses in Dottikon. «Ich habe den Ball vermisst», sagt der 20-Jährige. Der Innenverteidiger des FC Aarau ist ein vielversprechendes Talent.
In der laufenden Saison wollte er in der Challenge League durchstarten. Ein Kreuzbandriss macht diesen Plan zunichte. Am 29. Juni 2019 bestreitet der FC Aarau ein Testspiel gegen Thun. Die Partie findet im bernischen Heimberg statt. Der Rasen der Spielstätte des Drittligisten FC Heimberg weist Unebenheiten auf. Der Dottiker bleibt in einem Loch im Rasen hängen. «Ich habe einen Knall gehört. Zuerst dachte ich, dass die Kniescheibe raus- und wieder reingesprungen ist», erklärt Corradi. Das Physio-Team des FC Aarau kapiert schnell, worum es sich handelt. Diagnose: Kreuzbandriss.
Die Mitspieler versuchen Trost zu spenden. Darunter der Wohler Marco Thaler, der die Erfahrung Kreuzbandriss selbst durchmachen musste. Ebenso Corradis Nachbar in Dottikon, Goran Karanovic, der eine Saison vorher für Aarau gespielt hat. «Sie wussten, dass es schwierig wird, mich aufzustellen. Ich fiel in ein Loch», erklärt der Freiämter.
Nach einer Knie-Operation und einer langen Reha-Phase kann der Dottiker mittlerweile im vollen Umfang mit der 1. Mannschaft der Aarauer mittrainieren. Spielen darf er laut seinen Ärzten aber erst in der nächsten Saison.
Debüt des «Millennium-Babys»
Vor dreieinhalb Jahren sieht die Welt des jungen Fussballers ganz anders aus. 12. Februar 2017: 2085 Zuschauer verfolgen auf der Niedermatten in Wohlen das Aargauer Kantonsderby zwischen Wohlen und Aarau. Die Nachspielzeit läuft. Die Gäste aus der Kantonshauptstadt führen mit 2:1. Aarau-Trainer Marco Schällibaum wechselt Torschütze Patrick Rossini aus. Rein kommt Marco Corradi. Die Einwechslung geht in die Geschichtsbücher ein. Zum ersten Mal wird im Schweizer Profifussball ein Spieler mit Jahrgang 2000 oder jünger eingesetzt. «Es war ein grossartiges Gefühl», erzählt der Fussballer. «All meine Kollegen waren auf der Niedermatten.»
Der Dottiker, der am 1. Januar 2000 das Licht der Welt erblickt hat, erhält in Aarau den Spitznamen «Millennium-Baby». Die Einwechslung in Wohlen, in der Nachspielzeit des Derbys, sie erscheint wie ein passender Höhepunkt für die Karriere des Juniorenfussballers Marco Corradi und wie ein gebührender Startschuss für seine Profi-Karriere.
Vater Mario Corradi spielte früher mit dem FC Wettingen in der Nationalliga A. Er bringt seinen Sohn auf den Geschmack des Sports. Im Alter von sechs Jahren schliesst sich Marco Corradi den Junioren des FC Wohlen an – und er zeigt Talent. Nach einem Trainingscamp mit dem FC Aarau holt ihn der Verein aus der Kantonshauptstadt zu sich. Der Freiämter ist zu diesem Zeitpunkt erst zehn Jahre alt. Ab da absolviert Corradi alle Juniorenstationen beim FCA. Er wird Teil der Schweizer Nachwuchsnationalmannschaften. Der Traum vom Profifussball scheint wahr zu werden. Spätestens als Corradi von der U18 vom Team Aargau direkt in die 1. Mannschaft des FC Aarau befördert wird und zu seinem ersten Einsatz kommt, sieht es aus, als hätte er es geschafft. Der Dottiker erhält drei weitere Einsätze im Fanionteam der Aarauer. Gegen Chiasso kann er beinahe eine ganze Halbzeit spielen, gegen Xamax erneut einige Minuten in der Nachspielzeit. Gegen Servette darf er sogar durchspielen. Zwischendurch sammelt er Spielpraxis beim Team Aargau U21.
Einmal 3. Liga und zurück
Dieses Team wird nach Saisonende aufgelöst. Corradi wird er an den FC Baden in die 1. Liga Classic verliehen, um weiter Spielpraxis zu sammeln. «Mir hat das gut gepasst», erklärt der Dottiker. Zu diesem Zeitpunkt muss er ins Militär. «Baden hat nur am Abend trainiert hat. Ich konnte so trotz Militär dabei sein.» Im Militär wird der Sportler bei einem längeren Marsch gefordert. Er, der vorher nur in der Büroordonnanz eingeteilt war, muss neben seiner Ausrüstung ein schweres Funkgerät tragen. «Meine Stiefel waren zudem nicht eingelaufen. Ich hatte eine Entzündung an den Sehnen.»
Der Dottiker hat danach Trainingsrückstand und muss diesen mit der 2. Mannschaft des FC Baden aufholen. Er wird in der 3. Liga eingesetzt. «Das war kein Problem», sagt er lachend. Er läuft im Duell gegen Muri II auf. Bei den Murianern spielt einer seiner besten Freunde. «Ich hatte zum ersten Mal die Gelegenheit gegen ihn zu spielen. Das war schön.»
Wieder in den Angriffsmodus
Es ist diese Fähigkeit auch negativen Situationen etwas Positives abzugewinnen, die Marco Corradi durch die Zeit nach dem Kreuzbandriss geholfen hat. «Ich hatte mehr Zeit für meine Familie und meine Freundin, konnte abschalten und Abstand zu den negativen Gedanken bekommen», erzählt er.
Bei Baden kämpft sich der Freiämter zurück in die 1. Mannschaft. Nach der Rückkehr zu Aarau soll er seine erste volle Saison als Profi bekommen. Dann reisst das Kreuzband. Der Innenverteidiger lässt sich nicht unterkriegen, will wieder angreifen. Er hat noch einen einjährigen Vertrag in Aarau. «Fussballer zu werden ist mein Ziel. Wegen einer Verletzung gebe ich nicht auf», sagt Corradi. «Ich nehme Schritt für Schritt. Mit 20 Jahren habe ich noch Zeit.» --jl