Solidarität unter den Gemeinden
03.07.2020 KantonDer Kanton Aargau veröffentlicht die aktuellen Zahlen zum Finanzausgleich für das kommende Jahr. Gesamthaft werden 93 Millionen Franken an die Gemeinden ausbezahlt. 138 Gemeinden profitieren davon, 72 Gemeinden leisten Abgaben. Beide Seiten sind auch in den Bezirken Muri und Bremgarten ...
Der Kanton Aargau veröffentlicht die aktuellen Zahlen zum Finanzausgleich für das kommende Jahr. Gesamthaft werden 93 Millionen Franken an die Gemeinden ausbezahlt. 138 Gemeinden profitieren davon, 72 Gemeinden leisten Abgaben. Beide Seiten sind auch in den Bezirken Muri und Bremgarten vertreten. Während viele kleine Gemeinden auf Beiträge aus dem Finanzausgleich zählen dürfen, tut dies auch das Regionalzentrum Wohlen. Und dies mit dem höchsten Betrag, 4,6 Millionen Franken.
Dem gegenüber stehen vor allem die Gemeinden im Kelleramt und auf dem Mutschellen. Freiämter Spitzenreiterin der zahlenden Gemeinden ist Oberwil-Lieli mit gut 2,7 Millionen Franken. --ake
93 Millionen für die Gemeinden
Kanton informiert über die Finanzausgleichszahlungen – die Unterschiede sind auch im Freiamt gross
Im Jahr 2021 erhalten 138 Gemeinden Finanzausgleichsbeiträge in der Höhe von rund 93 Millionen Franken netto. Die Leiter Finanzen einiger Freiämter Gemeinden nehmen Stellung zur Situation in ihrer Gemeinde.
Susanne Schild, Annemarie Keusch
Der Finanzausgleich setzt sich aus dem Ressourcenausgleich und dem Lastenausgleich zusammen. Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Finanzkraft erhalten aus dem Ressourcenausgleich Beiträge, während Gemeinden mit überdurchschnittlicher Finanzkraft Abgaben leisten. Gemeinden, die trotz dieser Ausgleichszahlungen eine minimale Ressourcenstärke nicht erreichen, erhalten zusätzlich Mindestausstattungsbeiträge.
Aus dem Lastenausgleich erhalten jene Gemeinden Beiträge, die in den Bereichen Bildung und Soziales sowie aufgrund räumlich-struktureller Gegebenheiten überdurchschnittliche Lasten zu tragen haben. Unterdurchschnittlich belastete Gemeinden leisten Abgaben.
Beiträge stabil für die meisten Gemeinden
Viele Gemeinden erhalten aus einem Ausgleichsgefäss Beiträge, in ein anderes hingegen müssen sie Abgaben leisten. Alle diese Einzelpositionen werden addiert, sodass für jede Gemeinde ein Nettobeitrag oder eine Nettoabgabe resultiert. Im Jahr 2021 erhalten 138 Gemeinden Finanzausgleichsbeiträge in der Höhe von rund 93 Millionen Franken.
72 Gemeinden leisten Abgaben von rund 65 Millionen Franken. Aus den kantonalen Steuerzuschlägen werden rund 28 Millionen Franken finanziert. Das Gesamtvolumen der Beiträge und der Abgaben liegt um je etwa drei Millionen höher als im Vorjahr. In erster Linie erhöht sich das Niveau des Ressourcenausgleichs, was auf die generell ansteigenden Steuererträge zurückzuführen ist.
Oberwil-Lieli zahlt am meisten
Gemeinden, die teils hohe Beiträge bezahlen, aber auch Gemeinden, die eine stattliche Summe als Finanzausgleich erhalten – die gesamte Bandbreite gibt es auch im Freiamt. Gut 300 000 Franken zahlt Bremgarten im nächsten Jahr in den Finanzausgleich, rund 50 000 Franken weniger als im aktuellen Jahr. Hans Peter Bäni, Leiter Finanzen, sagt dazu: «Mit der Veränderung im Steuerkraftausgleich ist erkennbar, dass es Bremgarten im Verhältnis zum Kantonsmittel gegenüber den Vorjahren finanziell leicht schlechter geht.» Gleich tönt es bei der Gemeinde Zufikon. «Der kantonale Normsteuerertrag weist eine höhere Zunahme auf als jener in Zufikon», begründet Hanspeter Füglistaler, Leiter der Abteilung Finanzen, die Tatsache, dass Zufikon rund 140 000 Franken weniger einzahlen muss als im aktuellen Jahr.
Leicht angestiegen ist der Betrag beispielsweise für die Gemeinde Widen. Mirjam Schaniel, Leiterin Finanzen, begründet dies ganz einfach: «Steigende Einwohnerzahl, höherer Steuerkraftausgleich, tieferer Bildungslastenausgleich.» Die Freiämter Gemeinde, die am meisten Geld in den Finanzausgleich zahlt, ist Oberwil-Lieli. Gut 2,7 Millionen Franken sind es. Leicht mehr als im Vorjahr.
Dazu sagt Andreas Bützer Leiter Finanzen: «Der Grund liegt bei der Abnahme der Übergangsbeiträge.» Die berechnete Abgabe war in den letzten Jahren konstant, die Übergangsbeiträge, die abgezogen werden können, gingen aber zurück.
Pro-Kopf-Steuerertrag ist mitentscheidend
Die meisten Freiämter Gemeinden gehören zu jenen, die vom Finanzausgleich profitieren. 1,6 Millionen Franken etwa erhält die Gemeinde Villmergen. Andreas Güttinger, Leiter Finanzen, erklärt, warum der Betrag im Vergleich zum laufenden Jahr um über 300 000 Franken stieg. «Die Pro-Kopf-Steuerkraft in Villmergen verschlechterte sich im Vergleich zum Kantonsmittel.» Im Durchschnitt der letzten drei Jahre lag er bei gut 2300 Franken – das Kantonsmittel bei knapp 2800 Franken. Zu einer möglichen Steuerfusserhöhung sagt Güttinger: «Wenn möglich nicht.»
Auch Muri erhält durch den Finanzausgleich Geld. Gut 300 000 Franken sind es im nächsten Jahr, ein Stück weniger als im aktuellen Jahr. «Wesentlich ist die Veränderung des Normsteuerertrages. Dies basiert auf sehr guten Steuerabschlüssen in den Jahren 2018 und 2019», sagt Patrik Lang, Leiter Finanzen der Gemeinde Muri. Im Vergleich zum aktuellen Jahr ist auch der Beitrag für die Gemeinde Dottikon tiefer. Lorenz Küng, Leiter Finanzen, sagt dazu: «Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Beitrag aus dem Bildungslastenausgleich weniger beträgt.»
Am meisten Geld – 4,6 Millionen Franken – erhält die Gemeinde Wohlen aus dem Finanzausgleich. Caroline Wiederkehr, Leiterin Stabsdienste, sagt dazu: «Die Steuerkraft der Gemeinde Wohlen liegt 17,5 Prozent unter dem kantonalen Mittelwert.» Zudem beziehen laut einem Mittelwert der letzten drei Jahre rund 660 Personen Sozialhilfe in Wohlen. Zwar könne die Gemeinde mit der Entwicklung der Steuerkraft im kantonalen Schnitt mithalten. Grösser wird der Finanzausgleichsbeitrag im Vergleich zum aktuellen Jahr trotzdem – weil die Bevölkerungszahl angestiegen ist.
Auswirkungen des Coronavirus zeigen sich später
Der Ressourcenausgleich wird auch in den nächsten Jahren ein wichtiger Bestandteil des kantonalen Finanzhaushalts bleiben – insbesondere mit Blick auf die unsichere wirtschaftliche Lage und den zu erwartenden Steuerrückgang aufgrund der Coronapandemie. Wie sich der Ressourcenindex des Kantons Aargau in den nächsten Jahren entwickeln wird, ist unsicher. Finanzdirektor Markus Dieth rechnet kurzfristig mit einem weiteren Rückgang – dies, obwohl auch in den Rechnungen 2018 und 2019 ein Überschuss resultierte. «Eine wichtige Grundlage für die Berechnung des Ressourcenpotenzials ist letztlich auch die Entwicklung in den anderen Kantonen», so Finanzdirektor Markus Dieth.
Da die Beiträge im Dreijahresschnitt berechnet werden, zeigen sich die Folgen der Coronapandemie erst später. «Das werden die Gemeinden spüren, gerade wenn Steuerbeiträge von juristischen Personen fehlen. Das zeigt sich dann wohl auch beim Finanzausgleich», sagt Jürg Feigenwinter, Leiter Finanzaufsicht Gemeinden beim Kanton Aargau.