«Alles ist zerbrechlich»
24.03.2020 SportInterview mit Sandro Burki, Sportchef des FC Aarau und Mitinhaber der «Marco Polo»-Kette in Wohlen, Bremgarten und Brugg
Kurzarbeit für die Fussballer, geschlossenes Restaurant und ein Hotel ohne Gäste: Das Coronavirus und dessen Ausmasse haben dem ...
Interview mit Sandro Burki, Sportchef des FC Aarau und Mitinhaber der «Marco Polo»-Kette in Wohlen, Bremgarten und Brugg
Kurzarbeit für die Fussballer, geschlossenes Restaurant und ein Hotel ohne Gäste: Das Coronavirus und dessen Ausmasse haben dem 34-jährigen Sandro Burki eine schwierige Zeit beschert. «Wichtig ist, dass wir alle gesund bleiben», so der Familienvater.
Stefan Sprenger
Sandro Burki hat schon vieles erlebt. Als 16-Jähriger gab er mit dem FC Zürich sein Debüt in der höchsten Schweizer Fussballklasse und wurde im gleich Alter U17-Europameister. Burki spielte wenig später für eine Saison bei den Amateuren des FC Bayern München, bevor er seine Karriere hauptsächlich in der Schweiz beim FC Aarau durchlebte (2006 bis 2017) und im Brügglifeld zur lebenden Legende wurde. Heute ist er Sportchef des FC Aarau, Vater von zwei Kindern und Mitinhaber der «Marco Polo»-Kette, die Restaurants und Apartments in Wohlen und Bremgarten hat. Der Würenloser hat in den vergangenen Wochen einige Entscheidungen fällen müssen. Das Coronavirus führt zu einem Stillstand im Fussball- und im Gastronomiebusiness.
Herr Burki, der Ball rollt nicht mehr. Haben Sie schon Fussballentzug?
Sandro Burki: Es ist schon sehr speziell, dass der Fussball ruht. Und auch sonst sportlich gar nichts geht. Ich habe fast mein ganzes Leben immer mit dem Fussball gelebt. Jetzt ist da einfach nichts, das ist seltsam. Aber: Es gibt momentan weitaus wichtigere Dinge.
Die Schweizer Profiligen kicken schon seit einem Monat nicht. Was hat das für Konsequenzen für Ihren FC Aarau?
Die finanziellen Unsicherheiten sind gross, eine Planung für die Zukunft unmöglich. Es geht gar nichts mehr. Es stellen sich viele Fragen.
Was wird unternommen?
Der Trainingsbetrieb ist eingestellt, die Geschäftsstelle ist geschlossen. Und wir haben ab dieser Woche Kurzarbeit eingegeben. Ob und wie es weitergeht, weiss niemand.
Hat der FC Aarau Existenzängste?
Der FCA ist ein gesunder Verein. Kurzfristig haben wir da keine Bedenken. Aber eine längerfristige Pause hätte verheerende Folgen. Geht diese Coronapause bis zum Ende des Kalenderjahres, dann wird es den FC Aarau sehr wahrscheinlich nicht mehr geben. Dann wird es aber ganz viele andere Vereine und Firmen auch nicht mehr geben.
Sie sind nicht nur FC-Aarau-Sportchef, sondern auch Mitinhaber und Investor des «Marco Polo» in Wohlen, Bremgarten und Brugg. Wie ist da die Situation?
Ebenfalls sehr schwierig. Das Gastronomiegewerbe leidet enorm. In unseren Apartments hat es keine Gäste mehr, Touristen kommen sowieso keine mehr. Es ist wie beim Fussball: Ewig kann das so nicht weitergehen, oder man geht kaputt.
Das «Marco Polo» ist ja bekannt für eine klare Linie und gute Ideen. Was hat man in Zeiten des Coronavirus angepasst und geändert?
Die Restaurants haben auf Takeaway-Betrieb umgestellt. Das funktioniert eigentlich ganz gut. Wir sind froh, dass die Freiämter nach wie vor bei uns essen. Halt eben nicht mehr im Restaurant, dafür zum Mitnehmen. Das hilft uns ein wenig. Die Apartmentzimmer vermieten wir nun längerfristig, quasi als Mietwohnungen. Diese Massnahmen sollten wenigstens etwas Abhilfe verschaffen. Denn unser oberstes Ziel ist es, keine von unseren rund 60 Angestellten entlassen zu müssen. Sei es bei den Apartments, den Restaurants oder im Schüwo-Park-Restaurant, das durch uns betrieben wird. Wir tun alles dafür, dass diese Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Habt ihr beim «Marco Polo» auch Kurzarbeit eingeführt?
Ja.
Sind sind Vater von zwei Kindern. Haben Sie Ängste in dieser besonderen Zeit?
Ich glaube, Angst braucht es nicht. Sondern es braucht «Social Distancing» und alle anderen Vorgaben des BAG, da halte ich mich extrem daran. Denn es ist mir – und wohl auch vielen anderen Menschen – ein Anliegen, dass man dieses Virus schnellstmöglich in den Griff bekommt. Wir sind alle gesund und uns geht es gut. Aber wichtig ist jetzt, dass das Gesundheitssystem aufrechterhalten bleibt und wir alle etwas vorsichtiger und ruhiger durchs Leben gehen. Und eben: Abstand halten und wenn möglich zu Hause bleiben.
Bringt Sie die aktuelle Situation, in der wir uns befinden, zum Nachdenken?
Ja, sehr. Über etliche Dinge. Beispielweise, dass unser System enorm fragil ist. Eine kurze Pause und es entstehen viele Existenzängste. Man merkt: Alles ist zerbrechlich. Schön zu sehen ist die Solidarität der Menschen in dieser Zeit. Und es tut uns vermutlich allen gut, wenn wir die Dinge im Leben nicht als selbstverständlich hinnehmen. Ich jedenfalls weiss vieles mehr zu schätzen in dieser Zeit.
Zurück zum Fussball: Wie halten sich die Profispieler des FC Aarau fit?
Die Spieler haben ein Trainingsprogramm erhalten und trainieren für sich. Jeder allein, jeder individuell.
Und sie selbst?
Ich trainiere nur noch selten (lacht).
Sie arbeiten ja grösstenteils von zu Hause aus und haben sicherlich etwas mehr Freizeit. Was stellen Sie damit an?
Ich habe mehr Zeit für meine beiden Kinder und meine Frau. Und das ist eine sehr schöne Nebenerscheinung der jetzigen Situation.
Was glauben Sie, wann geht es weiter mit der Fussball-Meisterschaft?
Meine Hoffnung wäre, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Aber diese Hoffnung ist wohl nicht realistisch. Wichtig ist nun, dass man dieses Virus in den Griff bekommt und wir alle gesund bleiben. Der Fussball kann warten.
So hält sich Profi Thaler fi
Marco Thaler spielt seit Jahren beim FC Aarau in der Verteidigung. Der Profifussballer aus Wohlen sagt zur momentanen Situation: «Ich halte mich strikt an die Empfehlungen des Bundesrats und bin überzeugt, dass die Behörden die Situation vollständig in den Griff bekommen.» Weil der Trainingsbetrieb eingestellt wurde, trainiert der 25-Jährige allein. «Ich gehe in den Wald zum Joggen, ansonsten habe ich einen Trainingsplan erhalten und mache mithilfe von Apps einige Workouts», so Thaler. Die fussballfreie Zeit ist aussergewöhnlich. «Das Virus und die damit verbundene Situation muss man sehr ernst nehmen. Die Solidarität der Menschen wird offengelegt und wir müssen die Krise gemeinsam meistern, dies macht dann unsere Gesellschaft stärker.» --spr