Die vielseitigen Fischers
11.02.2020 EishockeyDie Eishockey-Brüder als Unternehmer
Die Boswiler Simon und Jannik Fischer sind für ihre Eishockey-Karriere in der NLA bekannt. Seit vier Jahren führen sie auch ein eigenes Unternehmen.
Aufgewachsen sind Simon und Jannik Fischer in Boswil. ...
Die Eishockey-Brüder als Unternehmer
Die Boswiler Simon und Jannik Fischer sind für ihre Eishockey-Karriere in der NLA bekannt. Seit vier Jahren führen sie auch ein eigenes Unternehmen.
Aufgewachsen sind Simon und Jannik Fischer in Boswil. Früh hiess es für die beiden Brüder aber Abschied zu nehmen vom kleinen Freiamt, um sich in der Welt des Schweizer Profi-Eishockeys zu behaupten. Ihre Freiämter Wurzeln haben die Brüder nie vergessen. Die Adresse ihres Elternhauses in Boswil ist gleichzeitig auch der Firmensitz der «Africa Container Shipping GmbH», des Speditionsunternehmens, das die Brüder gemeinsam gegründet haben. --jl
Fischer, der Fleissige
Der Boswiler Jannik Fischer kämpft mit dem HC Ambri-Piotta um eine Play-off-Teilnahme
Jannik Fischer spielt seine zweite Saison beim HC Ambri-Piotta in der Nationalliga A. Der 29-jährige Freiämter kann sich sehr gut mit dem Tessiner Verein identifizieren. Obwohl seine Eishockey-Karriere gut verläuft, plant er intensiv für die Zeit danach. Mit seinem Bruder Simon hat er eine Firma gegründet.
Josip Lasic
Sieben spannende Runden stehen Jannik Fischer und dem HC Ambri-Piotta bevor. Die Tessiner liegen aktuell auf dem zweitletzten Rang in der Tabelle. Sie haben allerdings nur zwei Punkte Rückstand auf einen Play-off-Platz. Heute Dienstag, 19.45 Uhr, treffen Fischer und Ambri auswärts im Tessiner Derby auf Lugano. «Wir müssen jetzt Vollgas geben und noch ein paar Punkte im Endspurt holen», sagt der Boswiler. Die Playoff-Teilnahme hat er jedenfalls noch nicht abgeschrieben.
Für den Freiämter ist es die zweite Saison im Tessin. Das erste Jahr verlief sportlich erfolgreicher. Ambri-Piotta qualifizierte sich als Tabellenfünfter für die Play-offs, schied dann in der ersten Runde gegen Biel aus. Obwohl das Team dieses Jahr etwas mehr Mühe in der Meisterschaft bekundet, ist Fischer, der zuvor acht Jahre in Lausanne spielte, mit dem Wechsel zufrieden. «Ambri kam auf mich zu. Sportchef Paulo Duca konnte mich mit der Vereinsphilosophie schnell für sich gewinnen», erzählt der Verteidiger. Fischer beschreibt den Verein aus der Tessiner 1000-Seelen-Gemeinde Quinto als «hart arbeitenden Club». Die Philosophie des «ewigen Underdogs» in der Nationalliga A ist, das Maximum aus allen Mitteln herauszuholen und zu versuchen, jedes Spiel mit viel Kampf und Einsatz zu gewinnen. Eine Devise, mit der sich Fischer gut identifizieren kann. Sowohl auf dem Eis als auch daneben.
Fischer, das Arbeitstier
Sprach man vor fünf Jahren über Freiämter Eishockey-Profis in der NLA, kam die Diskussion früher oder später auf die «Fischers aus Boswil». Beide fingen beim HC Wohlen Freiamt mit dem Eishockey-Sport an. Beide wechselten früh in den Nachwuchs des EV Zug und wurden dort ausgebildet. Ab 2011 spielte Jannik Fischer sechs Jahre lang Seite an Seite mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Simon bei Lausanne. Gemeinsam feierten sie 2013 mit den Waadtländern den Aufstieg von der NLB in die NLA.
Die letzten vier Jahre gingen die Brüder auf dem Eis getrennte Wege. Simon spielte zwei Jahre in der NLB bei Martigny und La Chaux-de-Fonds, ein Jahr in der 1. Liga bei Meyrin und beendete schliesslich seine Karriere komplett. «Simon hat neben dem Eishockey Business-Administration studiert und nach seinem Abschluss angefangen, in einem Logistik-Unternehmen zu arbeiten», erzählt Jannik Fischer. «Zunächst war es seltsam, nicht mehr mit ihm im gleichen Club zu sein. Wir hatten gemeinsam eine wunderschöne Zeit bei Lausanne. Uns war aber klar, dass es nicht für immer so bleiben würde.»
Im Eishockey getrennt, geschäftlich vereint
Die Brüder sind ohnehin nur auf dem Eis voneinander getrennt. Dafür sind sie geschäftlich miteinander verbunden. 2016 gründeten sie gemeinsam die «Fischer Africa Transports», aus der 2017 die «Africa Container Shipping GmbH» wurde. Es ist ein Speditionsunternehmen, das sich auf westafrikanische Staaten spezialisiert hat. Sitz des Unternehmens ist das Elternhaus der Eishockey-Brüder in Boswil. Ihr Vater, Heimo Fischer, ist Speditionskaufmann. Während ihrer Zeit im Nachwuchs des EV Zug absolvierte Simon Fischer eine Lehre im Speditionsbereich, während Jannik Fischer sich an der Sportschule «Vinto», die mit dem EVZ zusammenarbeitet, zum Kaufmännischen Angestellten ausbilden liess. Mit ihrem beruflichen Hintergrund kam die Familie auf die Idee, das Unternehmen zu gründen. Sich auf Westafrika zu spezialisieren, haben sie als Marktlücke gesehen.
Jannik Fischer ist Geschäftsführer des Unternehmens und absolviert daneben ein Bachelor-Studium im Logistik-Management. Ein grosser Aufwand neben dem Sport. «Momentan hat Eishockey bei mir die oberste Priorität», erklärt der Profi. «Ich werde nicht bis zum Alter von 65 spielen können. Deshalb habe ich mit meinem Bruder dieses Projekt gestartet. Nach meiner Karriere wollen wir gemeinsam in unserem Unternehmen arbeiten.»
Momentan nutzt Jannik Fischer seine Freizeit, um zu arbeiten. Beispielsweise wenn Ambri-Piotta mit dem Car an ein Auswärtsspiel reist. Fischer sitzt in dieser Zeit am Laptop und arbeitet. «Für mich ist es ein Ausgleich zum Eishockey», erklärt der Boswiler.
Die Karriere wird noch dauern
Mit dem Speditionsunternehmen hat Jannik Fischer schon einen Plan für seine Zeit nach der Karriere. Das Ziel ist, vom Eishockey gleich in die Arbeitswelt wechseln zu können. Noch ist es nicht so weit. «Ich habe immer noch grossen Spass am Eishockey und bin voll motiviert.» Sein kurzfristiges Ziel ist, die Saison mit Ambri erfolgreich zu beenden. Sein Vertrag im Tessin läuft danach noch ein Jahr. Der Verteidiger kann sich gut vorstellen, noch länger bei Ambri-Piotta zu bleiben. Momentan lebt er in Bellinzona. Nach acht Jahren bei Lausanne spricht Fischer neben Deutsch auch fliessend Französisch. «Mit den zwei Sprachen kommt man im Tessin schon sehr weit. Ich besuche allerdings Italienisch-Kurse, um mich noch besser verständigen zu können.»
Auf der einen Seite der Eishockey-Club aus der kleinen Gemeinde im Kanton Tessin, der sich mit viel Arbeit und Kampf gegen die NLA-Vereine aus den grossen Städten behauptet. Auf der anderen Seite der Freiämter aus dem kleinen Boswil, der sich mit seiner Arbeitermentalität und seiner kämpferischen und aufopfernden Spielweise in die NLA gespielt hat. Es wirkt wie die perfekte Kombination.
Selbst wenn er nicht in Ambri bleibt, hat Fischer noch einige Jahre in der NLA vor sich. Und dann? Kann er sich eine Rückkehr zum HC Wohlen Freiamt vorstellen, um mit den Freiämtern zum Plausch in der 3. Liga zu spielen? Die neue Eisbahn in Wohlen hat er bisher noch nicht in echt gesehen. «Ich weiss nicht, ob ich nach der Profi-Karriere noch zum Plausch Eishockey spielen möchte. Und da meine Verlobte Waadtländerin ist, weiss ich auch nicht, wo ich nach der Karriere leben werde.» Mit seiner Firma hat Fischer zumindest die Frage geklärt, was er in der Zeit nach dem Eishockey beruflich machen wird. Und eine Verbindung zum Freiamt und zu seiner Familie bleibt dadurch ebenfalls bestehen.