«Schon alles gefahren»
31.01.2020 MuriRobert Schöpfer ist «Car-Sitter»
Der 31-jährige Murianer kümmert sich um die Luxusautos anderer.
Ferraris, Lamborghinis, Bentleys, Tesla, Maserati und Rolls-Royce. Robert Schöpfer hat sie schon alle gefahren. Zwar gehören ...
Robert Schöpfer ist «Car-Sitter»
Der 31-jährige Murianer kümmert sich um die Luxusautos anderer.
Ferraris, Lamborghinis, Bentleys, Tesla, Maserati und Rolls-Royce. Robert Schöpfer hat sie schon alle gefahren. Zwar gehören die noblen Gefährten nicht ihm, aber dennoch hütet er sie mit so grosser Sorgfalt, wie wenn es seine eigenen wären. Robert Schöpfer ist «Car-Sitter». Er hat seinen Kindheitstraum zum Beruf gemacht. In seinem aussergewöhnlichen Arbeitsalltag hat er neben vielen Benefits aber auch schon die eine oder andere «Panne» erlebt. --sus
Parkplatz statt Spielplatz
Robert Schöpfer hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht
Für die einen ein Traum, für Robert Schöpfer Berufsalltag. Er kümmert sich um Luxusautos, wenn deren Besitzer keine Zeit dafür haben, hegt und pflegt sie. Und er sorgt dafür, dass die Fahrzeuge immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.
Susanne Schild
Die Leidenschaft für Autos ist Robert Schöpfer schon in die Wiege gelegt worden. Sein Vater, Carrosserie-Fachmann Robert Schöpfer, eröffnete am 3. Mai 1982 seine erste Werkstatt im Aettenberg. Dank zunehmender Kundschaft und treuen Mitarbeitern konnte die Carrosserie-Spenglerei laufend vergrössert werden. 1988 zog der elterliche Betrieb in die neu erbaute Werkstatt an der Luzernerstrasse in Muri um. Auch Robert Schöpfer junior interessierte sich schon als Kind sehr für Autos. «Ich wollte nicht auf den Kinderspielplatz, sondern auf Parkplätze, um dort Autos anzuschauen», erinnert sich der 31-Jährige zurück.
Neben seiner Tätigkeit im elterlichen Betrieb hat sich der gebürtige Murianer, der mittlerweile in Boswil lebt, als «Car-Sitter» selbstständig gemacht. «Dennoch arbeite ich immer noch eng mit meinem Vater zusammen. Ich nutze sozusagen die Synergien. Das ist mir ein grosses Bedürfnis», streicht er heraus.
Die Geschäftsidee entstand aus einem Zufall heraus
Angefangen hat alles im Jahr 2010. Robert Schöpfer machte damals ein Überbrückungspraktikum in einer Autolackiergarage für Luxusautos in Arbon. «Ein Kunde lud mich damals zu einem Business-Essen ein und lobte meine Dienste als ‹Car-Sitter›. Zufälligerweise sass am gleichen Tisch ein Kollege meines Kunden, der gleich zwölf Luxusautos besass und genau jemand wie mich suchte.» Die Geschäftsidee war geboren. Heute hat sich Robert Schöpfer einen Namen als «Car-Sitter» gemacht. «Sich um die Luxuskarrossen anderer zu kümmern, hat auch viel mit Vertrauen zu tun», betont er. Oft wird er gefragt, weshalb Leute einem noch Geld dafür bezahlen, wenn man mit ihrem Luxusauto fährt. Da gäbe es doch bestimmt den einen oder anderen, der das auch unentgeltlich machen würde. «So einfach ist das Ganze nun auch wieder nicht. Allein die Drittlenker-Versicherung für eine Nobellimousine kostet ein kleines Vermögen», weiss Schöpfer.
Know-how ist gefragt
Zudem sei es gar nicht so einfach, jedes Auto fahren zu können. Die Palette reicht vom Oldtimer, wo man beim Tanken noch Blei zuführen muss, bis hin zum Hightech-Tesla, dessen Bordcomputer ein kleines technisches Meisterwerk ist, aber auch bedient werden muss. Normalerweise würden ihm seine Kunden bei der Übergabe die Bedienung des Autos erklären. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass er am Abend vor der Übergabe die Bedienungsanleitung studieren musste, um überhaupt zu wissen, wo sich beispielsweise das Licht befindet. Umgekehrt sei es aber auch schon vorgekommen, dass ihn ein Kunde anrief und fragte, wo sich denn der Tankdeckel an seinem Auto öffnen lasse.
Für Robert Schöpfer ist es einerseits ein Job wie jeder andere auch, aber dennoch immer noch etwas Spezielles, mit einem Auto der Luxusklasse auf der Strasse unterwegs zu sein. «Natürlich zieht man mit so einem Gefährt die Aufmerksamkeit auf sich. Deshalb bin ich lieber in der Nacht unterwegs.» Auf die Frage, ob er denn, wenn er mit einem Luxusschlitten an der Ampel steht, mehr Aufmerksamkeit von Frauen erntet, meint Schöpfer lachend: «Das ist der ‹Miami-Beach-Mythos›. In der Regel kriegt das Auto mehr Aufmerksamkeit als ich.»
Amüsante, aber auch peinliche Erlebnisse
Erlebt hat er in den neun Jahren als «Car-Sitter» schon einiges. «Die Palette reicht von amüsant bis peinlich», lacht Schöpfer. Einmal musste er einen Ferrari im Appenzellerland aus Vernunftsgründen am Strassenrand stehen lassen. «Erst hat es gestürmt, dann geschneit und das Fahrzeug war nur mit Sommerreifen ausgestattet. Das Risiko, zu verunfallen, war mir in diesem Moment zu hoch, deshalb entschied ich mich, nicht weiterzufahren und das Auto stehen zu lassen.»
Als Robert Schöpfer ein anderes Mal mit einem seltenen Bentley an einer Tankstelle anhielt, sprang dieser nach dem Tanken einfach nicht mehr an. «Die Schadenfreude der anderen muss man in diesem Moment auch aushalten können», schmunzelt er.
Dennoch kann er sich keinen besseren Beruf für sich vorstellen und will diesen auch noch lange ausüben. Seine persönlichen Lieblingsautos sind immer noch die Briten. «Einen Rolls-Royce zu fahren, ist für mich einfach die Krönung. Das Auto ist ein Märchenschloss auf Rädern. Über dem riesigen Grill schwebt die elektrisch versenkbare Kühlerfigur, das Cockpit transportiert trotz digitaler Anzeigen und Touchscreen-Navigation das klassisch zeitlose Flair. Auch beim Fahren spürt man die Mühelosigkeit, mit der ein Rolls-Royce unterwegs ist. Man spürt und hört nichts vom Antrieb, die Luftfederung bettet einen wie auf Wolken.» Das sei der grosse Benefit an seinem Beruf. Das entschädige wieder dafür, auch am Wochenende oder an Abenden arbeiten zu müssen, oder besser zu dürfen.