Dritter Kampf entscheidet
17.12.2019 RingenDas war zu wenig, um den Favoriten zu stürzen. Nach dem furiosen Heimsieg der Freiämter vor einer Woche musste Willisau reagieren. Das taten die Luzerner eindrücklich. Nur die drei Kämpfe in der untersten Kategorie konnten von Freiamt gewonnen werden. Der Rest war fest in den ...
Das war zu wenig, um den Favoriten zu stürzen. Nach dem furiosen Heimsieg der Freiämter vor einer Woche musste Willisau reagieren. Das taten die Luzerner eindrücklich. Nur die drei Kämpfe in der untersten Kategorie konnten von Freiamt gewonnen werden. Der Rest war fest in den Händen der Willisauer. «Wir werden wieder aufstehen», sagt Freiamts Pascal Strebel vor dem entscheidenden Kampf am Samstag. --spr
Selten so alt ausgesehen
Ringen, NLA, Final: Willisau gewinnt gegen die RS Freiamt den zweiten Final mit 21:13 (8:10) und gleicht die Serie aus
Willisau zeigt den Freiämtern vor über 1800 Zuschauern die Grenzen auf. In der zweiten Halbzeit gibt es nicht viel zu holen. Besonders Routinier Reto Gisler kommt unter die Räder.
Stefan Sprenger
«Das war erschreckend», sagt Reto Gisler. Der 45-Jährige wurde gleich nach der Halbzeit von Willisaus Gyurits Gergely ordentlich vermöbelt. Der Ungare ist 20 Jahre jünger als Gisler und hatte massive körperliche Vorteile. «Brutale Hebel», wie es Gisler nennt. Dazu konditionelle Vorteile, gepaart mit mehr Kraft. Der Leistungssport-Chef der RS Freiamt verlor den Kampf mit 0:16 nach etwas über 2 Minuten. Gisler war chancenlos. Selten sah er so alt aus. «Solch eine Klatsche habe ich in meiner langen Karriere kaum erlebt. Der Ungare hatte so lange Arme, das war für mich, wie wenn ich mit Schlittschuhen eine Bob-Bahn runterfahre», sagt Gisler mit einer Portion Selbstironie.
Den Funken nicht gezündet
Gislers Niederlage gegen den Modellathleten war der Anfang vom Ende für die Freiämter. Gisler sagt zwar, «das Momentum hätte auch nach meinem Kampf noch auf unsere Seite kippen können». Doch nach seiner herben 0:4-Pleite war bei der RS Freiamt irgendwie die Luft draussen. Marc Weber hungert sich auf 79 kg runter. Daher fehlt ihm gegen Andreas Vetsch die letzte Kraft. 1:2-Pleite. Yves Müllhaupt, der Held des ersten Finalkampfes, auch er verliert. Das Duell gegen Michael Portmann endet 0:3 für Willisau. Der letzte unbedeutende Kampf zwischen Nico Küng und Jonas Bossert endet trotz 5:0-Führung für den Freiämter mit einem Sieg für den Willisauer.
In der zweiten Halbzeit geht so ziemlich alles schief. Ausser Pascal Strebel, der trotz Stilart-Wechsel «nur» 2:1 gegen Michael Portmann verliert, bleiben die Freiämter unter den Erwartungen. Der Exploit – wie in der Vorwoche – bleibt total aus. Die Ringerstaffel Freiamt schafft es nicht, den berühmten Funken zu zünden. Im Gegensatz zur letzten Woche kippen die knappen Kämpfe alle auf die Seite der Luzerner.
Leutert: «Rechnung nicht aufgegangen»
Die Willisauer, die sechs neue Ringer gegenüber dem ersten Finalkampf aufstellen, zeigen die erhoffte Reaktion. «Bei uns ist die Rechnung nicht aufgegangen», meint RS-Freiamt-Trainer Marcel Leutert. Willisau wollte den Sieg mehr. «Und bei uns fehlte der letzte Zacken, den es braucht.»
Dabei sah es nach der ersten Halbzeit ganz okay aus. Freiamt führt solide 10:8. Dies, weil Nils Leutert unheimlich souverän auftritt und gegen Pascal Mühlemann 4:0 gewinnt. Nino Leutert gewinnt zu knapp gegen Lukas Bossert (2:1). Danach wird Roman Zurfluh von Samuel Scherrer zerpflückt. 0:4. Weil auch Magomed Aischkanow in seinem ersten Ernstkampf der Saison gegen den Bald-Olympioniken Stefan Reichmuth verliert (1:2), bleibt aber auch in der ersten Halbzeit die Überraschung aus. Michael Bucher mit einer starken Willensleistung (3:1-Sieg) im letzten Kampf vor der Pause gegen Rasul Israpilov lässt die Freiämter trotzdem hoffen. Mit Gislers Taucher gleich nach Wiederbeginn ist aber die Luft irgendwie draussen.
Gewürge um Matchuhr und Aischkanow
Im Final in Willisau ist die Hütte voll. 1800 Zuschauer sind es offiziell. Es sind aber wohl ein paar Hundert mehr anwesend. Der Support der RS-Freiamt-Fans ist wie immer unwiderstehlich. Oft hat man das Gefühl, die Freiämter haben einen Heimkampf. Als der Gastgeber zu Beginn der zweiten Halbzeit arge Probleme mit der Technik der Matchuhr hat, feiern die Freiämter ihr Team lautstark und sorgen für Partystimmung. Die technischen Probleme bleiben ärgerlicherweise während des gesamten Finals dann bestehen. Und der Support der Freiamt-Fans wird im Laufe des zweiten Durchgangs weniger.
Einen grauen Schleier auf den NLA-Ringerfinal wirft die «Akte» Magomed Aischkanow. Am Donnerstagabend erhalten die Freiämter die Lizenz für den Russen. Willisau legt Protest ein. Dieser wird abgelehnt. Willisau legt Rekurs ein, der wiederum abgelehnt wird. Am Samstag kurz vor dem Mittag ist definitiv klar, dass Aischkanow ringen darf. Ein Gewürge, das die Freiämter womöglich zusätzlich verunsicherte.
Die Willisauer haben nach dieser Matchdemonstration die Oberhand. Aus ihrem 25-Mann-Kader kommen frische Leute ins Team. Einige der Freiämter scheinen angesichts der langen Saison müde und ausgelaugt. «Auf die Zähne beissen», sagt Trainer Marcel Leutert. Die 13:21-Pleite in der Höhle des Willisauer Löwen ist auf mehrere Gründe zurückzuführen. «Doch abschreiben sollte man uns nicht», wie Reto Gisler meint. Auch trotz seiner herben Pleite bleibt er zuversichtlich. «Am Samstag geht es nochmals bei null los.» Am Sonntagabend sass er bereits mit Trainer Leutert am Abendessen und diskutierte die Taktik für den entscheidenden dritten Final am Samstag in Willisau. «Nochmals Vollgas», meint Leutert. «Und wenn wir verlieren, ist es kein Weltuntergang.»