«Das wird heiss und knapp»
20.12.2019 RingenRingen, NLA-Final: Der Shootingstar und Bald-Olympionike Stefan Reichmuth von der RC Willisau vor dem entscheidenden Duell
Stefan Reichmuth schaffte vor wenigen Monaten den riesigen Exploit. Die Bronze-Medaille an der WM bedeutete die Qualifikation für Olympia 2020. Am ...
Ringen, NLA-Final: Der Shootingstar und Bald-Olympionike Stefan Reichmuth von der RC Willisau vor dem entscheidenden Duell
Stefan Reichmuth schaffte vor wenigen Monaten den riesigen Exploit. Die Bronze-Medaille an der WM bedeutete die Qualifikation für Olympia 2020. Am Samstag will der Schweizer Shootingstar im Ringsport den Titel holen. Im Weg steht den Willisauern die Ringerstaffel Freiamt.
Stefan Sprenger
Stefan «Stifi» Reichmuth ist ein sympathischer Typ und ein Modellathlet. In Ringerkreisen weiss man das schon lange. Als er Anfang Dezember Studiogast im «Sportpanorama» des Schweizer Fernsehens war, bemerkte das auch die restliche Sportnation dieses Landes. Bei den Freiämter Ringern ist der Luzerner schon längere Zeit bestens bekannt. Und das auch wegen seiner coolen und zuvorkommenden Art.
Seit zehn Jahren mit Randy Vock im Zimmer
Kleines Beispiel: Nachdem Randy Vock an der EM im Frühling 2019 die Bronzemedaille geholt hat, wurde eine Whatsapp-Gruppe ins Leben gerufen. Eines der rund 100 Mitglieder der Gruppe war Stefan Reichmuth. Dabei merkte man, dass er an der Party-Front für Randy Vock jeweils zuvorderst dabei war. Er schickte selbst Wochen nach den eigentlichen Feierlichkeiten noch Bilder in den Chat, wie er die Bronzemedaille seines Ringer-Kumpels feiert.
Vock: «Er ist wie ein Bruder für mich»
«Stifi» Reichmuth und Randy Vock teilen sich schon seit 10 Jahren bei internationalen Ringerwettkämpfen das Hotelzimmer. Einen «genialen Cheib» findet Reichmuth den Freiämter, der zurzeit verletzt ist. Und Vock, der Niederwiler, der heute in Muri wohnt, sagt über seinen Ringerfreund: «Er hört mir immer zu, er pusht mich, er verbreitet immer gute Laune. Ich verbringe sehr viel Zeit mit ihm und darum ist er wie ein Bruder für mich.»
Und nachdem Randy Vock im Frühling den Exploit an der EM feierte, zog Reichmuth mit ihm gleich. Nein, er überholte ihn. Am 22. September 2019 holte der in Grosswangen aufgewachsene Reichmuth an den Ringer-Weltmeisterschaften die Bronzemedaille. Das ist historisch, denn es war die erste Freistil-Medaille der Schweiz in der Geschichte. Reichmuth qualifizierte sich damit für die olympischen Spiele 2020 in Tokyo. Dort heisst sein Ziel: «Eine Medaille», wie er sagt.
Reichmuth: «Stempel der Unbesiegbarkeit verloren»
Für den aktuell besten Ringer der Schweiz heisst die Gegenwart Final der Nationalliga-A-Meisterschaft. Reichmuth will als Leaderfigur mit den Willisau Lions den Titel holen. Im Weg steht die Ringerstaffel Freiamt. Vor dem entscheidenden Duell am Samstag (19 Uhr, BBZ-Halle Willisau), sagt der 25-Jährige: «Die Freiämter sind in der Aufstellung gefragt. Ich erwarte einen enorm knappen Kampf.»
Reichmuth analysiert die Final-Serie. Im ersten Kampf siegte Freiamt überraschend mit 18:17. «Wir hatten es in der Hand und haben verloren. Das war enttäuschend. Entscheidend war wohl der letzte Kampf, den wir verloren haben. Unterschätzt haben wir die Freiämter nicht. Wir wissen, dass sie sackstark sind.» Er selbst wechselte im ersten Final-Duell die Stilart. Vom Freistil ins Greco. Dort traf er auf Marc Weber, eine Greco-Maschine. Und der Freiämter bezwang den baldigen Olympioniken. Es war Reichmuths erste Pleite in dieser Saison. «Ich wusste, dass dies eine schwierige Sache wird», meint Reichmuth.
Im zweiten Kampf am vergangenen Samstag folgte die heftige Reaktion der Willisauer. Freiamt verlor mit 13:21. «Die Pleite aus dem ersten Kampf hat uns irgendwie gut getan. Es war ein Weckruf. Wir haben diesen Stempel der Unbesiegbarkeit verloren, dadurch konnten wir Druck abschütteln.»
«Ziel ist klar der Titelgewinn»
Reichmuth lieferte sich mit Magomed Aischkanow, dem Russen in Diensten der RS Freiamt, den Kampf des Abends. Aischkanow ging in Führung. Reichmuth reagierte und gewann 4:3. «Ich kenne Magomed gut, wir trainierten oft zusammen. Zu Beginn des Kampfes verspürte ich grossen Druck. Als ich diesen ablegte, lief es rund. Am Ende war ich konditionell besser unterwegs als Aischkanow.»
Im entscheidenden Finalkampf am Samstag rechnet «Stifi» mit «dem besten Ringer». Und das wäre (seiner Meinung nach) wieder Aischkanow. Das aktuelle Aushängeschild der Ringerschweiz spricht vor dem dritten Duell in dieser Finalserie von einer grossen Euphorie in Willisau. «Wir ringen zu Hause und müssen unbeschwert in den Kampf gehen, sonst wird es schwierig. Das Ziel ist klar der Titelgewinn.» Doch Reichmuth weiss um die Feuerkraft der Freiämter. «Es wird ein heisses und knappes Duell. Die Freiämter werden alles raushauen. Wir werden bereit sein.» Sein Freund Randy Vock meint: «Willisau ist ganz klar der Favorit. Aber wir setzen alles daran, ihnen ein Bein zu stellen und den Titel ins Freiamt zu holen.»