AUS DEM GROSSEN RAT
22.11.2019 KolumneSofortige Einnahmen bevorzugt
Markus Dietschi, Grüne, Widen.
Es war nicht Zahl-, sondern Zahlentag in Aarau. Und ich bin kein Zahlenmensch. Erstmals musste ich als Stimmenzähler amten bei der Ersatzwahl ...
Sofortige Einnahmen bevorzugt
Markus Dietschi, Grüne, Widen.
Es war nicht Zahl-, sondern Zahlentag in Aarau. Und ich bin kein Zahlenmensch. Erstmals musste ich als Stimmenzähler amten bei der Ersatzwahl eines Fachrichters. Zum Auszählen sind sieben verschiedene Parteienvertreterinnen und Parteienvertreter aufgeboten worden, drei davon aus dem Freiamt. Zettel zählen zum Aufwärmen. Mit der Teilrevision des Steuergesetzes wird zukünftig auch im Aargau eine Grundstückgewinnsteuer fällig. Trotz kleinem Steuersatz ist der Rat nur knapp dafür: 69:62. Für mich ein kleiner erfreulicher Schritt hin zur Schweizer Normalität.
Eintreten auf den Aufgabenund Finanzplan 20–23 und auf das Budget 2020 war nach längeren Ausführungen der Fraktionspräsidien unbestritten. Unser Fraktionschef Röbi Obrist erhebt Einspruch gegen die Zufriedenheit der Regierung zum guten Ergebnis. Uns fehlt eine visionäre Budgetierung. Beispielsweise würde ein ambitioniertes Gebäudeprogramm viele Aufträge für das Gewerbe generieren. Ganz anders sieht dies die grösste Fraktion: Neben vielen unnötigen Kosten wird moniert, dass wir als «armengenössiger» Kanton vom nationalen Finanzausgleich profitieren. Wenigstens werden keine Steuererhöhungen geplant, aber nötig seien tiefere. So würden Grossverdiener in den Kanton kommen und das strukturelle Defizit abbauen. Dass Letzteres vorhanden ist, ist im Rat unbestritten. Als einfacher «Milchbüechli-Rechner» bevorzuge ich sofortige Einnahmen und nicht den «Luzerner Weg» gegen das Defizit. Freude hätte ich zudem an zusätzlichen, nicht nur baulichen Massnahmen, am Energie sparen, Effizienz steigern und gar am Energie erzeugen. Regionale Wirtschaftsförderung statt einkaufen in der Ferne.
«Äxgüsi» für meine kleine Ausschweifung. Zurück ins Plenum: Positionen zwischen Sparen und Einnahmen werden wortreich vorgetragen. So bedankt sich die CVP bei ihrem Regierungsrat und bei der Verwaltung und ist recht glücklich mit Budget und Finanzplan. Ein anderer Votant droht mit Budgetablehnung, wenn nicht grundsätzlich gekürzt werde. Nein, diese starken Worte entstammen nicht der grössten Fraktion, sie kommen aus der Mitte, für mich gar «fraktionsfrei». So geht es weiter, meist ernsthaft, so wie ich den Rat in meinem ersten Jahr kennen und schätzen gelernt habe.
Eine personelle Aufstockung bei der Polizei mit dem Ziel, Menschenhandel zu bekämpfen, wird rechtsbürgerlich bestritten. Aber die Voten in Sachen Prostitution, Frauen- und auch Menschenhandel auf Baustellen sind eindringlich. Und so wird die Aargauer Polizei gestärkt werden.
Nicht nur von uns Grünen werden Investitionen begrüsst und Ansätze zielerreichender Umweltschutzinvestitionen vermisst oder Leistungsabbau bemängelt. So bleibt die Lohnerhöhung für das Personal bei einem statt zwei Prozent. Immerhin unterliegt der Kürzungsantrag für das kantonsübergreifende Projekt digitale Archivierung. Bei der Kultur hat der Rat die Kürzung abgelehnt, aber auch die Aufstockungen. Patt. Immerhin.
Mittlerweile rückt der Abend näher und bei vielen liegen die Nerven etwas blank. Auch wegen diverser grüner Anträge, welche nicht vorbesprochen werden konnten. Wir bleiben dran.