Nicht nur reiche Männer
31.10.2019 Beinwil/FreiamtRotary Club Freiamt feiert 50. Geburtstag
62 Mitglieder zählt der Rotary Club Freiamt aktuell. Einige sind seit den Anfängen dabei, also seit vor einem halben Jahrhundert die Gründung aufgegleist wurde.
Ohne «Götti» geht nichts. ...
Rotary Club Freiamt feiert 50. Geburtstag
62 Mitglieder zählt der Rotary Club Freiamt aktuell. Einige sind seit den Anfängen dabei, also seit vor einem halben Jahrhundert die Gründung aufgegleist wurde.
Ohne «Götti» geht nichts. Wer Teil des Rotary Clubs Freiamt werden will, braucht einen. Es sind also ausgewählte Leute, die zum Rotary Club Freiamt gehören. Von einer ausgewählten Elite mit einem dicken Portemonnaie will Ueli Ineichen aber nichts wissen. Er ist seit über 30 Jahren Mitglied und kennt den Serviceclub bestens. Ineichen blickt zurück auf die Geschichte der Vereinigung, gewährt Einblick in die wöchentlichen Treffen und blickt in die Zukunft. Das grosse Jubiläumsfest ist im Juni 2020 geplant, weil dann vor 50 Jahren die internationale Anerkennung erfolgte. Der Club ist an verschiedensten Fronten tätig. --ake
Mehr als ein Stammtisch
Vor 50 Jahren wurde der Rotary Club Freiamt in Muri gegründet
Die grosse Feier folgt im Sommer. Damit ist sie nicht ein Jahr zu spät. Denn am 31. Oktober 2020 wurde der Rotary Club Freiamt von der internationalen Dachorganisation anerkannt. In Muri gegründet wurde der Club ein Jahr davor. Aktuell gehören 62 Rotarier dazu. Sie treffen sich einmal wöchentlich.
Annemarie Keusch
Es sind harte Sitten. 60 Prozent Anwesenheit ist Pflicht. Am Ende des Jahres, das für die Rotarier jeweils von Anfang Juli bis Ende Juni geht, wird gezählt. Dann muss die Anzahl Karten stimmen. Und diese gibt es allwöchentlich am Freitag beim Treffen im Restaurant Sternen in Boswil abzuholen. Jeweils von 12 bis 14 Uhr treffen sich die Mitglieder des Rotary Clubs Freiamt dort zum Austausch. Das gemeinsame Mittagessen wird immer wieder angereichert mit Referaten. «Am interessantesten ist es, wenn Mitglieder berichten», sagt Ueli Ineichen. Der Landwirt vom Sentenhof, der den Betrieb seinem Sohn übergeben hat, ist seit 1983 Mitglied der Organisation.
Vielseitiger Austausch
Es sei eine Vereinigung der Reichen. Dieses Image haftet Rotary-Clubs noch immer an. Ueli Ineichen lacht und verneint. «Wir sind keine Reiche-Männer-Vereinigung.» Der Jahresbeitrag umfasse 450 Franken. Hinzu kommt die Rotary-Stiftung, die Jahr für Jahr gefüttert sein will. «Das ist aber keine Pflicht», betont Ineichen. Auch Krawatten müssen keine mehr getragen werden. «Wir sind wie ein ganz normaler Verein mit sozialem Gedanken.»
Weil er nicht nur mit Leuten seiner eigenen Berufsgattung diskutieren wollte, darum gründete Anwalt Paul Harris 1905 in Chicago den ersten Service-Club. Den Austausch, den schätzt auch Ueli Ineichen. «Die Vielseitigkeit der Diskussionen ist sehr wertvoll», sagt er. Die Diskussionskultur werde grossgeschrieben. Und noch immer sei es so, dass pro Berufsgattung nicht mehr als zwei Vertreter dabei sind. «Sonst tauscht man sich oft nur untereinander aus. Wir Landwirte sprechen über unsere Kühe und Äcker.»
Von Dietwil bis Dottikon
Dass die meisten Mitglieder eigene Betriebe führen oder selbstständig sind, streitet Ineichen nicht ab. «Viele Angestellte hätten wohl nicht die Möglichkeit, sich am Freitag zwei Stunden freizunehmen.» Darum sei die Suche nach neuen Mitgliedern nicht mehr so einfach, wie sie es noch vor Jahrzehnten war. «Es gibt weniger Selbstständige», vermutet Ueli Ineichen. Er ist überzeugt und weiss es aus eigener Erfahrung: «Wenn jemand dabei ist, kann er nur profitieren – in erster Linie vom Netzwerk, auch im Ausland.» Rotary Clubs gibt es auf der ganzen Welt.
25 Mitglieder mussten es sein, um im Juni 1970 den Rotary Club Freiamt zu gründen. Erste Sondierungsgespräche aus Aarau wurden ein Jahr zuvor gesucht. Vorläufer waren die Freiämter im Aargau nicht. Zofingen und Lenzburg hatten längst Rotary Clubs, als der Rotary Club Aarau von Gouverneur Guex den Auftrag erhielt, im südlichsten Teil des Kantons die Gründung eines Clubs voranzutreiben. Silvio Schaub aus Wohlen, Mitglied des Rotary Clubs Aarau, fand an der Charterfeier, als der Rotary Club Freiamt 1970 offiziell international anerkannt wurde, eine mögliche Erklärung. Er erinnerte an den Freiämter Sturm im Jahr 1830, als rund 6000 Mann mit Waffen nach Aarau zogen mit dem Ziel, die Kantonsverfassung zu ändern. «Vielleicht sind die Aarauer davon immer noch leicht traumatisiert», mutmasste Schaub 1970.
Noch immer sind viele Mitglieder aus den Gründungszeiten dabei: Josef Gumann und Edmund Bürgi aus Oberlunkhofen, Richard Widmer, Beat Nauer und Peter Oswald aus Bremgarten, Paul Fischer aus Boswil, Eugen Keller aus Widen, Rolf Schmid aus Muri, Peter Vock und Guido Wetli aus Wohlen und Werner Stolz, ehemals vom Mutschellen und heute in Zug wohnhaft. Die Ortsnamen verraten es. Von Dietwil bis Dottikon erstreckt sich das Gebiet des Rotary Clubs Freiamt. Dies auch, weil der Rotary Club Reusstal erst 1990 gegründet wurde.
An mehreren Fronten tätig
Jahr für Jahr wechseln die Chargen innerhalb des Rotary Clubs. Im Jubiläumsjahr ist Denis Kopitsis Präsident. Auch Ueli Ineichen durchlebte schon alle Stationen, vom Bulletin-Schreiber zum Präsidenten. «So ist frischer Wind garantiert.»
Die Förderung der Bildung ist eine der zentralen Aufgaben des Rotary Clubs. Im Freiamt vergibt er Jahr für Jahr den Rotary-Preis für die beste Maturarbeit an der Kantonsschule Wohlen. Aber auch sonst ist die Gruppierung aktiv.
Sie ermöglicht beispielsweise Austauschjahre für Studenten. Auch Ueli Ineichens Sohn machte einst davon Gebrauch. Im Gegenzug lebten schon ausländische Studierende auf dem Sentenhof. «Eine höchst bereichernde Sache.»
Mehr als ein Stammtisch, das sei der Rotary Club jedenfalls. Ueli Ineichen schätzt die Freundschaften, den Austausch und auch die Möglichkeit, zu helfen. Die Freiämter unterstützen beispielsweise ein Hilfswerk in Rumänien oder ermöglichten einer Familie im Maderanertal den Einbau einer lawinensicheren Küche. Und eben, sie seien keine Ansammlung reicher Männer. Das betont Ueli Ineichen mehrmals. Zumal in letzter Zeit immer wieder die Diskussion aufkam, auch weibliche Mitglieder aufzunehmen. «Ein amerikanisches Gericht hat das entschieden.» Vorschreiben lassen wollten sich die Freiämter aber nichts, auch diesbezüglich nicht. So wird die 50 Jahr-Feier im Juni noch ohne weibliche Mitglieder gefeiert.