Wille und Weitsicht fehlten
17.08.2019 Zufikon«Was wurde aus»: Zukunftsprojekt Polysport Reusstal/Freiamt für ein regionales Sportzentrum
Arbeitsgruppe im Jahr 2006, Vereinsgründung 2008, Schlussbericht 2012: Das Projekt für ein regionales Sportzentrum im Reusstal bei Bremgarten scheiterte am ...
«Was wurde aus»: Zukunftsprojekt Polysport Reusstal/Freiamt für ein regionales Sportzentrum
Arbeitsgruppe im Jahr 2006, Vereinsgründung 2008, Schlussbericht 2012: Das Projekt für ein regionales Sportzentrum im Reusstal bei Bremgarten scheiterte am politischen Desinteresse. Das Bedürfnis für die Anlage war zwar vorhanden – aber es fehlte auch am Druck aus der Bevölkerung.
André Widmer
Am 24. Dezember 2012 zog Peter Hausherr den Schlussstrich unter die Idee eines regionalen Sportzentrums in Bremgarten. Die Enttäuschung war aus seinen Worten klar zu entnehmen. «Leider war uns ein schneller Erfolg nicht beschieden. Wenn ich die gegenwärtigen Mentalitäten und Verhalten unserer Behörden betrachte, so kann es noch einige Zeit dauern, bis ein entsprechender Gesinnungswandel vollzogen ist», schrieb der Bremgarter an seine Mitkämpfer.
Einige Monate zuvor hatte der Verein Polysport Reusstal/Freiamt den Schlussbericht mit Ist- und Bedarfsanalyse, Standortevaluation und einer groben Kostenschätzung an die Repla und die zwölf Gemeinden zwischen Niederwil und Jonen verschickt. Die Reaktionen der Behörden darauf waren praktisch gleich null. Das Projekt verschwand im Ringordner. Gelegentliche Nachfragen gab es zwar bei Peter Hausherr. Aber nie mehr eine Neuauflage der Bemühungen.
Idee seit den 70er-Jahren
Peter Hausherr, eine der treibenden Kräfte des Vereins Polysport Reusstal und früherer Stadtammann von Bremgarten, erinnert sich, dass bereits in den 70er-Jahren eine Idee für ein Sportzentrum existierte. Damals schon liess der Regionalplanungsverband (Repla) einen Bericht anfertigen. Insbesondere finanzielle Gründe führten jedoch dazu, dass zu jener Zeit das Projekt nicht weiterverfolgt wurde. «Völlig überdimensioniert» sei der stark von Professor Francesco Kneschaurek mit Zukunftsvisionen beeinflusste Entwurf gewesen, so Hausherr.
So war dann 2006, als einige sportlich interessierte Personen eine Arbeitsgruppe bildeten, klar, dass nur eine verträgliche Grösse für ein Sportzentrum infrage kommen kann. Im August 2007 fand eine öffentliche Veranstaltung zum Thema mit Vertretern der Gemeinden und des Kantons sowie interessierten Vereinen statt. Zu Beginn, so Peter Hausherr, sei von der Stadt noch ein Stadtrat delegiert worden, doch das Interesse von Behördenseite schien schon relativ früh geringer zu werden. Am 30. März 2008 erfolgte die Gründung des Vereins Polysport Reusstal/Freiamt. Nun wurde es konkret: So packten die Vereinsverantwortlichen die Bedürfnisabklärung, das nötige Raumprogramm und die Standortabklärung an. Kanton, Repla und mögliche Standortgemeinden hielt man auf dem Laufenden, auch die Öffentlichkeit wurde 2010 informiert. Die Antwort der Repla sei damals «sehr verhalten» ausgefallen, hiess es in einem Resümee des Vereins.
Fokus auf Aussensport
Zu jenem Zeitpunkt war die Dreifachsporthalle Isenlauf in Bremgarten (Kosten: 7,04 Millionen Franken) bereits im Bau und im Herbst 2010 eingeweiht worden, sodass sich die Überlegungen für ein Sportzentrum anders als auf dem Mutschellen lediglich auf Aussensportaktivitäten konzentrierten. Wie heute waren es auch damals insbesondere Fussballklub, Tennisverein und Leichtahleten, die Platzprobleme zu beklagen hatten. Ein neues Sportzentrum sollte deshalb wenn möglich einerseits ein Fussballfeld mit Rundbahn, zwei weitere Fussballfelder (eins davon mit Kunstrasen) und zwei Mehrzweckhartplätze beinhalten. Aber auch sechs bis acht Tennisplätze. Zudem hatte man auch an Beachvolleyballfelder sowie an Biker- und Skateranlagen gedacht. Auch Voraussetzungen für ein Jugendlokal wollte man schaffen. Ein Gebäude sollte unter anderem Garderoben, Restaurant/Versammlungsraum und Technik beinhalten. Dann noch Parkplätze. Bei der benötigten Nutzfläche kam die Schätzung auf 48 000 Quadratmeter. Für Frei-, Verkehrs- und Reservefläche wurden weitere 18 000 Quadratmeter ermittelt. Unter Einbezug der raumplanerischen Voraussetzungen rechnete man mit einem Planungshorizont von 10 bis 15 Jahren. Eine grobe Kostenschätzung ging von rund 20 Millionen Franken aus (zum Vergleich Burkertsmatt ohne Land: 29 Millionen Franken).
Emaus oder Waffenplatz?
Bezüglich des Standortes waren die Topographie und die benötigte Grösse des Landes ein erster wichtiger Faktor bei der Evaluation. Das Baudepartement des Kantons Aargau wiederum klärte aufgrund seiner Vorgaben ab. Zwei Varianten kristallisierten sich heraus: Das Gebiet Emaus/Algier in Zufikon und jenes des Waffenplatzes – und zwar im östlichen Bereich. Peter Hausherr vermutete aber damals schon richtig, dass der Waffenplatz, dessen Zukunft damals in der Schwebe war, wohl weiterbetrieben werden würde und das Gelände nicht infrage kommen dürfte. «Die Stadt schielte aber auf den Waffenplatz», erinnert sich Hausherr. Auch die Variante Zufikon blieb eine Idee. Auch der dortige Gemeinderat zeigte kein Interesse am Vorhaben.
Für Peter Hausherr ist klar, dass der Wille der Behörden damals für ein solches Projekt mit regionaler Tragweite gefehlt hat. In den Gemeinden zwischen Jonen und Niederwil fehlte der unmittelbare Bedarf für neue Sportplätze. Auch mit dem Stadtrat Bremgarten war in jener Zeit und mit der damaligen Zusammensetzung kein Blumentopf zu gewinnen. «Man muss politischen Druck aufbauen. Und dieser kommt nur aus der Bevölkerung heraus», meint Peter Hausherr. Dieser Druck auf die Behörden ist mangels Bündelung nie entwickelt worden. Die Mobilität der Einwohner in den Gemeinden der Region, aber auch die Fluktuation bei der Stadtbevölkerung könnten ein Erklärungsansatz sein.
Der Verein «Polysport Reusstal/ Freiamt» wurde Ende 2012 aufgelöst. Das Vereinsvermögen kam den Junioren des FC Bremgarten zugute.


