Weil Theater Heimat schafft
03.08.2019 TheaterAn der Bundesfeier kündigte Festredner Hans Melliger eine neue Produktion an
Mit «Sachsenmatt» haben die Sarmenstorfer 2010 für einen kulturellen Höhepunkt gesorgt. Nächstes Jahr ist mit «Grabenstorf» ein neues Stück geplant. ...
An der Bundesfeier kündigte Festredner Hans Melliger eine neue Produktion an
Mit «Sachsenmatt» haben die Sarmenstorfer 2010 für einen kulturellen Höhepunkt gesorgt. Nächstes Jahr ist mit «Grabenstorf» ein neues Stück geplant.
Chregi Hansen
Der Ort ist ideal gewählt. Auf dem Tägerli, hoch über dem Dorf, mit Blick auf das Bünz- und das Seetal, feiern die Sarmenstorfer ihren 1. August. Und ganz in der Nähe hat das Dorf 2010 die bisher letzte grosse Theaterproduktion erlebt. Das Freilichtspiel «Sachsenmatt» war ein voller Erfolg. Insgesamt wurden rund 3800 Tickets verkauft.
Und hier, auf dem Tägerli, kündigte Hans Melliger jetzt die nächste Produktion an. Er tat dies im Rahmen seiner Festansprache, die sich um den Heimatbegriff drehte. Und Heimat, so der Jugendanwalt und passionierte Schauspieler, habe viel mit Emotionen zu tun, mit gemeinsamen Erlebnissen. Mit Momenten, die eine Gemeinschaft miteinander erschafft und teilt. Und dazu, ist Melliger überzeugt, gehören auch solche Theaterprojekte. «Und die Sarmenstorfer Landschaftstheater sind sowieso die besten», ist seine nicht ganz neutrale Meinung.
Und weil Heimat sich immer wieder erneuert, brauche es immer wieder neues Schmiermittel. Darum steht das Dorf vor einem nächsten Theaterjahr. «Grabenstorf» heisst das neue Projekt, welches Melliger in seiner Rede ankündigt. Statt in der Höhe auf dem Tägerli geht es diesmal in die Tiefe, wird in einem Loch gespielt – der geplante Umbau des Lindenplatzes dient als Initialzündung. Noch sei alles erst am Entstehen, gesteht Melliger, aber er ist überzeugt, dass die Theatergruppe «ad hoc» erneut Aufsehen erregen wird. «Wir planen etwas ganz Besonderes. Kein grosses Festspiel, sondern mehrere guerillaartige Auftritte», schaut er voraus. Mehr will er noch nicht verraten, «Gluschtig» gemacht hat er die Sarmenstorfer dennoch bereits. Und für Emotionen wird das neue Theaterstück ganz sicher auch sorgen.
«Heimat ist ein Gefühl»
Grosser Applaus für Festredner Hans Melliger an der Bundesfeier in Sarmenstorf
Es war seine Premiere. Erstmals trat Jugendanwalt Hans Melliger als Redner an einer 1.-August-Feier auf. Der gebürtige Sarmenstorfer und leidenschaftliche Schauspieler wusste die Zuhörer zu begeistern. Obwohl oder gerade weil all das fehlte, was sonst üblicherweise in solchen Reden zu hören ist.
Chregi Hansen
Irgendwann wurden die Sitzplätze knapp. Obwohl rund 30 Festtische aufgestellt waren. Der Andrang auf die Bundesfeier in Sarmenstorf war riesig. Die Mitglieder des Turnvereins und der Damenriege hatten alle Hände voll zu tun, die grosse Gästeschar zu bedienen.
Gründe für den Grossaufmarsch gibt es viele. Da ist der wunderbare Festort hoch über dem Dorf mit Panoramablick über Bünz- und Seetal. Das schöne Wetter – sonnig, aber nicht zu heiss. Die Möglichkeit, dieses Jahr wieder ein Höhenfeuer anzuzünden. Die gefühlvollen Lieder von Karin Meier und dem Jodelchörli. Und nicht zuletzt der Festredner: Hans Melliger. Einer aus dem Dorf. Einer, den man kennt. Ihn und sein geschliffenes Mundwerk. In Sarmenstorf wissen sie es eben: Der «Hänsel», der ist immer gut für einen Spruch. Und natürlich wurde er den hohen Erwartungen gerecht.
Fast jeder kehrt wieder gerne nach Hause zurück
Auch darum, weil er einen grossen Bogen machte um Tell, den Rütlischwur oder die Gründung des Bundesstaates von 1848. Und dafür zu Beginn die heimliche Sarmenstorfer Hymne anstimmte – und alle Besucher begeistert mitsangen. «Diese Hymne haben wir immer gesungen, wenn wir auswärts im Ausgang waren», erzählte Melliger aus seiner Jugendzeit. «Aber lange waren wir sowieso nicht weg. Irgendwann eilten wir zurück nach Sarmenstorf, denn hier ist es doch am schönsten und das Bier erst noch besser.»
Und damit war der Jugendanwalt mitten in seinem Thema. Denn nicht nur die Sarmenstorfer seien überzeugt, dass es bei ihnen am besten sei, es gehe auch anderen Gemeinden so. «Dieses Phänomen nennt sich Heimat», so Melliger. Denn Heimat sei laut Duden unter anderem ein gefühlsbetonter Ausdruck enger Verbundenheit gegenüber einer bestimmten Gegend. «Heimat ist also kein Ort, sondern ein Gefühl», stellte Melliger fest.
Erlebnisse teilen
Es seien ganz verschiedene Komponenten, welche Heimat ausmachen. Dazu gehöre eine bestimmte Gegend. Aber diese allein reiche nicht, das sehe man am Ballenberg, es brauche eben auch Menschen. Und nicht zuletzt sind ganz besonders Erlebnisse und Momente voller Emotionen nötig. Zusammen in die Schule zu gehen oder ins Lager zu fahren, ein Fest zu feiern, Fasnacht zu machen oder eben auch ein Theater zu produzieren, das schweisse die Menschen zusammen. «Heimat muss genährt werden», so Melliger. Und das immer wieder. «Denn Heimat ist nie fertig. Heimat muss sich immer wieder erneuern.»
Das Wesentliche im Leben sind die Beziehungen
Gleichzeitig warnte Hans Melliger vor einem falsch verstandenen Heimat-Begriff. Warnte vor denen, die das Wort stur und starr verstehen. «Bei aller Schwärmerei für unsere eigene Sarmenstorfer Heimat sollten wir nicht vergessen, wie es denen geht, die ihre Heimat verloren haben, die fliehen mussten oder aus anderen Gründen ausgeschlossen wurden.» Denn das Wesentliche im Leben seien Beziehungen, zitierte er den Philosophen Martin Buber. Wer keine Beziehungen eingehen könne, für den bestehe also Lebensgefahr. «Und darum muss Heimat offen sein. Für die Starken und die Schwachen. Für die Einheimischen und die Fremden. Denn die Fremden sind nur am Anfang fremd.» Auch für sie kann Sarmenstorf Heimat werden.
Bald wieder Theaterzeit
Und natürlich sei auch das Theater ein Schmiermittel für das Heimat-Gefühl. Der passionierte Schauspieler erinnert an die Sarmenstorfer «Sachsenmatt»-Aufführungen im Jahr 2010. Und kündigte für 2020 eine neue Produktion mit dem Titel «Grabenstorf» an. Genau aus diesem Grund hatte er auch als Redner zugesagt, wie er nach der Rede gestand. Um Werbung für das nächste Theaterprojekt zu machen. Viel verraten wollte er nicht. «Aber es wird wieder etwas ganz Besonderes», ist er überzeugt. Etwas, von dem die Sarmenstorfer noch lange reden werden. Und das sie noch mehr zusammenschweisst. Und so für Heimat sorgt.