Kellertheater stösst an Grenzen
12.07.2019 SchuleDie Bremgarter Kulturinstitution benötigt zusätzliche Übungsräume
Aufführungen, Proben, Bühnenbau, Gastspiele: Die Bühne des Kellertheaters ist stark beansprucht. Es fehlt an Übungsräumen.
André ...
Die Bremgarter Kulturinstitution benötigt zusätzliche Übungsräume
Aufführungen, Proben, Bühnenbau, Gastspiele: Die Bühne des Kellertheaters ist stark beansprucht. Es fehlt an Übungsräumen.
André Widmer
350 Mal in 365 Tagen: So oft ist die Bühne des Kellertheaters im letzten Jahr beansprucht worden. Die Bühne befindet sich in der zweiten Etage des Schellenhauses, das von der Ortsbürgergemeinde der Stadt für die Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Das Kellertheater ist hier seit 1973 zu Hause. Die Verantwortlichen des Kellertheaters betonen, dass sie sich über die Konditionen im Schellenhaus dank der Ortsbürgergemeinde nicht beklagen können. Man ist sehr dankbar dafür.
Das Kellertheater hat sich zu einer über die engere Region hinaus bekannten Kulturinstitution entwickelt. Neben den Eigenproduktionen der verschiedenen Sparten gibt es Gastspiele externer Akteure. Der Erfolg des Hauses führt so auch zu einem Ausbau des Angebotes; dazu nutzen auch Filmclub und Schule die Räumlichkeiten. In Zukunft soll auch die Zischtigs-Kultur von «Stiefelchnächt»-Betreiber Juri Tirez vermehrt Gastrecht erhalten, nachdem dieser nicht mehr in der «Sonne» pachtet. Es kommt öfter zu zeitlichen Überschneidungen der diversen Akteure wie Eigeninszenierungen, Gastspiele, Jugendtheaterkurs infiziert oder Junge Bühne. Gemäss Silvan Melchior, dem Presseverantwortlichen des Kellertheaters, ist insbesondere im Herbst die Platzproblematik ziemlich akut.
Finanzieller Kraftakt unmöglich
In den letzten Monaten waren die Verantwortlichen des Kellertheaters nicht untätig, um der Raumproblematik Herr zu werden. Im Fokus des Interesses lag dabei die alte Post beim Obertorplatz. Die Räume dort wären optimal für den Übungsbetrieb gewesen, zumal praktisch nur einen Steinwurf vom «Haupthaus», dem Kellertheater entfernt. Die benötigte zusätzliche Übungslokalität sollte eine entsprechende Grösse aufweisen, um auch mit Technik, Bühnenbildern und der entsprechenden Zahl von Schauspielern arbeiten zu können. Die Posträume wären auch unterteilbar gewesen, erklärt Pascal Eichenberger, Vorstandsmitglied des Vereins Kellertheater Bremgarten. Nach mehreren Wochen der Hoffnung zerschlug sich die Option aber: Der Eigentümer, die Post, vermietet das Lokal nun offenbar ab Januar 2020 an Dritte. Das Kellertheater Bremgarten kann sich als Nonprofitorganisation keine finanziellen Kraftakte leisten und wäre auf den Goodwill angewiesen gewesen, die Räumlichkeit praktisch zum Nulltarif zur Verfügung gestellt zu bekommen.
«Wir machen alle Freiwilligenarbeit», so Silvan Melchior. Der Betrieb des Kellertheaters wird finanziell insbesondere von Gönnern, Mitgliedern und Stiftungen sowie mit Beiträgen von Stadt und Kanton getragen, sonst müssten die Eintrittspreise zu hoch angesetzt werden.
Eine vorstellbare Option wäre nun für das Kellertheater beispielsweise ein ungenutzter Gewerberaum, sofern die Grösse stimmt. Denkbar ist auch, in eine der umliegenden Gemeinden auszuweichen, so nach Fischbach-Göslikon, Zufikon oder Eggenwil. Die Stadt Bremgarten ist natürlich aufgrund der Anbindung ans Netz des öffentlichen Verkehrs optimal.
Fixe Probebühne?
Nicht alle der jetzt genutzten Ausweichmöglichkeiten in der Stadt – so beispielsweise das Klösterli oder Schulräume – sind für jede Art von Probe auch brauchbar. «Es wäre einfacher, wenn wir eine fixe Probebühne hätten», sagt Martin Indlekofer, Vorstandsmitglied. Gespräche mit anderen Vereinen zur Thematik wären für ihn denkbar, zumal auch diese in gewissen Fällen ähnliche Herausforderungen haben (siehe Zweittext). Eine fixe Probebühne wäre längerfristig ein Ziel. Je nach Bedarf von unterschiedlichen Kulturveranstaltern und -organisationen in der Stadt Bremgarten wäre für Indlekofer und seine Mitstreiter vielleicht auch ein Engagement der öffentlichen Hand denkbar und wünschenswert.
«Für Gespräche immer offen»
Auch Operettenbühne und Stadtmusik werden zuweilen mit logistischen Herausforderungen konfrontiert
Dass das Angebot an Räumlichkeiten in Bremgarten beschränkt ist, hat nicht nur auf das Kellertheater (siehe Artikel oben) Auswirkungen.
Die Operettenbühne beispielsweise hat ihre Aufführungen im Casino. Mit dem Proben startet ihr Chor rund ein halbes Jahr vor der Premiere, das heisst meistens im Herbst jedes zweiten Jahres. Der Musiksaal im Stadtschulhaus wird dann benutzt. «Das Ballett beginnt meist anschliessend an die Weihnachtsferien mit dem Einstudieren der Choreografie und trifft sich ab da zweimal wöchentlich – einmal in Bremgarten und einmal in Reinach. Im Februar – also rund sieben Wochen vor der Premiere – starten die szenischen Proben mit dem Regisseur. Von da an wird fast täglich mit den Solisten geprobt und zweimal wöchentlich kommt der Chor dazu, manchmal zusätzlich das Ballett», schildert Myriam Rufer-Staubli, Präsidentin der Operettenbühne . Sie erklärt: «Natürlich wäre es ideal, die szenischen Proben direkt auf der Bühne im Casino durchzuführen. Nur leider steht uns dieses meist erst sehr spät zur Verfügung, da es noch von anderen Vereinen belegt wird. So müssen wir in andere Lokalitäten ausweichen, was nicht ganz einfach ist, da bei einzelnen Proben gegen 60 Personen zusammenkommen und die Spielfläche in etwa der Grösse der Casinobühne entsprechen muss.» In früheren Jahren, so Staubli, habe man noch Räumlichkeiten der Armee nutzen können. «Da diese nun aber anderweitig beansprucht werden, konnten wir mit der Stadt Bremgarten eine Lösung in Staffeln finden. Der Raum steht zwar nicht ausschliesslich uns zur Verfügung, doch es konnten bisher gute Absprachen getroffen werden. Und die Miete ist bezahlbar.»
Das Casino, die Heimat
Für die Operettenbühne ist das Casino die «Heimat». Nichtsdestotrotz müsse man für jede Spielsaison sehr viel Geld in die Hände nehmen, um das Casino für die Ansprüche der Operettenbühne herzurichten, erklärt Staubli weiter. «Zusammen mit der Miete des Casinos ein Betrag, der das Vereinsbudget schwer belastet. Und natürlich sind die Platzverhältnisse hinter der Bühne und in den Garderoben sehr eng. Wollen wir unseren Nachwuchs fördern und Kindern die Gelegenheit geben, bei unseren Produktionen mitzuwirken, so müssen wir noch zusätzlich Garderobewagen organisieren.» Die Operettenbühne könnte sich vorstellen, sich mit anderen kulturellen Institutionen aus der Stadt an einen Tisch zu setzen «Für Gespräche bin ich immer offen. Natürlich hat jede kulturelle Institution andere Bedürfnisse und Anforderungen. Aber vielleicht liesse sich ja ein gemeinsamer Nenner finden», meint Myriam Rufer-Staubli.
«Noch gewisses Potenzial»
Einmal pro Woche übt die Stadtmusik Bremgarten, die rund 50 aktive Mitglieder hat. Übungsraum ist das Zeughaus, wo man im Archivraum Instrumente lagern kann. Derzeit darf man in die Turnhalle St. Josef ausweichen, weil beim Zeughaus Bauarbeiten stattfinden. Wenn die Stadt das Zeughaus für eigene Anlässe benötigt, muss die Stadtmusik in das Casino, den Reussbrückesaal oder die Musiksäle der Schule ausweichen. «Dies ist jedoch jedes Mal mit einem relativ grossen Aufwand verbunden, da wir unter anderem das gesamte Schlagwerk zügeln müssen. Das heisst Transporter ausleihen, eineinhalb Stunden vor Probebeginn Treffpunkt einiger Mitglieder, Zügelaktion und das Ganze nach der Probe wieder retour», so Veronika Suchentrunk, Präsidentin der Stadtmusik. Auch die Stadtmusik ist der Stadt und ihren Förderern sehr dankbar für die Möglichkeit der Nutzung der bestehenden Räumlichkeiten.
Suchentrunk weiter: «Auch der Zeughaussaal stösst mit uns an gewisse Grenzen und ohne ‹akustische Hilfsmittel› ist ein Proben mit einem harmonischen Blasmusikorchester in dieser Grösse musikalisch wie auch logistisch gesehen sehr herausfordernd. Es ist daher einerseits schwierig, geeignete Räume zu haben, die das gesamte Orchester platzmässig unterbringen und zusätzlich auch noch akustisch geeignet sind, die Lärmbelastung zu tragen, um eine angenehme Probeatmosphäre zu gewährleisten.» Auch Veronika Suchentrunk wäre offen, mit anderen Vereinen zu reden. «Bremgarten hat – nicht zuletzt dank einiger sehr aktiver Akteure – einiges an kulturellen Anlässen zu bieten und wirbt auch damit, lebendig, modern und aktiv zu sein. Ich sehe zudem, dass noch grosses Potenzial hat, diesbezüglich noch weitere Massnahmen zu treffen und das kulturelle Angebot auszubauen. Ein ‹Kulturhaus› würde sicherlich zu diesem meiner Meinung nach gewollten Image sehr gut passen. Ich bin zudem davon überzeugt, dass die hier ansässigen kulturellen Vereine ein solches Angebot sehr gerne annehmen und nützen werden und halte es absolut nicht für ausgeschlossen, dass dies weitere Vereine oder Projekte anziehen könnte.» --aw