«Tägerig ist meine Heimat»
12.06.2019 TägerigDer Tägliger Gemeindeschreiber feiert sein 35-Jahr-Dienstjubiläum
Rolf Meier ist Kanzler mit Herzblut. Auf seinem Weg zur Stelle und in seiner Karriere hatte der Zufall immer wieder seine Finger im Spiel. Es gab sogar eine Zeit, in der er die Wohler Strassen ...
Der Tägliger Gemeindeschreiber feiert sein 35-Jahr-Dienstjubiläum
Rolf Meier ist Kanzler mit Herzblut. Auf seinem Weg zur Stelle und in seiner Karriere hatte der Zufall immer wieder seine Finger im Spiel. Es gab sogar eine Zeit, in der er die Wohler Strassen besser als die Tägliger kannte.
Chantal Gisler
Man kann sagen, dass der Zufall in Rolf Meiers Karriere eine grosse Rolle gespielt hat. Wenn nicht sogar eine entscheidende. «Es war reiner Zufall, dass ich damals Gemeindeschreiber in Tägerig geworden bin», erzählt Meier. Er hat schon vorher auf verschiedenen Gemeindekanzleien gearbeitet, die Lehre hat er auf der Verwaltung in Mellingen gemacht. «Ich hatte einen strengen Lehrmeister», so Meier. Dann, nach der Lehre, stand er vor einer schwierigen Zeit. Denn die Rekrutenschule stand bevor, aber Meier hatte noch ein halbes Jahr Zeit. «Aber für eine so kurze Zeit eine Stelle zu finden, das war nicht leicht.»
Hier hatte der Zufall seine Hände zum ersten Mal im Spiel: Dank dieser Zeitung fand Meier eine Stelle auf dem Wohler Betreibungsamt. «Es war ein sehr interessanter Job, aber auch sehr fordernd», erinnert er sich. «Denn als Betreibungsbeamter ist man bei seinen Kunden nicht immer gerne gesehen.»
Er kannte die Wohler Strassen in- und auswendig
Damals wurden die Betreibungen noch persönlich zugestellt – unter anderem von Meier. «Ich war knapp 20 Jahre alt und wurde mit verschiedenen Schicksalen konfrontiert», erinnert er sich. Da gab es diejenigen, die unverschuldet in die Schuldenfalle getappt sind. Oder diejenigen, die einfach im Hier und Jetzt leben und sich nicht um die Zukunft scheren. «Man beginnt, auch über sein eigenes Leben nachzudenken.» Schon nach kurzer Zeit kannte Meier die Strassen von Wohlen in- und auswendig. «Vermutlich sogar besser, als jene in Tägerig», lacht er.
Nach etwa einem halben Jahr ging es für ihn in die Rekrutenschule. An seiner Stelle wurde für ein Jahr eine Praktikantin eingestellt. «Eigentlich war es der Plan, dass ich nach der RS wieder zurückkomme», so Meier. Doch wieder musste es Zufall gewesen sein, dass sich ein Wohler Beamter mit einem Aristauer Kollegen traf. In Aristau sei die Stelle auf der Kanzlei ebenfalls wegen der militärischen Abwesenheit eines Mitarbeiters vorübergehend frei geworden. «Der Wohler Kollege meinte es gut und sagte, dass sie allenfalls jemanden hätten.» Doch irgendwie hatte sich hier ein Missverständnis gegeben: Meier erhielt den Job, «ohne dass ich mich dafür vorgestellt hatte», erinnert er sich und lacht. Er selbst erfuhr davon, als die Meldung im Amtlichen Anzeiger publiziert wurde. Meier nahm die Herausforderung an. Ein halbes Jahr arbeitete er in Aristau, dann kehrte er nach Wohlen zurück. «Es war eine schöne Zeit», erinnert er sich.
Ein Blumenstrauss am ersten Tag
Schliesslich wurde in Hägglingen eine Stelle auf der Gemeindekanzlei frei. «Ich hatte lange auf dem Betreibungsamt in Wohlen gearbeitet, daher wollte ich mir eine neue Herausforderung suchen.» Dort konnte er erste Erfahrungen als Kanzler sammeln. Als der Tägliger Gemeindeschreiber damals überraschend demissionierte, packte er die Chance. «Mittlerweile bin ich hier der Dienstälteste», sagt Meier und schaut sich in seinem Büro um. Sein Blick bleibt an seinem Computer hängen. «Hier stand damals eine Schreibmaschine», erinnert er sich. Und an seinem ersten Tag lag darauf ein Blumenstrauss. «Wir hatten damals auch eine sogenannte Etikettiermaschine», erzählt er. Ein riesiges Ding sei das gewesen. «Damit wurden Briefe etikettiert. Jeder Einwohner hatte eine eigene Metallplatte, in die Name und Adresse gestanzt waren.» Damit wurden beispielsweise die Stimmrechtsausweise «bedruckt». «Das war schon damals nicht mehr zeitgemäss. Sie hat immer wieder geklemmt und dann musste der Lehrling mit dem Schraubenzieher kommen.»
Damals war die Kanzlei noch im Schulhaus neben der ersten Klasse. Meier lacht: «Also geografisch gesehen habe ich es von der Schule her nicht weit gebracht.» Der Umzug in das neue Gebäude war ein Meilenstein für die Gemeinde.
Als eine Tägligerin Miss Schweiz wurde
Auch in Tägerig hatte der Zufall wieder seine Hände im Spiel. Besonders gut erinnert sich Meier an die Miss-Schweiz-Wahl von 2001. «Mit Jennifer Ann Gerber hatten wir eine Kandidatin aus Tägerig dabei», so Meier. «Man fragte mich, ob wir etwas vorbereiten müssen, falls sie gewinnt.» Doch Meier beschwichtigte: «Ich fragte, wie gross denn die Chance ist, dass es wirklich sie wird.» Doch er sollte sich irren. «Ich war am Abend der Wahl an einem Klassentreffen und als ich wieder zurück nach Tägerig kam, hatte man beim Ortsschild ein riesiges Banner aufgehängt. Da stand ‹Willkommen Miss Schweiz› drauf.»
Aber genau hier zeigt sich die Stärke der kleinen Gemeinde: «Der Zusammenhalt war riesig, jeder, der da war, hat mitangepackt.» So läuft es auch auf der Tägliger Kanzlei: «Wir sind zwar ein kleines Team, aber die Zusammenarbeit klappt immer prima. Die Tätigkeit als Gemeindeschreiber ist abwechslungsreich und verlangt vorab in kleineren Gemeinden auch ein Engagement ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeiten. Das bedeutet aber auch, dass meine Ehefrau in der Freizeit Verzichte in Kauf nehmen muss. Das ist nicht selbstverständlich und dafür bin ich ihr sehr dankbar.»