Unermüdliche Kämpferin
31.05.2019 EggenwilEsther Bänziger unterstützt Waisenkinder auf den Philippinen
Mit 74 Jahren gründete Esther Bänziger den «Verein zur Unterstützung des Kinderheims St. Martin de Porres» auf den Philippinen. Jetzt, mit 85 Jahren, ist sie noch immer die ...
Esther Bänziger unterstützt Waisenkinder auf den Philippinen
Mit 74 Jahren gründete Esther Bänziger den «Verein zur Unterstützung des Kinderheims St. Martin de Porres» auf den Philippinen. Jetzt, mit 85 Jahren, ist sie noch immer die treibende Kraft.
Roger Wetli
«Was wir tun, ist ein Tropfen auf den heissen Stein», erklärt Esther Bänziger. «Aber ein wichtiger Tropfen.» Sie hält kurz inne und wiederholt: «Ein wichtiger Tropfen.» Seit 2009 besuchte sie die Philippinen sechs Mal, zuletzt in diesem Januar. «Ich war erschüttert, als ich die Slums sah. Da versteht man plötzlich, wieso die Leute Leim schnüffeln, stehlen und sich die Frauen prostituieren. Ihr Umfeld ist unglaublich schwierig.»
Gewissheit, es schaffen zu können
Bänzigers Verein unterstützt ein Heim, das Strassen- und Waisenkindern ein Zuhause und eine Ausbildung gibt. «Sie werden hier nach streng katholischen Grundsätzen erzogen. Dies ist wichtig, um den Kindern eine Struktur und Lebenssinn zu geben.» Die Mehrheit würde die Chance packen, einzelne scheitern. Wer es schafft, geniesst im Kinderheim eine gute Ausbildung und erhält später ein Stipendium für ein Studium oder eine andere berufliche Ausbildung. Der Leiter des Kinderheims, ein vom Bischof entsandter Mönch, hat eine Galerie mit den Porträts und Diplomen der erfolgreichen Schüler eingerichtet. «Dies gibt den Kindern die Gewissheit, dass auch sie es schaffen können», ist Esther Bänziger überzeugt.
Grosse Not
«Ich wollte das eigentlich gar nicht», erklärt sie die Vereinsgründung. «Mein Sohn Hugo hat mich angefragt und war danach sehr hartnäckig», lacht Bänziger. Er ist Finanzverwalter der Stiftung The John D. V. Salvador Foundation. Diese hatte zugesagt, auf den Philippinen ein Kinderheim zu bauen. Präsidentin der Stiftung ist Hugo Bänzigers Ex-Frau Lizelle Salvador. «Als treibende Kraft hinter dieser Stiftung wirkt Hugo», erklärt seine Mutter
Für die Gründung des Schweizer Vereins kontaktierte sie Edith Rey, damalige Pfarreileiterin der katholischen Kirchen Eggenwil-Widen. «Als Reformierte hatte ich grossen Respekt davor, auf die katholische Kirche zuzugehen, ich wurde aber äusserst herzlich empfangen. Es war ein wunderbares Erlebnis.» Bei Edith Rey stiess Bänziger auf offene Türen, da diese schon länger auf der Suche nach einem Projekt war, das sie langfristig unterstützen kann. «Wichtig für uns war die Unterstützung durch die Kirchenpflege. Diese erhielten wir.»
Wenn sie schon mit 74 Jahren noch einen Verein gründete, wollte sie es auch richtig machen. «Wir suchten die passenden Leute und fanden sie unter anderem in der Präsidentin Elisabeth Sailer-Albrecht. Sie war zehn Jahre lang im Amt», schätzt sich Bänziger glücklich. Bänziger selber ist Präsidentin des Patronatskomitees, das den Verein bei der Geldbeschaffung unterstützt. «Es ist nicht leicht. Wir möchten nicht als Bettler auftreten. Es gibt so viele gemeinnützige Organisationen. Die Not auf der Welt ist gross.» Der Verein trägt nicht die ganzen Kosten des Kinderheims, sondern hilft mit sachbezogenen Spenden. «Wir zahlen zum Beispiel den Lohn einer Psychologin. Diese ist für das Heim sehr wichtig, da sie den traumatisierten Kindern helfen kann.»
Unterdrückte Mädchen
Ursprünglich waren die Mädchen und die Knaben im selben Heim untergebracht. 2015 wurde fernab des ursprünglichen Ortes ein Mädchenhaus eingeweiht. «Dies geschah auf unsere Initiative.» Bei einem Besuch stellte Bänziger fest, dass zwei Mädchen wegen Liebschaften ausgeschlossen werden mussten. «Mädchen werden in den Philippinen stark unterdrückt. Deshalb helfen wir zurzeit vor allem im Mädchenhaus.» Im Januar wurde das Schulhaus mit zwei von uns eingerichteten Schulzimmern eingeweiht. Vorher unterrichteten die Lehrer ihre Schüler im Eingangsbereich des Wohnhauses. Esther Bänziger war bei der Feier dabei. «Die Kinder rufen mich Mama Esther und meinen Sohn Papa Hugo», strahlt sie. «Die Besuche geben mir eine unglaubliche Freude. Denn ich sehe, was diese Kinder, die alle aus dem Elend stammen, erreichen können.» Trotzdem seien die letzten Reisen für sie körperlich und psychisch sehr anstrengend gewesen.
«Beim letzten Mal bin ich an meine Grenzen gestossen. Ich bin nicht sicher, ob ich noch einmal fliegen werde.» Vor Ort zu schaffen macht ihr auch das feucht-heisse Klima. «Aber es gibt mir auch immer wieder Kraft zurück.» Sie würde jeden Tag an das Kinderheim denken und sich Gedanken über dessen Zukunft machen.
Verantwortung übernehmen
Sie habe die dafür nötige Energie einfach. «Ich schätze mich glücklich dafür. Der Einsatz macht mir schlicht Freude.» Und sie mache eigentlich nur das, was ihr ihre Mutter vorgelebt habe. «Ich bin in einer wenig betuchten Familie aufgewachsen. Trotzdem haben wir immer noch weniger Begüterte unterstützt.» Der Mensch müsse Verantwortung übernehmen, ist sie überzeugt. «Wenn es einem gut geht, ist man verpflichtet, zu helfen.» Es sei toll, dass ihr Sohn das auch so sehe.