Immer für einen Lacher gut
14.05.2019Toni Brunner an der SVP-Maitagung
Die bevorstehenden Wahlen halten die SVP auf Trab. Dafür kehrt sogar Toni Brunner auf die Politbühne zurück. In Wohlen aber war er in erster Linie als Unterhalter zu erleben.
Die Maitagung der SVP des Bezirks ...
Toni Brunner an der SVP-Maitagung
Die bevorstehenden Wahlen halten die SVP auf Trab. Dafür kehrt sogar Toni Brunner auf die Politbühne zurück. In Wohlen aber war er in erster Linie als Unterhalter zu erleben.
Die Maitagung der SVP des Bezirks Bremgarten war in diesem Jahr besonders gut besucht. Grund sind weniger die Wahlen im Herbst, obwohl die Kandidaten die Gelegenheit nutzten, sich im besten Licht darzustellen. Und auch nicht die obligaten «Hörnli mit Ghacktem» und die Cremeschnitte, obwohl sie allen mundeten. Auslöser für den Grossaufmarsch der «SVP-Familie» war der Auftritt von Toni Brunner, ehemaliger Nationalrat, ehemaliger Präsident der SVP Schweiz. Einer, der das Potenzial zum Komiker hat und weiss, wie er das Publikum unterhalten kann.
Brunner nutzte die Visite ins Freiamt, um Werbung für seine Biografie zu machen. Er präsentierte im Casino Geschichten und Anekdoten aus seiner Politzeit. Er tat dies in gewohnt lockerer Art und mit viel Witz, wobei eine Pointe die nächste jagte. Der Saal war begeistert. Und feierte Brunner mit tosendem Applaus. --chh
Komiker auf der Politbühne
Alt Nationalrat Toni Brunner begeisterte an der Maitagung der SVP die Zuhörer im Casino
Er hat in den vergangenen 25 Jahren die SVP geprägt wie nur wenig andere. Nun ist Toni Brunner aus dem Nationalrat zurückgetreten. Derzeit befi ndet er sich auf Werbetour für seine Biografi e. Und kramt bei seinem Auftritt in Wohlen tief in seinen Erinnerungen.
Chregi Hansen
Er mag älter geworden sein. Doch auf der Bühne wirkt er immer noch wie der junge «Lausbub», als der er 1995 im Alter von erst 21 Jahren nach Bern gewählt wurde. Er strahlt, er lacht, und er macht Witze – manche auch knapp unter der Gürtellinie. Er weiss, was die Zuhörer von ihm erwarten. Und er gibt es ihnen. Das alles frei von der Leber weg. Ohne Manuskript und Notizen. Dafür jederzeit sehr authentisch.
Toni Brunner, der ehemalige Präsident der SVP Schweiz, seit Anfang Jahr nur noch alt Nationalrat, ist heute «nur» noch Landwirt und Beizer. An Strahlkraft hat der Ostschweizer aber nicht verloren, wie sein Auftritt an der Maitagung der SVP Bezirk Bremgarten beweist. Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als er mit etwas Verspätung in Wohlen eintrifft. Und er macht gleich zu Beginn klar, dass er kein Politiker mehr ist. «Wenn ihr etwas Politisches hören wollt, dann müsst ihr andere einladen», erklärt er. Ganz ernst war diese Ankündigung dann doch nicht – geschickt streute er mitten in seinen humorvollen Auftritt immer wieder prägnante Botschaften ein.
Einer, den man versteht
Toni Brunner, er ist ein «Gmögiger». Einer, den alle gern haben. Und der das Bad in der Menge liebt. Brunner redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, das kommt an. Und er hat viel Humor. Wenn er nicht in jungen Jahren Politiker geworden wäre, er hätte auch Karriere als Komiker machen können. Immer wieder lacht der ganze Saal, wenn er seine Pointen setzt. Der 45-Jährige weiss, was das Publikum erwartet. Und er liefert ab. Zuverlässig. Sein Auftritt im Casino, er begeistert die Zuhörer. Und viele hätten gerne noch mehr von seinen Erinnerungen und Anekdoten gehört. Sie alle haben danach die Möglichkeit, sein Buch zu kaufen. Denn letztlich ist der Abstecher nach Wohlen auch ein Werbeauftritt für die kürzlich erschienene Biografie, wie er ganz offen zugibt. «Das Buch ist gar nicht mal so schlecht», fügt er schmunzelnd an. Und wieder lacht der ganze Casino-Saal.
Wer vom prominenten Redner eine Analyse zur politischen Situation der Schweiz erwartet, der wird enttäuscht. Brunner erzählt frisch und fröhlich Geschichten aus seinem Leben. Wie er beispielsweise als junger Bauernlehrling mithalf, die SVP in St. Gallen zu gründen, wofür er mit dem Velo-Töff vom Toggenburg nach St. Gallen fuhr und dort gefragt wurde, was er als junger Schnösel überhaupt hier wolle. Oder wie er 1995 völlig überraschend gewählt wurde. Und für das aktuelle Fernseh-Interview ein Hemd eines Journalisten ausleihen musste, weil er an diesem Tag an der Olma in eine Schlägerei geraten war. «Dass ich überhaupt gewählt wurde, zeigt doch: Alles ist möglich. Jeder von euch kann es schaffen. Manchmal muss man einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein», so seine Botschaft.
Mit den Kindergarten-Regeln Erfolg gehabt
Dass die SVP und Brunner in den 90er-Jahren solchen Erfolg hatten, das hat auch mit der EWR-Abstimmung zu tun. «Wir waren damals die einzige Partei, die sich konsequent für die Schweiz eingesetzt hat. Damit haben wir eine Marktlücke entdeckt», schaut er auf die damalige Zeit zurück. Mit der Wahl ins Parlament 1995 begann für den Jungbauern eine neue Zeit, «bis dahin kannte ich Bern nur vom Cupfinal her». Er hatte wenig Ahnung von Politik, wie er offen zugibt. In den ersten Monaten habe er sich darum an die Kindergartenregeln der Verkehrserziehung gehalten. «Warte, luege, lose, laufe.» Und damit sei er gut gefahren. «Ich habe wunderbare Jahre in Bern erlebt», sagt Brunner heute.
Acht Jahre lang hat er auch die SVP Schweiz präsidiert. Und dieses Amt hat ihm gefallen. «Ich durfte viel in der Schweiz herumreisen und habe viele Menschen kennengelernt. Ganz verschiedene Leute, die aber verbunden sind durch die Werte unseres Landes.» Brunner erinnert sich aber auch an die schwierigen Zeiten, als die SVP nicht im Bundesrat vertreten war. «Wir waren als grösste Partei in der Opposition. Aber wir hatten nicht die Kraft, wirkliche Oppositionspolitik zu machen», sagt er. Und letztlich ist er auch ein wenig frustriert. «Wir diskutieren und streiten immer noch um die gleichen Themen wie damals, als ich angefangen habe.»
Nächstes Jahr hätte Toni Brunner als Alterspräsident die neue Legislatur eröffnet. «Das war für mich der Zeitpunkt, um aufzuhören.» Und er hat gleich noch einen Tipp für alle, die ebenfalls ein Amt abgeben wollen. «Einfach machen, gar nicht mit anderen diskutieren. Denn die finden immer einen Grund, warum es jetzt gerade nicht günstig ist.» Er selber geniesst sein «neues» Leben, kümmert sich um Hof und Beiz, muss nicht mehr jeden Abend Anlässe besuchen und Reden halten. Und er hat eine weitere Botschaft an die Anwesenden, eine, die von Herzen kommt. «Man sollte nicht immer alles tierisch ernst nehmen, wenn man von anderen kritisiert wird.»
Mit gesundem Menschenverstand wählen
Ganz zum Schluss seines rund 45-minütigen Vortrages wird der alt Nationalrat dann doch noch politisch. Die Basis im Aargau ticke politisch richtig, jetzt sei es wichtig, all diese Menschen im Herbst auch an die Urne zu bringen. «Die Unzufriedenheit ist gross. Doch mit der Faust im Sack erreicht man nichts», mahnt Brunner. Man müsse dafür sorgen, dass der gesunde Menschenverstand die Wahlen entscheide und nicht die Klimahysterie. «Die SVP war schon grün, als es die Grünen noch nicht gab. Wir haben unserem Boden und unseren Ressourcen schon immer Sorge getragen», erklärt er. Das Wichtigste sei aber: Die SVP sei nicht bereit, das Land zu verkaufen.
Und um dieses Ziel zu erreichen, hat Brunner sogar den Rücktritt vom Rücktritt gegeben. Und ist wieder als Wahlkampfleiter im Kanton St. Gallen aktiv. «Aber danach ist Schluss», versichert er zum Schluss. Dann will er die Politbühne endgültig anderen überlassen. Und damit ist zumindest eines sicher: Es wird etwas weniger lustig in der Schweizer Politik.