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09.04.2019 MuriFestwochenende für Murikultur
Das Museum Caspar Wolf und das Singisenforum. Murikultur hat übers Wochenende einiges mehr zu bieten.
Regierungsrat Alex Hürzeler kam. Schon das alleine zeigt den Stellenwert, den ...
Festwochenende für Murikultur
Das Museum Caspar Wolf und das Singisenforum. Murikultur hat übers Wochenende einiges mehr zu bieten.
Regierungsrat Alex Hürzeler kam. Schon das alleine zeigt den Stellenwert, den das neue Museum Caspar Wolf hat. Der gebürtige Murianer Landschaftsmaler hat im Sinigsenflügel seinen Platz gefunden. Gleich neben jenen, die ähnlich erfolgreich werden wollen, wie er es im 18. Jahrhundert war. Das Singisenforum bietet Platz für Zeitgenössisches. --red
Den Bogen zur Gegenwart schlagen
Eröffnung des Singisenforums mit einer Vernissage
Das Singisenforum und das Singisenatelier wurden mit der ersten Vernissage «Paarlauf – Freiämter Kunststafette» eröffnet. Die «Startläuferinnen» sind Esther Amrein, Pearlie Frisch sowie Christine Lifart.
«Heute erreichen wir einen grossen Meilenstein, denn die beiden neuen Museumsteile Caspar Wolf und Singisenforum komplettieren die aussergewöhnliche Museumslandschaft des Aargauer Kulturleuchtturms Muri», streicht Heidi Holdener, Geschäftsführerin Stiftung Murikultur, an der Vernissage heraus. Das Singisenforum schlage den Bogen zur Gegenwart. «Gestern wurde einer der bedeutendsten Maler des 18. Jahrhunderts mit der Eröffnung des Museums Caspar Wolf gewürdigt. Mit der ersten Vernissage im neuen Singisenforum haben wir den Zeitsprung ins 21. Jahrhundert sozusagen über Nacht geschafft», betont Robert Häfner, Präsident des Stiftungsrates. Wichtig sei es, den Fokus nicht nur auf die Vergangenheit zu legen, sondern auch Raum und Zeit für die zeitgenössische Kunst zu schaffen. «Wer weiss, wie viele Caspar Wolfs hier schlummern», so Häfner.
Kunst aus der Region
Das Singisenforum zeigt zeitgenössische Kunst von Künstlerinnen und Künstlern vornehmlich aus dem Freiamt. Während insgesamt fünf Ausstellungsperioden von jeweils vier bis acht Wochen Dauer wechseln sich 15 Kunstschaffende mit Präsentationen ab. Die drei «Startläuferinnen» sind Ester Amrein, Baden (geboren in Muri), Pearlie Frisch, Fahrwangen, und Christine Lifart, Mergoscia (geboren in Muri). Sie wurden vom Kuratorenteam direkt eingeladen. Danach wählen diese je einen Partner oder eine Partnerin. Nach einer weiteren Ausstellungsperiode geben die «Startläuferinnen» ihren Platz weiter an neue Kunstschaffende, die von den Teilnehmenden der zweiten Staffel ausgesucht werden. So soll sich eine Eigendynamik entwickeln.
Ein Kulturraum wird belebt
Nach fünf Jahren habe man endlich wieder Raum für Sonderausstellungen, aber auch für museumsübergreifende Themen. Das Singisenforum habe eine Klammerfunktion. «Ein Kulturraum ist entstanden, der jetzt bespielt und mit Leben gefüllt wird.» Auch Kurator Peter Fischer sprach von einem grossen Moment. «Ein grosser Moment nicht nur für uns, sondern auch für Muri und die Region.» Der Museumsverband sei nun gestärkt und komplettiert. Im Singisenforum steht die zeitgenössische Kunst im Vordergrund.
Der «rote Faden» im künstlerischen Schaffen von Esther Amrein ist für einmal wörtlich zu nehmen. Er durchzieht es in Gestalt von sich immer wieder neu formierenden Linien. So entstehen aus völlig frei formierten Linien Gebilde, die beim Betrachter Bilder von Gegenständen, Körpern und Gesichtern hervorrufen. In absichtsloser Weise lässt sie den Linien ihren Lauf, um ihren Weg, ihre Form selbst zu finden.
Die zentralen Aspekte im Schaffen von Pearlie Frisch sind das räumliche Erleben sowie der Gegensatz von physischer Präsenz und virtuellen Räumen. Refkexionen der Umgebung in Spiegeln fasst die Künstlerin als virtuelle Orte auf, die nicht berührbar, aber visuell präsent sind. Frisch fordert die Betrachtenden auf, den Raum aktiv aus der eigenen Perspektive zu erkunden und durch den Spiegel mit ihm zu interagieren.
Fasziniert vom körperlichen Einsatz und davon, mit Händen etwas Begreifbares zu schaffen, entdeckt Christine Lifart zunächst den Stein als Medium für ihre Bildhauertätigkeit. Für die ausgestellte Arbeit «Projekt 100 Köpfe» bearbeite Lifart die unterschiedlichsten Hölzer ohne Rücksicht auf deren Eignung zum Schnitzen.
«Obwohl die drei Künstlerinnen jeweils unterschiedlichen Generationen angehören und alle mit anderen Methoden schaffen, weisen sie dennoch unbeabsichtigt Parallelen zu Caspar Wolf auf», erklärt Karoliina Elmer, kunstwissenschaftliche Mitarbeiterin von Murikultur.
Mathilde-Müller-Preis
Die Josef-Müller-Stiftung Muri lobt anlässlich der Ausstellung erstmals den Mathilde-Müller-Preis für Kultur im Freiamt aus. Er beinhaltet die Einladung zu einer Einzelausstellung im Singisenforum im Jahr 2020 und wird an der Finissage am 17. November bekannt gegeben. Der Preis wird von einer Jury unter Berücksichtigung der Stimmen aus dem Publikumsvoting vergeben.
«Jetzt wird sich in Muri der Stab der Kunst bis November in die Hand gegeben», meint Peter Fischer, Museumsexperte, der bei der Gestaltung des Forums mitgearbeitet hat. --sus
Ein Museum und ein Ehrenbürger
Muri würdigt das grosse Engagement Franz Käppelis für die Gemeinde
Die Einweihung des Museums Caspar Wolf war der letzte Schritt zu einem exquisiten Museumsverband. Eine Überraschung gab es zum Schluss: Gemeindepräsident Hans-Peter Budmiger gab bekannt, dass der gebürtige Murianer, Besitzer des Singisenfl ügels und Gönner Franz Käppeli zum Ehrenbürger vorgeschlagen wird.
«Was heute mit dem neuen Museum Caspar Wolf, dem Museum Kloster und dem privaten Museum für medizinhistorische Bücher von Käppeli zu sehen ist, ist der letzte Schritt zu einem exquisiten Museumsverband», freute sich Heidi Holdener, Geschäftsführerin Stiftung Murikultur. Es sei eine Museumslandschaft entstanden für jedes Alter und jeden Geschmack von der Vergangenheit bis zur Moderne. Von der Idee über das Konzept bis hin zur Realisierung habe man intensiv und sehr gut zusammengearbeitet, sodass das Projekt termingerecht beendet werden konnte.
Sammlung strahlt über die Grenzen
Es sei schön, nun auch im musealen Bereich über eine echte Vielfalt zu verfügen, die ideal zusammenspielt. Das alles wäre ohne die grosszügige Unterstützung durch verschiedenste Gönner, Donatoren und Stiftungen nicht möglich. In Muri wurde über Jahrzehnte eine Sammlung zusammengetragen, die sich heute als eine der weltweit umfangreichsten Caspar-Wolf-Kollektionen rühmen kann.
«Jetzt strahlt sie als Herzstück weit über die Grenzen der Region hinaus und ist für den Kanton einzigartig. In dieser Konstellation sucht sie ihresgleichen», betonte Regierungsrat Alex Hürzeler am Festakt. Zudem sei Wolfs Malerei eine wichtige Referenz für die Klimaforschung. «Gerade heute, wo sehr viel über das Klima debattiert wird, ist es ein Zeichen dafür, dass die Vergangenheit für die Zukunft wichtig ist. Ob Caspar Wolf heutzutage der grünen Partei oder eher der heimatbezogenen SVP angehören würde, kann ich nicht beurteilen», scherzte Hürzeler.
Zeitgemässes Museumskonzept
Dadurch, dass das Singisenforum ebenfalls wieder erweckt wurde, konnte ein zeitgemässes Museumsmodell entstehen. Dieses entspreche der kantonalen Konzeption im Bereich Kultur und bilde einen Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart. «Für die Zukunft wünsche ich dem Museum viele begeisterte und wiederkehrende Besucher», meinte der Regierungsrat abschliessend.
Beat Wismer, ehemaliger Direktor des Museums Kunstpalast Düsseldorf und des Aargauer Kunsthauses, gab einen kurzen Abriss über die wechselvolle Karriere des Alpenmalers. Ein einfacher Mann aus Muri, der eine wichtige künstlerische Position in Europa einnehme, sei Wolf gewesen. «Er galt schon früher als Begründer der Alpen- und Hochgebirgsmalerei. Wolfs Beitrag zur Erforschung der Alpen ragt dabei besonders heraus.» 1783 verstarb er völlig verarmt in Heidelberg und geriet in Vergessenheit. Nur durch einen Zufallsfund von Willi Raeber wurde seine grosse Kunst während des Zweiten Weltkriegs in Holland wiederentdeckt. «Mit dem Museum in Muri schliesst sich der Kreis des hier geborenen Caspar Wolf, aber auch derjenige des unermüdlichen Wolf-Forschers Willi Raeber», betonte Wismer. Raeber beschäftigte sich seit den 30er-Jahren mit dem Künstler. Das sei teilweise frustrierend und schwierig gewesen.
Ein Museum als Denkmal mit verschiedenen Perspektiven
«Ein Museum zu erschaffen, ist keine leichte Sache», erklärte Kunsthistoriker und Kurator Peter Fischer. Zusammen mit Karoliina Elmer hat er das Museum gestaltet. Ein Museum für einen einzigen Künstler sei wie ein Denkmal, mit dem Unterschied, dass es immer wieder unterschiedliche Perspektiven und einen dynamischen offenen Diskurs ermögliche.
«Heute ist ein grosser Tag für die Stiftung Murikultur. Caspar Wolf begleitet uns seit 40 Jahren», freute sich Stiftungsratspräsident Robert Häfner. Aus dem bescheidenen Wolf-Kabinett mit anfänglich fünf Staffelbildern, die an einer Wand Platz hatten, sei ein Museum gewachsen. Nachdem 1997 die Neueröffnung des Kabinetts im Gewölbekeller erfolgte, mussten die Werke die letzten fünf Jahre im dunklen Depot verbringen. «Heute können sie in neuem Licht erstrahlen.»
Das sei der vorläufige Abschluss von etwas, das viele Mütter und Väter habe, ein wunderbares Geschenk. Man habe Konzepte entworfen, geplant und gebaut. «Wir konnten nicht anders, als um den Schatz herum ein Museum zu bauen», erklärte er weiter. «Was heute hier zu sehen ist, hat von den beteiligten Personen viel Stärke, Engagement und Ausdauer verlangt.» Ob das Museum nun zur Erfolgsgeschichte wird, liegt nicht mehr in ihrem Verantwortungsbereich, sondern an der Treue der Besuchenden und dem weiteren Rückhalt in der kantonalen und regionalen Politik.
An «Gmeind» über Ehrenbürgerschaft abstimmen
Abschliessend strich er die Grosszügigkeit der Familie Franz Käppeli nochmals heraus: «Die Einweihung des Museums im 50. Jahr der Stiftung ist ein grossartiges Geburtstagsgeschenk.»
Auch Gemeindepräsident Hans-Peter Budmiger hatte ein «Geschenk» zu überbringen. «Heute gibt es einen Meilenstein zu feiern. Das Resultat eines vor vielen Jahren eingeschlagenen Weges ist fertiggestellt», so der Gemeindepräsident. Doch dafür sei nicht nur Arbeit, sondern auch finanzielle Unterstützung nötig gewesen. Sein besonderer Dank ging hierbei an Franz Käppeli, der durch sein Wohlwollen viel Freude in Muri ausgelöst habe. Als Zeichen der Dankbarkeit und weil man dem Gönner auch etwas zurückgeben möchte, habe man sich entschlossen, Käppeli an der Sommergemeinde zum Ehrenbürger von Muri vorzuschlagen. --sus



