GASTKOLUMNE
18.04.2019 MeinungenMotten vs. Dachs
Caroline Doka, Journalistin, in Wohlen aufgewachsen, lebt heute in Basel.
Mein Rasen ist ein Acker. Davon habe ich schon erzählt. Nachts kommt der Dachs und durchpflügt mein ...
Motten vs. Dachs
Caroline Doka, Journalistin, in Wohlen aufgewachsen, lebt heute in Basel.
Mein Rasen ist ein Acker. Davon habe ich schon erzählt. Nachts kommt der Dachs und durchpflügt mein geliebtes Grün auf der Suche nach leckeren Engerlingen. Das Internet empfiehlt, stinkende Socken in die Büsche zu hängen. Kein Witz! Ich habe genug und rufe den Förster an. «Dachsplage!», raune ich in den Hörer. Am anderen Ende Stille. Dann ein Murmeln: «Hm... Dachs... also... den können Sie höchstens verstinken.» Verstinken? «Ja! Lappen mit Rasierwasser tränken, in die Büsche hängen.» Ich rätsle kurz über den Zusammenhang zwischen Stinksocken und Rasierwasser, bedanke mich und lege auf.
Ich weiss nicht, welche Illusion mich treibt. Jedenfalls vertikutiere ich, was vom Rasen übrig ist. Befeuert von der geballten Wut der Frustration jage ich das Gerät mit den rotierenden Messern über den Boden, um ihn für eine neue Saat vorzubereiten. Doch der Dachs kommt auch in dieser Nacht und pflügt alles um. Säen ist sinnlos. Ich strecke die Waffen.
Erschöpft liege ich auf dem Sofa. Da flattert ein Falter durch den Raum. Dann noch einer und noch einer. Kleidermotten! Mir schwant Schlimmes. Beginnt da, kaum ist eine Schlacht verloren, bereits die nächste? Nicht mit mir! Ich stelle mich heroisch der Herkulesaufgabe. Statt Wochenende mache ich Mottenjagd, unterstützt von einer ebenso kampfeslustigen Freundin. Zimmer für Zimmer nehmen wir die Schränke auseinander, Schublade um Schublade. Jedes Wäschestück wird gesichtet, überall flattern Motten auf. Sichten, waschen, ins Gefrierfach legen. Irgendwann finden wir einen zusammengerollten Teppich, ein Erinnerungsstück aus dem längst verkauften Elternhaus in Wohlen. Darin unzählige Motten und Gespinste, abstossend und ekelhaft. Wir werfen das schwere Teil gerollt wie es ist aus dem Fenster in den Garten. Motten im fliegenden Teppich. Vielleicht vertreiben sie den Dachs?
Viele Tage schuften wir und legen schliesslich die Wäsche zurück in die Schränke. Das Haus ist wunderbar entschlackt nach diesem unfreiwilligen Frühlingsputz. Wir aber sacken in uns zusammen, am Ende unserer Kräfte. Dachse, Motten und Konsorten – ich habe sowas von genug von jeglichem Getier!
Hilfe! Am Sonntag kommt der Osterhase!